Miss Nobody (Filmreihe)

Miss Nobody war eine Detektivfilm-Reihe, die von der Firma Karl Werner Film Berlin/Köln[1] im Jahre 1913 produziert wurde.

Die Rolle des weiblichen Detektivs Miss Nobody in diesen Stummfilmen spielte Senta Eichstaedt.[2] Regie führte Willy Zeyn senior. Kameramann war Georg Paezel, die Bauten entwarf der Filmarchitekt Kurt Dürnhöfer. Nach dem derzeitigen Stand der Forschung sind drei Folgen bekannt, deren Länge von zwei über vier bis auf sechs Akte anwuchs.

Bei der ersten Folge besorgte die Schauspielerin Anni Mewes auch den Schnitt.[3] In der dritten Folge assistierte der sonst zumeist als Aufnahmeleiter arbeitende Ernst Körner dem Regisseur Zeyn und übernahm auch eine kleine Rolle.[4]

Als weitere Darsteller traten in der Serie Josef Coenen, Hansi Dege, Fred Goebel, Karl Harbacher, Hermann Seldeneck und Adele Reuter-Eichberg auf.

Bis auf die letzte Folge, deren Manuskript Rudolf del Zopp verfasste, sind die Autoren der Drehbücher nicht überliefert.

Filme

Jahr Serien-Nr.[5] GECD # Titel Regisseur Darsteller Manuskript Akte
1913I.#30790Der schwarze DiamantWilly Zeyn sen.Senta Eichstaedt ?2
1913I.#33419Nobody, der schwarze Diamant ?Käthe Wittenberg ?2
1913II.[6]#23252Das Geheimnis von Chateau RichmondWilly Zeyn sen.Senta Eichstaedt ? Käthe Wittenberg ? ?4
1913[III. ?][7]#26288Die Jagd nach der Hundertpfundnote oder Die Reise um die WeltWilly Zeyn sen.Senta EichstaedtRudolf del Zopp6

Titelfigur

Der Name Nobody für die Figur des weiblichen Detektivs wurde vermutlich bei dem heute vergessenen SciFi- und Kolportage-Autor Robert Kraft (1869–1916) entlehnt, welcher zwischen 1904 und 1906 eine 11-teilige Romanserie mit dem Titel „Detektiv Nobodys Erlebnisse und Reiseabenteuer“ publizierte.[8] Sie erschien zunächst in Lieferungsheften und dann in Buchform im Verlag H. G. Münchmeyer in Dresden, der auch die Kolportageromane von Karl May herausgab.

“Pendant zu Stuart Webbs im deutschen Film war Nobody, gespielt von Senta Eichstaedt. In der Gestalt der Detektivin besitzt die Frau bereits die Position des gleichberechtigt freien Blicks, den die Protagonistinnen anderer Filme mehr oder weniger erst entwickelten. Folgerichtig ist diese Figur auch durch und durch als fiktionale kenntlich...”.[9]

“Die Detektivin Mrs. Nobody (Senta Eichstaedt) jagte bereits 1913 selbstständig Verbrecher und übergab sie der Polizei. Die Filmfigur Nobody rückte den weiblichen Blick in die Mitte des Geschehens und machte die „Kunst des Beobachtens“ zur Grundlage ihres Berufes. Eindeutig emanzipiert nahm sie Verfolgungen über Hausdächer auf, überwand mit einem Seil Höhen und Tiefen und verkleidete sich auch schon mal als Mann, um in Kleidungs- und Schuhwerkfragen gleichberechtigte Verfolgerin des Verfolgten zu sein”.[10]

“Auffällig ist in den Nobody-Filmen die ausgeprägte Inszenierung des Blicks in Alltagssituationen – nicht irgendwelchen abenteuerlichen Umgebungen – und die Akzentuierung von Kleidung, nicht nur von Verkleidung. Es ist, als wäre aufregend genug, dass die Frau in der Öffentlichkeit auftritt und die Herrschaft über den Blick hat, als bedürfte es weiterer Attraktionen zu dem Augenblick nicht”.[11]

Literatur

  • Herbert Birett: Verzeichnis in Deutschland gelaufener Filme. Entscheidungen der Filmzensur 1911–1920. Saur, Berlin/ Hamburg/ München/ Stuttgart 1980, ISBN 3-598-10067-1.
  • Ivo Blom, Ivo Leopold Blom: Jean Desmet and the Early Dutch Film Trade. (= Film Culture in Transition). Amsterdam University Press, 2000, ISBN 90-5356-463-2, S. 155–156, 292, 330, 394, 457. (englisch)
  • Thomas Elsaesser, Michael Wedel: A Second Life: German Cinema's First Decades. Amsterdam University Press, 1996, ISBN 90-5356-172-2, S. 145, 226, 231, 235–236, 305 Anm. 11. (englisch)
  • Thomas Elsaesser, Michael Wedel: Kino der Kaiserzeit: zwischen Tradition und Moderne. Verlag Edition Text + Kritik, 2002, ISBN 3-88377-695-5, S. 327, 329.
  • Heinrich Fraenkel: Unsterblicher Film. Die grosse Chronik. Von der Laterna Magica bis zum Tonfilm. Bildteil von Wilhelm Winckel. Kindler, München 1956, DNB 451329279, S. 387, 389.
  • John Fullerton, Jan Olsson: Allegories of Communication: Intermedial Concerns from Cinema to the Digital (= Aura, Film studies journal. Stockholm studies in cinema. Band 7). Indiana University Press, 2004, ISBN 0-86196-651-1. (englisch)
  • Sebastian Hesse: Kamera-Auge und Spürnase. Der Detektiv im frühen deutschen Kino (= KINtop-Schriften. Band 5). Stroemfeld Verlag, Frankfurt/ Basel 2003, ISBN 3-87877-765-5, S. 115, 117–118.
  • Oskar Kalbus: Vom Werden deutscher Filmkunst. 1.Teil: Der stumme Film. Cigaretten Bilderdienst Altona-Bahrenfeld, Hamburg 1935, S. 87–89.
  • Gerhard Lamprecht: Deutsche Stummfilme, Bde. 1-8 und Gesamtregister: Deutsche Stummfilme aus den Jahren 1903 bis 1931. Deutsche Kinemathek, Berlin 1970.
  • Christoph F. Lorenz: Die Irrfahrten des Robert Kraft. Ein Schriftsteller im Irrgarten der Kolportage. In: ders.: Kunst-Stücke. Kritische Wanderungen durch die abenteuerlich-phantastische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. (= Germanistik in der Blauen Eule. 17). Die Blaue Eule, Essen 1994, ISBN 3-89206-120-3, S. 115–136.
  • Barry Salt: Early German Film. The Stylistics in Comparative Context. In: Thomas Elsaesser, Michael Wedel: A Second Life: German Cinema's First Decades. Amsterdam Univ. Press, 1996, ISBN 90-5356-172-2, S. 225–236. (englisch)
  • Heide Schlüpmann: Unheimlichkeit des Blicks. Das Drama des frühen deutschen Kinos. Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main. Verlag Stroemfeld/ Roter Stern, Frankfurt/ Basel 1990, ISBN 3-87877-373-0.
  • Verbotene Kinematographenbilder. Alphabet. Verzeichnis verbot. Films zum Gebr. f. d. Polizei-Behörden u. Kinematographen-Inhaber. König, Guben o. J, DNB 587306335.
  • Guntram Vogt, Philipp Sanke: Die Stadt im Kino. Deutsche Spielfilme 1900–2000. 2. Auflage. Schüren Verlag, Marburg 2001, ISBN 3-89472-331-9, S. 66.
  • Friedrich von Zglinicki: Der Weg des Films. Geschichte der Kinematographie und ihrer Vorläufer. Rembrandt Verlag, Berlin 1956, DNB 455810680.

Einzelnachweise, Anmerkungen

  1. zur Firmengeschichte vgl. Köln im Film 1900–1914 koeln-im-film.de (Memento des Originals vom 18. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.koeln-im-film.de
  2. Unklarheit besteht über die erste Folge. Für sie gibt es bei GECD zwei Datensätze, in deren einem Senta Eichstaedt, in deren anderem aber Käthe Wittenberg als Darstellerin der Miss Nobody und Senta Eichstaedt nur als Mitspielerin angegeben wird. Letzterer weicht auch in der (missverständlichen) Titelgebung ab und nennt keinen Spielleiter. Bei IMDb wird einheitlich Senta Eichstaedt als Titelheldin der drei Folgen angegeben.
  3. vgl. IMDb
  4. vgl. Die Jagd nach der Hundertpfundnote oder Die Reise um die Welt
  5. Seriennummern nach GECD
  6. Zu Folge 2 gibt GECD als Darstellerin der Miss Nobody die Schauspielerin Käthe Wittenberg und als Produktionsfirma die Deutsche Bioscop (früher: Greenbaum) No. 500 an.
  7. Die dritte Folge trägt bei GECD keine Seriennummer mehr.
  8. Hesse S. 113.
  9. Schlüpmann S. 136.
  10. Dagmar Trüpschuch: Ohne Schirm, mit Charme und ohne Melone. Kommissarinnen im deutschen Fernsehfilm. In: lespress – Das andere Frauenmagazin, Dezember 2004, on line bei deutsche-kinemathek.dedeutsche-kinemathek.de
  11. Schlüpmann S. 138, zit. bei Stummfilm.atstummfilm.at
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