Metallbaukasten

Ein Metallbaukasten, gelegentlich nach einer bekannten Marke auch Stabilbaukasten genannt, ist ein Baukasten, mit dem aus unterschiedlichen vorgefertigten Metallteilen Modelle montiert werden können. Diese Modelle können entweder frei erfunden oder nach Vorlage angefertigt werden. Bei den Teilen handelt sich um Lochbleche, Lochbänder und Winkel aus Blech, ergänzt durch Achsen, Radfelgen, Reifen, Zahnräder und weitere Spezialteile, die mittels Metallschrauben und Muttern zusammengebaut werden. Den Baukästen liegen ein passender Schraubenzieher und Schraubenschlüssel bei.

Märklin-Metallbaukasten, 1970er Jahre

Entwicklung und Verbreitung

4 Metallbaukästen, ca. 1930
Titelbild Märklin-Anleitungsheft 1930er Jahre
Metallbaukasten "construction 120" aus der DDR, ca. 1977

Die in Deutschland bekanntesten Metallbaukästen sind der „Stabil“ der Firma Walther,[1][2] die Kästen der Firma Märklin sowie das unter dem Namen Trix bekanntgewordene System. Weltweit war das von Frank Hornby entwickelte Baukasten-System „Meccano“ verbreitet, dessen technische Normen, insbesondere der Lochabstand von 1/2 Zoll = 12,7 mm, heute als internationaler Standard gelten. Im ganzen sind etwa 450 Systeme durch oft sehr kurzlebige Marken hergestellt worden.

Angesichts der Konkurrenz von Plastik-Baukästen wie Lego oder Fischertechnik sowie der elektronischen Spielzeuge war der wirtschaftliche Erfolg der Metallbaukästen seit den 1970er Jahren rückläufig. Die Produktion von STABIL-Baukästen wurde um 1970 eingestellt, Märklin METALL und TRIX verschwanden nach stufenweisen Reduktionen 1999 vom Markt, jedoch erschien 2004 die einmalige Jubiläums-Edition eines thematisch orientierten Märklin-Großbaukastens (Bagger). Einzig die ursprünglich in der DDR entwickelten Baukästen der Marke Construction sowie die tschechischen der Marke „Merkur“ werden in erheblich verbesserter Form weiterhin angeboten, schließlich noch das zuerst 1942 von den Brüdern Stockmann in der Schweiz entwickelte System der Stokys-Baukästen, das sich trotz seiner Besonderheiten an den durch „Meccano“ vorgegebenen technischen Standards orientiert und damit kompatibel ist.

Eine Besonderheit im Metallbaukastensystem stellt eine Baukastenreihe aus der DDR dar, wo erstmals Pneumatik in dieser Baukastenwelt angewendet wird, was die Möglichkeiten im Modellbau wesentlich erweitert hat. Die Baukästen P01 (Druckluftverdichter), P02 (pneumatische Steuerungen und Antriebe) und P03 (elektropneumatische Steuerungen und Antriebe) der ORSTA-Modelltechnik wurden um 1983 im VEB Kombinat ORSTA-Hydraulik Leipzig konzipiert und die Baukästen P01 und P02 im VEB Hydraulik Dippoldiswalde in Serie hergestellt. Der Baukasten P03 wurde im VEB Industriewerke Karl-Marx-Stadt entwickelt und in einer Auflage von nur 100 Stück hergestellt. Mit diesem Baukasten wurden computergesteuerte Robotermodelle gebaut.

Eine Renaissance der Metallbaukästen bahnt sich zum einen durch die Aktivität von Firmen an, die in großem Umfang Repliken von Märklin- und Meccano-Teilen herstellen und damit eine weltweite Fan-Gemeinde bedienen. In Deutschland ist METALLUS ein inzwischen international bekannter Hersteller solcher Repliken. Zum anderen kommen in jüngerer Zeit mehr und mehr Roboterbausätze aus Metall auf den Markt.

Ein deutscher Hersteller mit einem sehr umfangreichen Produktsortiment ist die Firma eitech aus Pfaffschwende.[3] Dieses Unternehmen bietet nicht nur die klassischen Metallbaukästen, sondern auch Antriebseinheiten und Zubehör wie Solarzellen und eine Brennstoffzelle für die alternative Energieerzeugung an.

Als erster Hersteller bietet die Tronico – RCEE GmbH aus Bremen seit 2011 unter der Marke Tronico farbige Modellbaukästen aus Metall mit Lizenzen an. Die Konzentration liegt dabei auf Lizenzen in den Bereichen Landmaschinen, vorzugsweise Traktoren oder auch Schlepper genannt, Baufahrzeuge, Einsatzfahrzeuge, Luftfahrt. Bei den Lizenzen für Deutschland handelt es sich aktuell um die Marken Fendt, Claas, Massey Ferguson, Challenger, Krampe, Mercedes-Benz, Krone, Linde, ADAC, Case IH, Liebherr, New Holland. Die Maßstäbe sind 1:16, 1:24, 1:32, 1:64, 1:100. Der kleinste Metallbaukasten der Welt, die Micro-Serie im Maßstab 1:64, wurde auf der Nürnberger Spielwarenmesse 2014 erstmals präsentiert. Dabei handelt es sich um Traktoren mit Anhängern, die auch ferngesteuert produziert werden. Es sind eigens besondere Bauteile dafür entwickelt worden um den Maßstab 1:64 zu realisieren.

Vorgeschichte

Der Vorläufer des Metallbaukastens ist der „Modellbaukasten“, der von Gustav Lilienthal, dem Bruder des Flugpioniers Otto Lilienthal, entwickelt wurde. Der Lilienthal-Baukasten bestand aus gelochten Holzleisten und Verkleidungsplatten aus Pappe, mit denen die Leerräume zwischen den Leisten gefüllt werden konnten. Das Patent zu diesem Baukasten wurde von Otto Lilienthal angemeldet, da Gustav Lilienthal durch einen kurz zuvor verlorenen Prozess um die ebenfalls von ihm entwickelten Steinbaukästen in finanziellen Schwierigkeiten steckte. In der Patentschrift aus dem Jahre 1888[4] heißt es:

„Die Herstellung von Modellbauten aus Leisten verschiedener Länge, welche in einer gleichmäßigen Längeneintheilung vielfach gelocht sind und mittelst gerader oder gekrümmter V-förmiger Splintnadeln und dazugehöriger Keile verbunden werden, während die Flächenfüllung durch Einschieben von Platten in die an den Leisten angebrachten Nuthen bewirkt wird.“

Nun war es nur noch ein kleiner Schritt von der Holzbauweise zu verschraubten Metallteilen.

Julius Weiss aus Hamburg meldete 1892 unter der Patentnummer 67599 ein Patent zu einem „Brückenbaukasten“ – nun aus gestanzten Metallteilen – an. Der Kasten wurde 1896 von der Firma Richter, Rudolstadt tatsächlich vermarktet, wegen Erfolglosigkeit aber nach nur einem Jahr wieder eingestellt.

Den echten Durchbruch erlangte der Metallbaukasten erst mit dem Patent von Frank Hornby aus Liverpool (GB) (1901), der erstmals auch Räder in sein System einbezog. Zunächst unter dem Namen „Mechanics made easy“, ab etwa 1908 unter dem Namen „Meccano“ vermarktet.

Marken und Kompatibilität

Die Anzahl der Hersteller war besonders in der Mitte des 20. Jahrhunderts und besonders in Deutschland (Ost- und West-) groß.[5] Wichtigstes Merkmal für die Kompatibilität ist der Lochabstand, zweitrangig sind Lochdurchmesser und Profilbreite.[6]

Marke Hersteller Lochabstand
[mm]
Loch-
durchmesser
[mm]
Gewinde Profilbreite
[mm]
Blechstärke
[mm]
Material Oberfläche
AshokASHOK K. BANERJEE, P.O.BOX 4149, NAVRANGPURA, AHMEDABAD - 380 009 [INDIA]12.734,2 BSW 5/32"12.7Stahl, Messing, CrNilackiert, schwarz gebrannt, vernickelt
ConstructionVEB (K) Metallwaren Schmerbach, ab 1977 VEB Spielwaren-Mechanik Pfaffschwende/Eichsfeld104,3 M410Stahlvernickelt
Distler GigantDistler Toy (Belgien)166,5 M6301,4Stahlblau lackiert
eitecheitech[7] Pfaffschwende/Eichsfeld104,2 M4100,8Stahlbis Anfang 2017 vernickelt, danach verzinkt
HW12,54,2 12Stahlschwarz gebrannt
MerkurMerkurtoys in Police nad Metují, Tschechien[8]103,8 - 3,9 M3,5100,9 - 1,1Stahlverzinkt, farbig lackiert, pulverbeschichtet
MärklinMärklin, Göppingen12,74,2 BSW 5/32"12,7Stahl, selten Aluminiumlackiert, pulverbeschichtet, schwarz gebrannt
MeccanoMeccano Ltd., Liverpool12,734,2 BSW 5/32"Stahlvernickelt, farbig lackiert
MekanikDörken&Mankel12,74,2 12,7Stahllackiert, verchromt
MetallusRekers Digitaltechnik12,734,2 M412,7Stahl, Messingpulverbeschichtet, schwarz gebrannt
MöweMöwe-Metall-Baukasten-Fabrik, Mönninghoff und Weiss in Priorei (Hagen), 1946–1950134,4 13Stahlblank
Stabil[9]Walther, Berlin Neukölln, 1911–197012,54,2 BSW 5/32"12,3Stahlvernickelt
StabaStaba – Karl Teutenberg KG Eisenach123,1 M3Stahl
StokysStokys Systeme AG Bauma, Schweiz[10]12,74,0 Aluminiumblank
Sonneberger[11]Injekta
ThaleVEB Metallspielwaren[12]12,54,2 M412Stahlschwarz, rot, metallgrün, metallsilber, gebrannt, lackiert
TrixTrix, Nürnberg, 1931–19977,83,5 ähnlich #6-32 UNC (VK) bzw. M3,5 (NK)150,8Stahlverzinkt/pulverbeschichtet
TronicoTronico – RCEE GmbH – Mini-Serie – 1:32 (ab 2013)9Vkt. 3,1 M318; 90,8Stahlfarbig, 4-fach lackiert oder silber verzinkt
TronicoTronico – RCEE GmbH[13]10,0Vkt. 4,1 M410,00,8Stahlfarbig, 4-fach lackiert oder silber verzinkt
TronicoTronico – RCEE GmbH – Micro Serie – 1:64 (ab 2014)5,002,1 - 2,2 M25,000,6Stahlfarbig, 4-fach lackiert oder silber verzinkt

Siehe auch

Literatur

  • Ulf Leinweber: Baukästen. Technisches Spielzeug vom Biedermeier bis zur Jahrtausendwende. Begleitpublikation zur Ausstellung des Staatlichen Museums Kassel im Ballhaus am Schloß Wilhelmshöhe (27.03. – 27.06.1999), 1999. ISBN 3-928127-64-0.
  • Helmut Schwarz; Ansgar Henze; Marion Faber: Eisenzeit. Geschichte des Metallbaukastens, W. Tümmels Verlag Nürnberg 1995. ISBN 3-921590-39-6.

Einzelnachweise

  1. Werner Sticht: Alles über Stabil. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  2. Werner Sticht: Franz Walther und die Firmengeschichte. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  3. Zur Geschichte der Metallbaukästen dieser Firma ("Konstruktion", "Construction" und "eitech") seit 1955 und seines Gründers Eberhard Rapp siehe: Peter Lingens: Zwischen Rapp, VEB und eitech: Der Metallbaukasten Construction. In: Ulf Leineweber: Baukästen!, Staatliche Museen Kassel, Kassel 1999, S. 140–153.
  4. Objekt | lilienthal-museum.museumnet.eu. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  5. baukastensammler.de Sammlung. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  6. Metallbaukasten. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  7. eitech de. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  8. Merkur Toys (Memento vom 31. Mai 2014 im Internet Archive)
  9. Werner Sticht: Walther's STABIL Metallbaukasten. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  10. STOKYS. 19. März 2013, abgerufen am 17. Oktober 2023.
  11. Elektromechanischer Getriebekasten *** VEB Injecta Steinach (Thür.) *** um 1966. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  12. baukastensammler.de Hersteller: Thale. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
  13. Tronico Metallbaukasten entwickelt in Deutschland. Abgerufen am 17. Oktober 2023.
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