Mary Adelaide Nutting
Mary Adelaide Nutting (* 1. November 1858 in Frost Village, Québec, Kanada; † 3. Oktober 1948 in White Plains (New York)) war eine kanadische Krankenschwester, Pflegehistorikerin und Professorin für Krankenpflege.
Leben
Ihre Jugendzeit verbrachte Mary Adelaide Nutting in Waterloo, Québec. Nach Beendigung der Schulzeit studierte sie Kunstgeschichte und arbeitete als Lehrerin. Sie begann, sich für die Arbeiten von Florence Nightingale zu interessieren. Im Alter von 31 Jahren wurde Nutting 1889 eine von 17 Studierenden des ersten Jahrgangs der Krankenpflegeausbildung der „Johns Hopkins school of nursing“ in Baltimore. Sie beendete die Klasse als Viertbeste. 1891 wurde ihre Fallbeschreibung eines Typhuskranken in der Fachzeitschrift „Trained Nurse“ mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Nutting wurde als Nachfolgerin von Isabel Hampton Robb Direktorin der Johns Hopkins Krankenpflegeschule. Sie setzte am Johns Hopkins Hospital den Achtstundentag in der Krankenpflege durch und hob die Dauer der Krankenpflegeausbildung auf drei Jahre an. Das Johns Hopkins Hospital stand seit dem Jahr 1889 unter Leitung des kanadischen Klinikers Sir William Osler, der sich auch mit Fragen medizinischer Ausbildung befasste und als Medizinhistoriker tätig war.[1] Oslers Arbeiten inspirierten Mary Adelaide Nutting und ihre Mitstreiterin Lavinia Dock.
Arbeiten zur Geschichte der Krankenpflege
In den Jahren am Johns Hopkins Hospital sammelte sie Material zur Geschichte der Krankenpflege, was sie als vierbändiges Werk in den Jahren zwischen 1907 und 1912 gemeinsam mit Lavinia Dock unter dem Titel „A History of Nursing“ herausgab. Nutting und Dock bezogen sich in ihrer „Geschichte der Krankenpflege“ fundamental auf Pjotr Alexejewitsch Kropotkin. Für Kropotkin stand außer Frage, dass in der Natur ein „Gesetz der gegenseitigen Hilfe“ walte. Ein über einen langen Zeitraum herausgebildeter Instinkt lehre Mensch und Tier die Sinnhaftigkeit gegenseitiger Hilfe, also auch die Sinnhaftigkeit von Pflege.[2][3] Das Standardwerk von Mary Adelaide Nutting und Lavinia Lloyd Dock markierte den Beginn der modernen historischen Pflegeforschung, wenngleich es methodische Schwächen enthielt.[4]
Erste weltweite Professur für Krankenpflegeausbildung
1910 wurde zunächst unter der Stellenbezeichnung „Professor of Domestic Administration“ (Krankenhausbetriebslehre) eine Stelle als Hochschullehrerin für Mary Adelaide Nutting am Teachers College der Columbia-Universität in New York City geschaffen. Die Stelle wurde später umbenannt in „Professor of Nursing Education“. Mary Adelaide Nutting hielt somit die erste Professur weltweit für Krankenpflegeausbildung inne. Nutting konzipierte für die Krankenpflegeausbildung ein Stufenschema, das von der Grundschulausbildung bis zur Hochschulausbildung reichte. So sollte der Zugang zur Krankenpflegeausbildung auch jungen Menschen aus bildungsfernen Schichten ermöglicht werden.
Ehrung
- Für ihre Verdienste um die Kriegskrankenpflege in beiden Weltkriegen wurde Mary Adelaide Nutting 1945 mit der „Liberty Science Medal“ ausgezeichnet.
Werke
- Zusammen mit Lavinia Dock: A history of Nursing. G.P. Putnam’s Sons, New York & London 1907–1912, 4 Bände, Band I (1907) (Digitalisat), Band II (1907) (Digitalisat), Band III (1912)(Digitalisat), Band IV (1912) (Digitalisat)
- Agnes Karll (Übersetzerin). Mary Adelaide Nutting und Lavinia Dock. Geschichte der Krankenpflege. D. Reimer, Berlin 1910–1913 Band I (1910) (Digitalisat) Band II (1911) (Digitalisat) Band III (1913) (Digitalisat)
- A Sound Economic Basis for Schools of Nursing, G.P. Putnam’s Sons, NYC, 1925.
Literatur
- Karin Wittneben: Die Entwicklung der beruflichen und wissenschaftlichen Pflegausbildung in den USA von 1872–1990, in: Maria Mischo-Kelling und Karin Wittneben: Pflegebildung und Pflegetheorien, Urban & Schwarzenberg München et al., erste Auflage 1995, Seite 11–33.
- Horst-Peter Wolff: Mary Adelaide Nutting, in: Horst-Peter Wolff (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte „Who was who in nursing history“, Band 1, Ullstein Mosby Berlin und Wiesbaden 1997, S. 141.
Einzelnachweise
- Livia Prüll: Sir William Osler, in: Wolfgang U. Eckart und Christoph Gradmann (Hrsg.): Ärztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart, 3. Aufl. 2006 Springer Verlag Heidelberg, Berlin, New York, S. 246+247.doi:10.1007/978-3-540-29585-3.
- Peter Kropotkin: Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt, autorisierte deutsche Ausgabe besorgt von Gustav Landauer, Verlag Theodor Thomas, Leipzig 1908, Vorwort Seiten V und VI.
- Nutting, Dock, in Übersetzung von Agnes Karll, Bd. I, 1907, S. 5.
- Wolfgang U. Eckart und Robert Jütte: Medizingeschichte. Eine Einführung, Böhlau Köln, Weimar, Wien 2007, Pflegegeschichte S. 286.