Mista’aravim
Mista'aravim (hebräisch מסתערבים, wörtlich: arabisiert; oder nach Matti Friedman: jene, die als Araber durchgehen[1]) bezeichnet heute verdeckt operierende militärische und polizeiliche Spezialeinheiten im vorstaatlichen Israel und in Israel. Mista'aravim-fähige Einheiten operieren getarnt als Araber bzw. Palästinenser vor allem in der Terrorismusbekämpfung. Historisch hatte die Bezeichnung Mista’aravim auch eine kulturelle Verwendung in jüdischen Gemeinden in arabischen Ländern.
Geschichte
Die früheste Verwendung der Bezeichnung Mista'aravim geht auf jüdische Gemeinden in der arabischen Welt zurück. So bezeichneten sich beispielsweise Angehörige der alteingesessenen Familien der jüdischen Isaak-Gemeinde[1] von Aleppo in Syrien, als Mista'aravim bzw. als al-Jahud al-must’riba,[2] um sich von den nach 1492 zugewanderten Juden aus Spanien, den Sephardim, zu unterscheiden.[1]
Die ersten vorstaatlichen Mista’aravim-Einheiten entstanden in HaSchomer und Palmach. Verteidigungsorganisationen der Juden in Palästina hatten die beduinischen Kämpfer der Region als Vorbild. Mitglieder solcher Einheiten lehnten für sich Bezeichnungen wie Agent oder Spion, aber auch die häufig für Araber oder arabische Juden verwendete Bezeichnung „Schwarze“[2] ab, da diese als entehrend galten.
Mista'aravim trugen manchmal Beduinenkleider und Kopfbedeckungen, sie beherrschten die Sprache im lokalen arabischen Dialekt[1] und kannten das Christentum und vor allem den Islam, seine Gebete und den Koran.[1] Meist waren es orientalische Juden, die in arabischen Ländern geboren und aufgewachsen waren und die in Israel als Mizrachim bezeichnet werden. Freilich unterliefen auch arabische Juden zunächst ein Studium dieser Grundlagen, da sie sprachliche und soziale Feinheiten und die religiösen Einzelheiten des Islam meist dennoch kaum kannten. Die Gesamtheit dieser Kenntnisse wurde intern als torat hahista 'arvout[1] bezeichnet (dt. die Tora von jenem, der als Araber durchgeht).
Zurückgehend auf Shmuel Divon,[2] dem Berater für Arabische Angelegenheiten unter Ministerpräsident David Ben-Gurion, wurde ab 1956 der Studienbereich der Arabistik stark ausgebaut, da arabischsprachige Mitarbeiter zunehmend fehlten. Divon versprach: „Nach ihrem Armeedienst werden geeignete Absolventen ihre Ausbildung am Institut für Nahoststudien an der Universität fortsetzen.“[2] Heute sind die Mista'aravim in spezialisierten Einheiten tätig, deren Aktionen der Geheimhaltung unterliegen. Das Erlernen der arabischen Sprache und sozialer Codes beginnt dabei meist erst in der Armee.
Einheiten
- Lahav 433 besitzt eine Mista’arvim-Untereinheit, die vor allem im Meschulasch operiert.
Yonatan Mendel, Direktor des Zentrums für jüdisch-arabische Beziehungen am Van Leer Jerusalem Institute, nennt zudem die Einheiten:
- Schaked-Kommando (Gaza, 1970er Jahre)[2]
- Shimshon-Division (Gazastreifen, 1980er/1990er, 1994 aufgelöst)[2]
- Hermesh-Einheit (Westjordanland, 1990er Jahre)[2]
- Jechidat Duvdevan (aktuell die Haupt-Mista’aravim-Einheit der IDF)[2]
- JAMAS (Einheit der israelischen Grenzschützer)[2]
- Gideonim (Einheit der israelischen Polizei)[2]
- Masada (Einheit für israelische Gefängnisse)[2]
Mista’aravim in der Popkultur
Die israelische Fernsehserie Fauda zeichnet ein Bild des Lebens und der Aktivitäten von Mista’aravim.
Literatur
- Aaron Cohen: Brotherhood of Warriors. HarperCollins 2008, ISBN 978-0-06-123616-7.
- Tzvika Dror: HaMista'aravim shel ha'Palmach [Die Mista’aravim des Palmach]. Hakibbutz Hameuchad Publishers, Tel Aviv 1986 (hebräisch).
Einzelnachweise
- Matti Friedman: Espions de nulle part – L’avant Mossad. Éditions Liana Levi, Paris 2019, ISBN 979-1-03490084-8, S. 81–85 (Originalausgabe: Spies of No Country. Secret Lives at the Birth of Israel. Algonquin Books (Workman Publishing Company), New York, 2019; übersetzt von Anne Rabinovitch).
- Yonatan Mendel: Mista’aravim oder die vertane Chance zurück – Der Nahostkonflikt aus der Sicht eines jüdisch-israelischen Arabisten. In: Le Monde diplomatique. 13. September 2018, abgerufen am 29. Dezember 2021 (übersetzt von Jakob Farah).