Mariologie

Die Mariologie (die Lehre von Maria) ist ein Teilbereich der katholischen Dogmatik und beschäftigt sich mit Maria, der Mutter Jesu. Maria wird dabei als Instrument und erster Adressat des Heilshandelns Gottes an den Menschen gesehen. In der Dogmatik wird die Mariologie der Gnadenlehre zugeordnet.

Die Krönung der Jungfrau Maria, Altarretabel von Raffael (1502–1504)

Die vier Mariendogmen

Es gibt in der römisch-katholischen Kirche vier dogmatische Lehraussagen über Maria:

Marias Gottesmutterschaft

In den Evangelien wird Maria „Mutter Jesu“ genannt. Die Bezeichnung Mutter Gottes kam im Rahmen der Auseinandersetzungen über die Christologie auf: Um hervorzuheben, dass ihr Sohn von Beginn seines Lebens an die göttliche Natur mit seiner menschlichen Natur verband, wurde Maria als „Gottesgebärerin“ (griechisch theotókos) bezeichnet. Das Konzil von Ephesus 431 beschloss diese besonders von Kyrill von Alexandria vertretene Lehre.

Immerwährende Jungfräulichkeit Marias

Gemeint ist damit, dass Maria vor, bei und nach der Geburt Jesu Jungfrau war. Im Altertum drangen ab etwa 200 n. Chr. starke asketische Strömungen in die Kirche ein, oft verbunden mit einer Abwertung des Geschlechtlichen.[1] Die Formulierung „Jungfrau Maria“ wurde immer häufiger gebraucht; in der Zeit um 400 n. Chr. war sie unter Bischöfen bereits selbstverständlich.

Unbefleckte Empfängnis Marias

Nach dieser Lehre hat Gott Maria vor jedem Makel der Erbsünde bewahrt, weil sie die Mutter Gottes werden sollte. Papst Pius IX. verkündete diese Ansicht 1854 als unfehlbare Lehre – so gekennzeichnet durch die Worte: „erklären, verkünden und bestimmen Wir in Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und in Unserer eigenen“:

„Die Lehre, daß die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch einzigartiges Gnadengeschenk und Vorrecht des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechts, von jedem Fehl der Erbsünde rein bewahrt blieb, ist von Gott geoffenbart und deshalb von allen Gläubigen fest und standhaft zu glauben.“[2]

Es folgt noch eine Warnung davor, diese Lehre zu bezweifeln. Durch diese Festlegung auf die unbefleckte Empfängnis Marias sowie durch das folgende Dogma wurden bleibende ökumenische Hindernisse aufgerichtet.

Mariä Aufnahme in den Himmel

Über das Lebensende von Maria gibt es keine historischen Informationen. Im Neuen Testament wird sie zum letzten Mal vor Pfingsten erwähnt (Apg 1,14). In den 370er Jahren meinte Epiphanius von Salamis (Zypern): „Ob sie nun gestorben ist, wir wissen es nicht, und ob sie begraben ist.“[3] Im 5. Jh. entstand eine apokryphe Schrift, der Transitus Mariae (der Hinübergang Mariens), worin Tod und Aufnahme Mariens in den Himmel beschrieben werden. Bei der leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel geht es darum, dass Marias Körper – ob noch lebend, oder schon gestorben, bleibt offen – vor der Verwesung bewahrt bleibt. Volkstümlich wird oft von „Mariä Himmelfahrt“ gesprochen. Als Dogma wurde diese Vorstellung von Papst Pius XII. 1950 formuliert, wobei er sich auf das – doch sicherlich auch von Jesus beobachtete – Gebot, Vater und Mutter zu ehren, stützte:

„Alle diese Beweise und Erwägungen der Heiligen Väter und der Theologen gründen letztlich auf der Heiligen Schrift … Weil nun unser Erlöser der Sohn Marias ist, musste er, der vollkommenste Beobachter des Gesetzes, in der Tat wie den Vater, so auch seine liebe Mutter ehren. Da er ihr die große Ehre erweisen konnte, sie vor der Verwesung des Todes zu bewahren, muß man also glauben, daß er es wirklich getan hat.“[4]

Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, besagt allerdings nicht, diesen jede mögliche Ehre zu erweisen.

Auch hier kommt der besondere Anspruch einer unfehlbaren Lehre zum Ausdruck:

„verkünden, erklären und definieren Wir … in Kraft der Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus, der heiligen Apostel Petrus und Paulus und Unserer eigenen Vollmacht:
es ist eine von Gott geoffenbarte Glaubenswahrheit, daß die unbefleckte, immer jungfräuliche Gottesmutter Maria nach Vollendung ihres irdischen Lebenslaufes mit Leib und Seele zur himmlischen Herrlichkeit aufgenommen worden ist.“

Diese Lehraussage enthält neben dem vierten Mariendogma auch die vorhergehenden drei Dogmen.

Es schließt wieder mit einer deutlichen Abgrenzung gegen Andersgläubige:

„Wenn daher, was Gott verhüte, jemand diese Wahrheit, die von Uns definiert worden ist, zu leugnen oder bewusst in Zweifel zu ziehen wagt, so soll er wissen, daß er vollständig vom göttlichen und katholischen Glauben abgefallen ist.“

Zweites Vatikanisches Konzil

Das Zweite Vatikanische Konzil verkündete keine Dogmen, auch nicht zu Maria – und es korrigierte auch keine älteren Dogmen. Aber es ordnete Maria in den Text über die Kirche ein.[5] Darin kommt die Absicht zum Ausdruck, einer Überhöhung und Isolierung der Stellung Marias vorzubeugen. Der Dogmatiker Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., erläuterte diese Konstitution und nahm auch zum Marienkapitel Stellung.[6] Er gibt zu, dass nur „eine ganz geringe Mehrheit von Vätern für diese Einordnung entschied“. Hugo Rahner, ein Kenner der Alten Kirche, habe gezeigt, dass am Beginn die Lehre über die Kirche stand – dieser entsprechend wurde später die Lehre über Maria nachgebildet:

„Die Kirche ist Jungfrau und Mutter, sie ist unbefleckt empfangen und trägt die Last der Geschichte, sie leidet und ist doch jetzt schon in den Himmel aufgenommen.“

Das sieht Ratzinger bereits bei der „apokalyptischen Frau“ in Offenbarung 12: Diese Figur stelle nicht exklusiv Maria dar, sondern das alte und neue Israel – aber dabei sei Maria mitgemeint. Hier sei „das Ineinander von Maria und Kirche vorweggenommen“.

„Daß später beides auseinanderfiel, daß Maria als ein mit Privilegien überschüttetes und uns dadurch unendlich fern gerücktes Individuum dargestellt, die Kirche wiederum apersonal und rein institutionell gesehen worden ist, hat der Mariologie wie der Ekklesiologie gleichermaßen geschadet.“

Weitere dogmatische Ansätze

Die Anrufung Mariens als Mittlerin der Gnaden wurde in den Konzilsdokumenten des Vatikanischen Konzils gebraucht und gehört somit zum Glaubensgut der Katholiken.[7]

2008 formulierten fünf Kardinäle eine Petition zur Schaffung eines darüber hinausgehenden, weiteren Dogmas, das Maria „als geistliche Mutter der Menschheit; als Miterlöserin mit Jesus, dem Erlöser, als Mittlerin aller Gnaden mit Jesus, dem einen Mittler und als Fürsprecherin mit Jesus Christus für die ganze Menschheit“ bezeichnen solle.[8]

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Beinert, Heinrich Petri (Hrsg.): Handbuch der Marienkunde. 2 Bde. Pustet, Regensburg 1996 und 1997.
  • Remigius Bäumer/Leo Scheffczyk (Hrsg.): Marienlexikon. 6 Bände, St. Ottilien 1994.
  • Giovanni Miegge: Die Jungfrau Maria. Studie zur Geschichte der Marienlehre. Göttingen 1962.
  • Gerhard Ludwig Müller: Maria – die Frau im Heilsplan Gottes (Mariologische Studien; XV). Regensburg 2002.
  • Josef Neuner, Heinrich Roos (Hrsg.): Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, neubearbeitet von Karl Rahner, Karl-Heinz Weger. Friedrich Pustet, Regensburg 1971, 9. Aufl. [deutsche Übersetzung überwiegend lateinischer Texte; wird meist nach Nummer zitiert, nicht Seite].
  • Rudolf Graber, Anton Ziegenaus: Die marianischen Weltrundschreiben der Päpste von Pius IX. bis Johannes Paul II. (1849–1988). Institutum Marianum Regensburg e. V., Regensburg 1997.
  • Redemptoris Mater. Enzyklika von Papst Johannes Paul II. über die selige Jungfrau Maria im Leben der pilgernden Kirche (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls; 75). 25. März 1987.
  • Rosarium Virginis Mariae. Das Apostolische Schreiben (156) von Papst Johannes Paul II. vom 16. Oktober 2002.
Wiktionary: Mariologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Besonders deutlich bei Origenes in seinem Matthäus-Kommentar X,17.
  2. In der Bulle „Ineffabilis Deus“, zit. nach Neuer/Roos: Glaube der Kirche, Nr. 479.
  3. Im Panarion 78,11.
  4. Apostolische Konstitution „Munificentissimus Deus“, nach Neuner/Roos: Glaube der Kirche, Nr. 483; das folgende Nr. 487.
  5. Die dogmatische Konstitution Lumen Gentium widmet der Mariologie das gesamte Schlusskapitel (Online-Text). Es wurde in wesentlichen Teilen von René Laurentin entworfen.
  6. Joseph Ratzinger: Weggemeinschaft des Glaubens. Kirche als Communio. Festgabe zum 75. Geburtstag, hrsg. vom Schülerkreis, Augsburg 2002.
  7. Lumen gentium (LG), S. 60 ff.
  8. Kardinäle hoffen auf 5. Marianisches Dogma
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.