Max von Schinckel

Maximilian Heinrich von Schinckel (* 26. Oktober 1849 in Hamburg; † 11. November 1938 in Hamburg-Blankenese) war ein einflussreicher Hamburger Bankier, der eine wichtige Rolle bei der Fusion der Norddeutschen Bank mit der Disconto-Gesellschaft spielte.

Max von Schinckel 1905 von Rudolf Dührkoop

Leben

Schinckels Mutter Emilie Charlotte Blessig (1816–1887) stammte aus einer wohlhabenden Sankt Petersburger Kaufmannsfamilie und heiratete dort 1844 den seit 1818 bei Blessig & Co. – später als Teilhaber – tätigen Paul Gottfried Schinckel (1797–1881) aus Hamburg.[1] Im Mai 1849 zog das Paar nach Hamburg, wo Max geboren wurde, mit zwei Brüdern und zwei Schwestern aufwuchs und die Realschule des Johanneums besuchte. Anschließend machte er eine kaufmännische Lehre bei Burmester & Stavenhagen in Hamburg und arbeitete ab 1867 drei Jahre in der Handelsfirma Moritz Ponfick in Sankt Petersburg, unterbrochen 1868/69 durch den Einjährig-Freiwilliger Militärdienst beim preußischen Dragoner-Regiment Nr. 6 in Hadersleben, welchen er als Reserveoffizier abschloss. 1870/71 nahm er am Deutsch-Französischen Krieg teil und trat im Sommer 1871 wieder seine Stellung in Petersburg an.[2]

Am 12. November 1872 wechselte er nach Hamburg zur Norddeutschen Bank, wo sein Vater von 1872 bis 1881 Aufsichtsratsmitglied war.[3] Er wurde dort mit 23 Jahren einer der jüngsten Manager-Bankiers und 1874 zum Direktor gewählt.[4]

Von 1880 bis 1886 war Schinckel Mitglied der Fraktion der Rechten in der Hamburgischen Bürgerschaft.[5]

Die Finanzierung des Überseehandels und des Reedereigeschäftes wurden unter von Schinckel zum Kerngeschäft der Norddeutschen Bank. Er selbst stieg bald zu ihrer einflussreichsten Person auf und ermöglichte die Fusion mit der in Berlin ansässigen Disconto-Gesellschaft. Die Norddeutsche Bank wurde dabei zu einer Tochtergesellschaft und ihre Aktionäre erhielten für die Herausgabe ihrer Aktien 1895 40 % der Anteile der Disconto-Gesellschaft. Schinckel wurde Persönlich haftender Gesellschafter[6] der Norddeutschen Bank und in den Vorstand der Disconto-Gesellschaft aufgenommen[7] und wurde somit zum einflussreichen Hamburger Bankier, protegiert von Gustav Godeffroy, Adolph von Hansemann[8] und dem Haus F. Laeisz, dessen Familienmitglied Carl Ferdinand Laeisz ebenfalls im Aufsichtsrat der Norddeutschen Bank saß.[9]

Zwischen 1896 und 1918 war er Mitglied der Handelskammer Hamburg und von 1907 bis 1910 ihr Präses. Präsidiumsmitglied beim Hansabund wurde er 1909.[10]

Bismarck Enthüllungsfeier, Hamburg 1906

Als Reaktion auf Bismarcks Tod 1898 initiierte er das „Bismarck-Denkmal-Comité“ zur Errichtung eines Denkmals, das 1906 als größtes seiner Art feierlich enthüllt wurde.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde von Schinckel 1901 Eigentümer von Gut Setzin (971 Hektar) und 1911 von Timkenberg[11] für seinen Sohn Ernst und das dazugehörende Nebengut Sprengelshof[12] bei Teldau (607 Hektar).[13]

In einer 1912 erschienenen Rangliste der vermögenden Personen belegte von Schinckel Rang 52 in Hamburg mit einem Vermögen von 4,7 Millionen Mark bei einem zu versteuerndem Jahreseinkommen von 450.000 Mark.[14][4]

Von 1901 bis 1920 war Schinckel Vorsitzender des Dachverbandes der Hamburger Rotkreuzvereine.[15]

Max von Schinckel wurde 1917 von Kaiser Wilhelm II. in den erblichen Adelsstand erhoben.[16][17]

Zum 31. März 1919, in seinem 70. Lebensjahr, schied Schinckel als persönlich haftender Gesellschafter der Disconto-Gesellschaft wie der Norddeutschen Bank aus und vereinigte den Aufsichtsratsvorsitz beider Institute in seiner Person. Als diese 1929 in der Deutschen Bank aufgingen, war er bis 1938 Ehrenpräsident des Aufsichtsrates der Deutschen Bank. Schinckel war u. a. von 1897 bis 1933 (ab 1910 als Vorsitzender) im Aufsichtsrat der HAPAG vertreten, aber auch bei der Norddeutsche Affinerie, der Dynamit Nobel, der Guano-Werke, der Norddeutsche Affinerie (Aurubis), der Reiherstieg Schiffswerfte und Maschinenfabrik, der H. B. Sloman & Co. Salpeterwerke und als Aufsichtsratsmitglied u. a. beim A. Schaaffhausen’scher Bankverein, der Deutsch-Asiatische Bank, der Woermann-Linie, der Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken, der Gelsenkirchener Bergwerks-AG, der Phoenix AG für Bergbau und Hüttenbetrieb, der Vereinigte Königs- und Laurahütte und ab 1925 der I.G. Farben.[18]

Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg trat Max von Schinckel dem Stahlhelm bei und wurde Vorstandsmitglied des nationalistischen Hamburger Nationalklubs von 1919, dessen Ehrenpräsident er später war. Er war ebenfalls Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).[19] Seine Position zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war positiv, als aktiver Förderer des NS-Regimes trat er jedoch nicht auf und eine antijüdische Politik nach 1933 lehnte er ab.[5]

Familie

Familiengrabstätte Paul Gottfried Schinckel

Am 2. Oktober 1882 heiratete er die aus Blankenese stammende Patriziertochter Olga Clementine Berckemeyer ((1862–1936), deren Mutter Helene (1830–1895)[20] die ältere Schwester von William Henry O’Swald) war; dadurch wurde Max Schinckel Angehöriger der das wirtschaftliche und politische Leben bestimmenden Kreise der Hansestadt.[21] Das Paar hatte fünf Kinder:

Als Stadtwohnsitz diente die 1891/1892 von Martin Haller gebaute Stadtvilla in der Hansastraße 9 in Hamburg-Harvestehude.[23][24] 1888 kaufte er zusätzlich als Landsitz in Blankenese die Villa Erika in der Richard-Dehmel-Straße 4[25] auf rund 12 Hektar Land.[26] Heute erinnert dort der „Schinckels Park“ mit seiner für die Kreeken genutzten Wiese an den früheren Wohnsitz der Familie.

Max von Schinckel starb mit 89 Jahren und wurde auf dem Alten Niendorfer Friedhof in Hamburg in der Familiengruft von Paul Gottfried Schinckel beigesetzt.

Privates

Neben der Jagd war von Schinckel passionierter Reiter. Er war ab 1877 Mitglied im Hamburger Renn–Club. Als dessen Vorsitzender und Nachfolger des verstorbenen Gustav Godeffroy führte von 1893 bis 1923 den Pferderennsport zu großer Blüte. Unter seiner Leitung wurden das Galoppderby auf der Galopprennbahn Hamburg-Horn ein gesellschaftlicher Höhepunkt des wilhelminischen Hamburgs, zu dem auch Kaiser Wilhelm II. regelmäßig erschien.

Als lutherischer Christ engagierte er sich zudem in der Allgemeinen Evangelisch-Lutherischen Konferenz.[27]

Schriften

  • Lebenserinnerungen. Im Selbstverlag bei Hartung, Hamburg 1929
  • Ansprache … am 18. Januar 1933, National-Klub von 1919, Hamburg 1933

Literatur

  • Gothaisches Genealogisches Handbuch, Adelige Häuser, Band 7, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, Selbstverlag, Marburg 2021. ISBN 978-3-9820762-3-2.
  • Martin L. Müller: Schinckel, Max v.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 784 f. (Digitalisat).
  • Elsabea Rohrmann: Max von Schinckel. Hanseatischer Bankmann im wilhelminischen Deutschland (Diss.). HWWA Institut für Wirtschaftsforschung – Verein Weltarchiv GmbH, Hamburg 1971, ISBN 978-3-87895-095-0.
  • Nachruf in: Hamburger Fremdenblatt, Nr. 313 vom 12. November 1938, (Digitalisat, siehe Pressemappe)
  • Henry Wulff: Norddeutsche Bank in Hamburg 1856–1906. Eckstein, Berlin 1906, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00069325-0.
Commons: Max von Schinckel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Walter v. Hueck, Erik Amburger, Ernst-Otto v. Dewitz, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / B (Briefadel/ nach 1400 urkundlich erwähnt) 1986. In: Deutscher Adelsrechtsausschuss, Deutsches Adelsarchiv e. V. (Hrsg.): GHdA, von 1951 bis 2014 erschienen. Band XVI, Nr. 86. C. A. Starke, Limburg an der Lahn, 1986, ISSN 0435-2408, S. 373–378 (d-nb.info).
  2. Biografie der Historischen Gesellschaft der Deutschen Bank
  3. Henry Wulff: Norddeutsche Bank in Hamburg 1856–1906, Ecksteins biographischer Verlag, Berlin 1906, S. 28.
  4. Morten Reitmeyer: Bankiers im Kaiserreich. In: Helmut Berding, u. a. (Hrsg.): Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 136. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-35799-0, S. 204205 (digitale-sammlungen.de).
  5. Johannes Gerhardt: 35. Maximilian Heinrich von Schinckel (1849–1938). In: Ekkehard Nümann (Hrsg.): Die Begründer der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung. Hamburg University Press, Hamburg 2007, ISBN 978-3-937816-35-7, S. 62 (uni-hamburg.de [PDF]).
  6. In mehreren biografischen und zeitgenössischen Artikeln wird Max Schinckel als „Geschäftsinhaber“ tituliert; das entspricht heute dem „Persönlich haftenden Gesellschafter“ (PhG). (Hinweis dazu: Henry Wulff: Norddeutsche Bank in Hamburg 1856–1906. S. 18)
  7. Geschichte der Fusion (Memento vom 7. Oktober 2007 im Internet Archive)
  8. Max v. Schinckel: Lebenserinnerungen., S. 219.
  9. Elsabea Rohrmann: Max von Schinckel, S. 258.
  10. Siegfried Mielke: Der Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie 1909–1914. Der gescheiterte Versuch einer antifeudalen Sammlungspolitik, Vandenhoeck + Ruprecht, Göttingen 1976, S. 55.
  11. Groß Timkenberg. In: Katharina Baark (Hg.), Hugo von Pentz: Album mecklenburgischer Güter im ehemaligen ritterschaftlichen Amt Wittenburg. Thomas Helms Verlag, 2. Aufl., Schwerin 2006, S. 59 ff. ISBN 3-935749-81-3.
  12. Ernst Seyfert, Hans Wehner, W. Baarck: Niekammer`s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Band IV. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Rittergüter, Güter und Höfe von Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter, Güter und Höfe von ca. 20 ha aufwärts mit Angabe der Gutseigenschaft, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung vieler Behörden und der Landbünde zu Güstrow und Neubrandenburg (Hrsg.): 4. Letzte Ausgabe. 4. Auflage. IV Reihe Paul Niekammer. Verlag von Niekammer`s Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1928, S. 6074 (g-h-h.de [abgerufen am 28. Dezember 2021]).
  13. A History of the Blessig Family, Descendants of P.J. Blessig I and Emilie Charlotte Forsch, (iii) Maximilian Heinrich v. Schinckel, S. 94/95.
  14. Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in den drei Hansastädten (Hamburg, Bremen, Lübeck) (= Rudolf Martin [Hrsg.]: Das Jahrbuch der Millionäre Deutschlands. Band 2). Rudolf Martin, Berlin 1912, S. 8, 91 (staatsbibliothek-berlin.de).
  15. Volkmar Schön: Max Schinckel. (PDF) In: Notizen zur Hamburger Rotkreuzgeschichte. Newsletter des DRK Landesverbandes Hamburg e. V., August 2014, S. 4, abgerufen am 9. Juni 2021.
  16. A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte für die Zeit 1873–1918. C. A. Starke, Görlitz 1939, S. 218.
  17. ANNO, Neues Wiener Journal, 1917-04-15, S. 10. Abgerufen am 30. Mai 2023.
  18. Elsabea Rohrmann: Max von Schinckel, S. 300–301.
  19. Nele Maya Fahnenbruck: „…reitet für Deutschland.“ Pferdesport und Politik im Nationalsozialismus, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2013, S. 123
  20. Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien, Band 51 (Hamburg 7), Hrsg. Bernhard Koerner, C. A. Starke, Görlitz 1927.
  21. Elsabea Rohrmann: Max von Schinckel. Hanseatischer Bankmann im Wilhelminischen Deutschland, HWWA Institut für Wirtschaftsforschung - Verein Weltarchiv GmbH, Hamburg 1971, S. 286. ISBN 3-87895-095-0.
  22. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern 1939. Verzeichnis von ca. 20000 landwirtschaftlichen Betrieben von 20 ha aufwärts mit Angabe der Besitzer, Pächter und Verwalter, der Gesamtgröße des Betriebes und Flächeninhalt der einzelnen Kulturen; nach amtlichen Quellen. In: H. Seeliger (Hrsg.): Niekammer`s Güter-Adressbücher. 9. Auflage. I f. Pommern (als Reprint b. Becker-Potsdam neu veröffentlicht), Nr. 1939. Selbstverlag von Niekammer’s Adreßbücher GmbH, Leipzig 1939, S. 44 (google.de).
  23. Hamburg Kulturbehörde, Denkmalliste Auszug Eimsbüttel, S. 140
  24. [38] Stadthaus Schinckel, Hansastr. 9, 1891/92, in: Wilhelm Hornbostel, David Klemm (Hrsg.): Martin Haller. Leben und Werk 1835–1925. Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 1999, ISBN 3-930802-71-6, S. 198
  25. bildindex der Kunst und Architektur
  26. A History of the Blessig Family, Descendants of P. J. Blessig I and Emilie Charlotte Forsch
  27. Handbuch der deutschen evangelischen Kirchen 1918 bis 1949. Organe – Ämter – Verbände – Personen. 1. Auflage. Band 1: Überregionale Einrichtungen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-55784-6, S. 285.
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