Max Schneider (Fotograf)
Max Schneider (geb. 23. August 1887 in Wien; gest. nach 1939) war ein österreichischer Fotograf und Kunstmaler.
Leben und Wirken
Max Schneider, Sohn des aus Sambor (Königreich Galizien und Lodomerien) stammenden Damenschneidermeisters Hersch Suchir (genannt Hermann) Schneider und dessen Ehefrau Anna, geb. Wohrischek, war ab 1913 in Wien als Fotograf tätig.[1] Nach dem Ersten Weltkrieg betrieb er sein Atelier für Porträtfotografie zusammen mit seiner Frau, der Wiener Fotografin Sophie Stark (Heirat am 21. August 1919[2]) in Wien-Josefstadt, Kochgasse 20.[3] Nach dem frühen Tod seiner Frau[4] führte er das Studio an der Adresse Kochgasse 20–22 unter dem Namen Photo – Graphik[5] zunächst alleine weiter.
Seit den frühen 1920er Jahren arbeitete er für die Medizinische Fakultät der Universität Wien als Fotograf und schuf Aufnahmen des gesamten Professorenkollegiums dieser Fakultät.[6] 1927 fertigte „der Meister der Ärzteporträts“[7] ein Tableau mit 163 Porträts von Professoren dieser Fakultät an. In der Folge veröffentlichte vor allem die Wiener Medizinische Wochenschrift bis 1933 regelmäßig Fotos und Zeichnungen Schneiders, u. a. von Ernst Finger[8], Ernst Fuchs,[9] Ferdinand Hochstetter[10], Guido Holzknecht[11] oder Julius Mannaberg[12].
Ab Mitte der 1920er Jahre war Schneider Mitglied der Genossenschaft der Photographen in Wien. Im Mai 1928 zeigte er auf der Gruppenausstellung in Linz des Gewerbeförderungsinstituts für Fachfotografie, einer vom Fachverband der „Photographengenossenschaften Österreichs“ veranstalten Ausstellung, eine Serie von Rötelskizzen, deren Ausführung besondere Erwähnung fand.[13] Der auch akademisch ausgebildete Maler Schneider bearbeitete dabei auch seine Fotos mit Übermalungen oder Retuschen.
Im November 1933 bot er dem Dekan der Medizinischen Fakultät Leopold Arzt die kostenlose Herstellung von fotografischen Porträts des gesamten „Professoren-Kollegiums“ an, um sie danach in Form von Zeichnungen entsprechend zu den von ihm als Vorbild erwähnten Arbeiten von Olga Prager (1872–1930) zu veröffentlichen. Einen finanziellen Erfolg dieses Unternehmens erhoffte sich Schneider durch den Verkauf der Ärzteportraits im Buchhandel zu erzielen.
Nach dem „Anschluss Österreichs“ waren Max Schneider und seine damalige Frau Lucie wegen ihrer jüdischen Herkunft nach den im März 1938 auch in Österreich in Kraft tretenden NS-Rassengesetzen von nationalsozialistischer Verfolgung bedroht. Nachdem das Atelier Schneiders seit 1934 im Eigentum seiner Frau stand, liegt nur von ihr eine Vermögensanmeldung zur Erfassung der Reichsfluchtsteuer beim Ministerium für Wirtschaft und Arbeit vor. Wie bei vielen anderen jüdischen Geschäftsleuten wurde unmittelbar nach der so genannten „Reichskristallnacht“ sein Atelier gesperrt und Schneider selbst am 10. November 1938 zur Zurücklegung des Gewerbescheines gezwungen. Ab dem 1. Jänner 1939 traf ihn auch das Berufsverbot,[14] wodurch er zur Emigration gezwungen war. Gemeinsam mit seiner Frau konnte Schneider[15] im Jänner 1939 noch aus Österreich nach Rotterdam fliehen. Ab diesem Zeitpunkt ist über sein weiteres Leben nichts bekannt.
Arisierung durch Wilhelm Hlosta
Der seit Anfang der 1930er Jahre als Fotograf tätige Wilhelm Hlosta (1904–1984)[16] „übernahm“ 1938/39 Schneiders Atelier im Zuge einer Arisierung[17] und vertrieb Schneiders Fotos und Abzüge unter seinem Namen.
1940 wurde das Atelier Max Schneiders im Auftrag der Vermögensverkehrsstelle von Franz Stern „abgewickelt“.[18]
Anmerkung zum Nachlass Schneiders in österreichischen Archiven
Schneiders Arbeiten für die Fakultät befinden sich heute im Foto- bzw. Bildarchiv der Sammlungen der Medizinischen Universität Wien.
Viele Fotos sind auch im Bestand des Bildarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek. Dort ist aber noch immer eine beträchtliche Anzahl seiner Porträts entweder ohne Namensnennung und/oder Entstehungsdatum inventarisiert, etwa das Tableau mit 163 Porträts von Professoren der Wiener medizin. Fakultät,[19] oder gibt Wilhelm Hlosta als Urheber an, weil die Provenienzforschung dieser Bibliothek die bereits jahrelang vorliegenden wissenschaftlichen Ergebnisse bis heute in ihrem Bestand nicht verarbeitet hat.[20]
Trivia
1929 hatte Schneider beim Parlament einen Autounfall, bei dem sein Beifahrer schwer verletzt wurde.[21]
Werke
Neben den fotografischen Aufnahmen schuf Schneider auch eine Reihe von Porträtzeichnungen:
- Porträt Friedrich Dimmer (1925)[22]
- Porträt Emil Redlich (1926)[23]
- Porträt Hans Thaler (1926)[24]
- Porträt Clemens von Pirquet (1929)[25]
- Porträt Markus Hajek (1931)[26]
- Fotografie nach der Radierung von Anton von Eiselsberg (1930)[27]
- Porträt Julius von Wagner-Jauregg (1932)[28]
- Porträt Dionys Pospischill (1933)[29]
Das Ölgemälde Julius Wagner-Jaureggs von Wilhelm Krausz entstand nach dem Fotoporträt von Schneider.[30]
Literatur
- Walter Mentzel: NS-Raubgut an der Medizinischen Universität Wien – Am Beispiel der vertriebenen Mediziner Otto Fürth, Markus Hajek, Egon Ranzi, Carl J. Rothberger, Maximilian Weinberger und des Fotografen Max Schneider. In: Bruno Bauer, Christina Köstner-Pemsel, Markus Stumpf (Hrsg.): NS-Provenienzforschung an österreichischen Bibliotheken. Anspruch und Wirklichkeit. Schriften der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare 10. Wolfgang Neugebauer Verlag, Graz/Feldkirch 2011, ISBN 978-3-85376-290-5, S. 189–206. (PDF-Dokument, 1 MB)
- Timm Starl: Lexikon zur Fotografie in Österreich 1839 bis 1945. Album Verlag für Photographie, Wien 2005, ISBN 3-85164-150-7, S. 433.
- Eintrag zu Schneider, Max In: Bio-Bibliografie zur Fotografie in Österreich
- Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe (Red.): Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. 3 Bände. Hrsg.: Österreichische Nationalbibliothek. Band 3. K. G. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 1219.
Weblinks
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Gewerbeanmeldung am 29. Mai 1913 mit dem Standort Wien II., Rotensterngasse 33
- Der deutsch-österreichische Photograph. 1919, S. 103.
- Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger Jg. 1920, Band 1 (Branchenverzeichnis), 4. Nachweis. Handels- und Gewerbe-Adreßbuch nach Geschäften und Gewerben geordnet in Wien. S. 1391 (5. Spalte von links)
Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger Jg. 1920, Band 2, 7. Nachweis. Einwohner Wiens. Alphabetisches Verzeichnis der Einwohner … S. 1189
1. Spalte: – Max, ak. Maler u. Photograph, II/1 Rotensterng. 33 Atelier VIII, Kochg. 20. - 1889 – 1. Mai 1920, begraben am Wiener Zentralfriedhof (Neue israelitische Abteilung, IV. Tor, Gruppe 5, Reihe 17, Nr. 13).
Siehe: Friedhofs-Datenbank der IKG Wien. - Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger Jg. 1923, Band 2 (Branchenverzeichnis) 3. Handel- und Gewerbetreibende in Wien. Verzeichnis der Handel- und Gewerbetreibenden nach Erwerbs- bzw. Berufszweigen alphabetisch geordnet in Wien. S. 1391 (5. Spalte von links, unten)
- Siehe z. B. die Fotos von Julius Tandler, Eugen Steinach, Guido Holzknecht und Hans Lorenz in:
Berühmte Wiener Mediziner und Forscher.. In: Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 27. Juli 1925, S. 3 (online bei ANNO). mit dem Nachtrag in der darauffolgenden Nummer:
(Atelier Max Schneider.). In: Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 3. August 1925, S. 8 (online bei ANNO).
Die in der vorigen Nummer veröffentlichten Porträts berühmter Wiener Mediziner und Forscher stammen aus dem bekannten Atelier Max Schneider, 8. Bez., Kochgasse 20. - Notizen. 9. August 1930.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1930, Nr. 33, S. 1096 (online bei ANNO).
- Herrn Professor Ernst Finger zugeeignet.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1926, Nr. 28, S. 843 (online bei ANNO).
- Ernst Fuchs.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1930, Nr. 49, S. 1575 (online bei ANNO).
- Professor Dr. Ferdinand Hochstetter.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1931, Nr. 7, S. 215 (online bei ANNO).
– Das schöne Porträt Professor Dr. Hochstetter’s verdanken wir dem photographischen Atelier Herrn Max Schneiders. - Hofrat Professor Dr. Guido Holzknecht.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1931, Nr. 45, S. 1455 (online bei ANNO).
– Das ausdrucksvolle Bild Professor Dr. Holzknechts an erster Stelle dieses Heftes stammt aus dem Photoatelier M. Schneider, Wien. - Fortschritte der inneren Medizin. I.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1930, Nr. 19, S. 619 (online bei ANNO).
Notizen. … Das ausdrucksvolle Bildnis des Professors Mannaberg verdanken wir dem Atelier Max Schneider. - Die fachphotographische Ausstellung in Linz. In: Allgemeine photographische Zeitung 1. Juni 1928, X. Jg. Nr. 6. S. 2
- Konrad Kwiet: Nach dem Pogrom. Stufen der Ausgrenzung. In: Wolfgang Benz: Die Juden in Deutschland 1933–1945. Beck, München 1988, ISBN 3-406-33324-9, S. 547.
- Letzter Eintrag für Schneider, – Max, Photograph, VIII. Kochgasse 20–22, Wohn. Nr. 32 In: Wiener Adreßbuch Lehmanns Wohnungsanzeiger Jg. 1938 Band 1, 1. Teil Namenverzeichnis S. 1150
- Wilhelm Hlosta
- Vgl. dazu auch die Beschreibungen im Bildarchiv Austria: Max Schneider (nachmals Willy Hlosta) – Wien
Inventarnr. 222675-C und Inventarnr. 222910-C - Bestellung zu Abwicklern.. In: Wiener Zeitung, 24. Februar 1940, S. 3 (online bei ANNO).
Ich bestelle Franz Stern in Wien XV/101, Rauchfangkehrergasse 6, auf Grund des § 3 der Verordnung vom 23. November 1938, G. Bl. Nr. 619/1938, beziehungsweise Z 2 der Verordnung vom 3. Dezember 1938, G. Bl. Nr. 633/1938, zum Abwickler für folgende Unternehmen:
… 7. Schneider Max, Photograph, Wien, 8. Dez., Kochgasse 2. …
Staatliche Verwaltung des Reichsgaues Wien, Abt. III
(Abwicklungsstelle der Vermögensverkehrsstelle)
i. A. Dr. Peichl. - Adolf Kronfeld: Professoren der Wiener medizin. Fakultät. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1927, Nr. 10, S. 332 (online bei ANNO).
Im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek ist dieses Werk bis heute (Stand Jänner 2019) ohne Datierung und ohne Nennung des Autors inventarisiert, obwohl es ganz unten wie folgt bezeichnet ist: „Copyright Max Schneider, Wien VIII – Nachdruck verboten“ und das Entstehungsdatum fest steht. - So etwa beim Porträt Economo von San Serff, Konstantin Freiherr, während in der Wiener Medizinischen Wochenschrift vermerkt ist: Photo Max Schneider, Wien.
- Durch einen Autounfall erblindet. Ein furchtbarer Unfall durch das Unwetter.. In: Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, 27. Mai 1929, S. 3 (online bei ANNO).
- Friedrich Dimmer.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1925, Nr. 45, S. 2474 (online bei ANNO).
- Professor Emil Redlich.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1926, Nr. 3, S. 79 (online bei ANNO).
- Professor Hans Thaler. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1926, Nr. 25, S. 777 (online bei ANNO).
- Professor Dr. Clemens Pirquet.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1929, Nr. 11, S. 331 (online bei ANNO).
- Herrn Professor Dr. M. Hajek zum 70. Geburtstage. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1931, Nr. 48, S. 1547 (online bei ANNO).
Notizen. … – Das ausdrucksvolle Porträt Professor Dr. M. Hajeks verdanken wir der Künstlerhand des Herrn Max Schneider. - „Die tägliche Praxis“. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1930, Nr. 44, S. 1439 (online bei ANNO).
Das Blatt, eine Photographie nach der Originalradierung, stellt den Hofrat bei der Reposition einer Luxation vor. Neben dem Hofrat sehen wir die Kollegen Urban, Starlinger, Demel, Moritsch, Sgalitzer, Gold und Oppolzer. Im thematischen Zusammenhange mit dem bekannten Gemälde von Seligmann, welches Billroth vor einer Operation im Hörsaale darstellt, wird auch das Blatt von Max Schneider in der Geschichte der Wiener Chirurgie eine ehrenvolle Rolle spielen. - Herrn Professor Dr. Julius Wagner-Jauregg zum 75. Geburtstag.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1932, Nr. 11, S. 327 (online bei ANNO).
- Hofrat Primararzt Dr. D. Pospischill.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1933, Nr. 33, S. 1334 (online bei ANNO).
- Herrn Professor Dr. Julius Wagner-Jauregg zugeeignet.. In: Wiener Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1928, Nr. 28, S. 891 (online bei ANNO).