Markuslöwe
Der Markuslöwe ist das Symbol des Evangelisten Markus, in Abbildungen des Evangelisten ist er sein Attribut, er war das Symbol der Republik Venedig und heute der Stadt Venedig.
Herkunft des Symbols
Die Verbindung des Evangelisten Markus hat ihre älteste Quelle – wie die Attribute der drei anderen Evangelisten, Stier, Adler und Mensch (oder Engel) – im Buch Ezechiel des Alten Testaments. Die Stelle im Buch des Propheten
„4 Und ich sah, und siehe, es kam ein ungestümer Wind von Norden her, eine mächtige Wolke und loderndes Feuer, und Glanz war rings um sie her, und mitten im Feuer war es wie blinkendes Kupfer. 5 Und mitten darin war etwas wie vier Wesen; die waren anzusehen wie Menschen. 6 […] 10 Ihre Angesichter waren vorn gleich einem Menschen und zur rechten Seite gleich einem Löwen bei allen vieren und zur linken Seite gleich einem Stier bei allen vieren und hinten gleich einem Adler bei allen vieren.“
wurde von den frühen christlichen Theologen als Präfiguration entsprechender Wesen in der Offenbarung des Johannes gedeutet.
Die vier Lebewesen stehen dort um den Thron Gottes:
„Und das erste Wesen war gleich einem Löwen, und das zweite Wesen war gleich einem Stier, und das dritte Wesen hatte ein Antlitz wie ein Mensch, und das vierte Wesen war gleich einem fliegenden Adler.“
Eine feste Verbindung der einzelnen Bilder mit je einem Evangelisten entstand zu Beginn des vierten Jahrhunderts. Hieronymus, der Verfasser der Vulgata, begründete die Zuordnung der Symbole mit passenden Stellen aus den Evangelien, für Markus mit einem der ersten Sätze des Evangeliums: „Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben!“ (Mk 1,3 ), wobei „eine laut rufende Stimme in der Wüste“ den frühchristlichen Theologen für eine Assoziation mit dem Löwen ausreichte.
Der Markuslöwe in Venedig
In Venedig ruhen seit 828 die Reliquien des Evangelisten Markus, nachdem diese – wahrscheinlich auf Initiative des Dogen Giustiniano Particiaco – von venezianischen Seefahrern in Alexandria geraubt und nach Venedig überführt worden waren. Markus verdrängte den Stadtheiligen Theodor und wurde zum ersten Stadtpatron Venedigs und die Stadt – neben Rom und Santiago de Compostela – zu einer der am meisten besuchten christlichen Pilgerstätten Europas. Venedig nannte sich fortan Serenissima Repubblica di San Marco, führte schließlich den Markuslöwen im Wappen[1] und hinterließ ihn als Herrschaftszeichen in allen Städten der ehemaligen Seerepublik (vgl. Venezianische Kolonien). Die Dogen wurden auf Münzen und Reliefs dargestellt, wie sie kniend das Banner aus der Hand des Heiligen selbst empfangen.
Der Markuslöwe Venedigs wird mit einem aufgeschlagenen – in Kriegszeiten gelegentlich auch mit verschlossenem – Buch dargestellt. Zu lesen sind die Worte PAX TIBI MARCE EVANGELISTA MEUS (Friede sei mit dir, Markus, mein Evangelist). In Zusammenhang mit Kriegsflaggen oder der venezianischen Flotte wird das Buch oft durch ein Schwert ersetzt.
Zu sehen ist der Markuslöwe – ein geflügelter Löwe mit Buch und erhobener Pranke – an unzähligen Orten Venedigs, in allen Städten des ehemals venezianischen Herrschaftsbereichs, auf den vielen Historienbildern und überall im Dogenpalast.
Flaggen und Wappen
Der Markuslöwe war das Wappentier der Seerepublik Venedig, daher auch ihrer Kriegs- und Handelsflotte. Noch heute hat die italienische Marine den Markuslöwen sowohl im Wappen als auch als Abzeichen. Auch die Stadt Venedig und die Provinz Venetien führen den Markuslöwen als Wappentier. Damit ist er eine gemeine Figur. Er ist ein Löwe mit Eigenname. Sein Erscheinungsbild ist mit dem Namen eng verbunden.
Die heutige inoffizielle Flagge der griechischen Region Ionische Inseln zeigt einen Markuslöwen.
- Flagge der Republik Venedig
- Flagge der Region Venetien
- Wappen der Region Venetien
- Wappen der Metropolitanstadt Venedig
- Flagge der Repubblica di San Marco (1848–1849)
- Bugsprietflagge der italienischen Marine
- Flagge der Republik der Ionischen Inseln (1800–1815)
- Wappen von Reinheim/Bliesgau
Unternehmen
Die 1831 in Triest gegründete und inzwischen fünftgrößte Versicherung der Welt Generali Group oder Assicurazioni Generali führt den Markuslöwen als Markenzeichen.[2] Zahlreiche andere Unternehmen in Venedig und im Veneto haben das Symbol ebenfalls übernommen.
Im Hauptbahnhof Wien steht ein Markuslöwe als restaurierte Figur aus Sandstein und dient als Treffpunkt.[3] Von ehemals acht solchen aus dem Jahr 1873, die das Dach des vormaligen Südbahnhofs zierten[4] und auf die Südbahnstrecke nach Triest hinwiesen, ist nur noch eine weitere erhalten – in Laxenburg auf dem Franz-Josef-Platz. Dieser Löwe schaut nach rechts, während der Löwe im Hauptbahnhof nach links sieht.
Entdecker Nordamerikas
Zur 500-Jahr-Feier der Entdeckung Nordamerikas durch den lange in Venedig lebenden Giovanni Caboto (1497) widmete die Region Veneto der kanadischen Provinz Nova Scotia eine am Hafen Halifax aufgestellte Gedenktafel. Der geflügelte Markuslöwe des Steinreliefs darauf hält mit einer Vorderpranke ein stehendes, geöffnetes Buch.
Siehe auch
Literatur
- Corinna Fritsch: Der Markuslöwe als religiöses, politisches und militärisches Symbol. Münster 1993.
Weblinks
Einzelnachweise
- Ein Markusbanner (vexillum sancti Marci) erwähnte erstmals Godefroy de Villehardouin (Die Eroberung von Konstantinopel durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204 von Gottfried von Villehardouin, Marschall der Champagne nach der Ausgabe von P. Paris übersetzt und herausgegeben von Franz Getz. Leipzig 1915 S. 53). Die älteste erhaltene Löwendarstellung in Venedig wird auf um 1200 datiert, nämlich in der Darstellung der Apokalypse in der Kuppel des Markusdoms neben dem Thron Gottes. Aus dem 13. Jahrhundert stammt das Löwenrelief von Sant’Aponal (Abb. in Eva S. Rösch, Gerhard Rösch: Venedig und das Reich. Tübingen 1982, S. 25). Die Abbildung eines Löwenbanners ist erstmals aus dem 14. Jahrhundert überliefert (Ebd. S. 66 Abb. 13, s. auch S. 22–25). Weiteres zur Löwendarstellung in Venedig: Corinna Fritsch: Der Markuslöwe als religiöses, politisches und militärisches Symbol. Münster 1993; W. H. Rudt de Collenberg: Il leone di San Marco. In Ateneo Vèneto 1989 S. 57–84; B. M. Scarfi (Hrsg.): The Lion of Venice. München 1991.
- s. Homepage: http://www.generali.com/
- Markuslöwe Wien Hbf auf austriasites.com, abgerufen am 31. Jänner 2022
- Anm. Vier davon an den Ecken der Satteldächer der niedrigeren 3x3 Achsen kleinen Quertrakten beidseits des Hauptportals. Einer davon ganz links am Bild 1280px-Wien_suedbahn_1875.jpg .