Marie Elise Kayser
Marie Elise Kayser (* 28. November 1885 in Görlitz; † 6. September 1950 in Erfurt) war eine deutsche Kinderärztin und Begründerin der Frauenmilchsammelstellen in Deutschland, aus denen sich die heutigen Frauenmilchbanken entwickelten.
Leben und Wirken
Marie Elise Kayser wurde 1885 als siebentes von acht Kindern des Geheimen Baurats Ernst Schubert geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Sorau und Berlin. 1906 legte sie ihr Abitur ab. Sie studierte dann Medizin in Berlin und Jena, zwischenzeitlich ein Semester in Rom. Ihr Staatsexamen absolvierte sie 1911, im selben Jahr wurde sie als erste Frau an der Medizinischen Fakultät der Thüringischen Landesuniversität in Jena promoviert. Von 1911 bis 1912 war sie Medizinalpraktikantin in Magdeburg. Anschließend absolvierte sie eine kinderärztliche Ausbildung in Heidelberg bei Ernst Moro,[1] um danach wieder nach Magdeburg zurückzukehren. Hier arbeitete sie zunächst in der Säuglingsfürsorge, später zehn Jahre in eigener kinderärztlicher Praxis.
1914 heiratete sie den Frauenarzt Konrad Kayser, beide hatten zusammen drei Kinder. Ein reichlicher Milchüberschuss während ihrer eigenen Stillzeiten brachte Marie Elise Kayser auf die Idee der Sammlung und Konservierung von Muttermilch. Am 19. Mai 1919 richtete sie im Krankenhaus Altstadt in Magdeburg an der Säuglingsabteilung unter Hans Vogt, einem Schüler von Adalbert Czerny, die erste Frauenmilchsammelstelle Deutschlands ein. 1923 wurde diese infolge der wirtschaftlichen Situation geschlossen, am 1. Mai 1936 an der Landesfrauenklinik Magdeburg jedoch wieder eingerichtet.
1925 ging Marie Elise Kayser nach Erfurt, wo ihr Mann die Leitung der dortigen Landesfrauenklinik übernahm. Hier richtete sie 1927 eine weitere Frauenmilchsammelstelle ein, deren Leitung sie übernahm. Aufgrund des Erfolgs wurden nach ihrem Vorbild in den 1930er und 1940er Jahren weitere Frauenmilchsammelstellen in nahezu allen deutschen Großstädten, aber auch in Finnland, den USA, in Argentinien und der Sowjetunion eingerichtet. 1939 veröffentlichte Kayser den Leitfaden für die Errichtung und den Betrieb von Frauenmilchsammelstellen, der in mehrere andere Sprachen übersetzt wurde. Die Verordnung über Frauenmilchsammelstellen von 1941 schuf die gesetzlichen Voraussetzungen, die noch heute gelten.
Marie Elise Kayser starb 1950 im Alter von 64 Jahren in Erfurt.
Schriften (Auswahl)
- Frauenmilchsammelstellen: Ein Leitfaden für deren Einrichtung und Betrieb. Fischer Verlag, Jena, 1940
- Herstellung, Anwendung und Erfolg mit Frauenmilchtrockenpulver. Arch Gynecol Obstet 161 (1936), 382–388, doi:10.1007/BF01725949
Ehrungen
1951 wurde die Frauenmilchsammelstelle in Erfurt in Marie-Elise-Kayser-Haus umbenannt und mit einer Gedenktafel versehen. Auch an ihrem Geburtshaus in Görlitz erinnert eine Gedenktafel an die Kinderärztin. Anlässlich ihres 50. Todestages wurde im Jahre 2000 in der Landesfrauenklinik Magdeburg ebenfalls eine Gedenktafel angebracht. In Zwickau und Erfurt gibt es eine "Marie-Elise-Kayser-Straße". Ebenfalls in Erfurt trägt die Staatliche Berufsbildende Schule 6 für Gesundheit und Soziales den Namen "Marie-Elise-Kayser-Schule".[2]
Literatur
- Marie Elise Kayser im Magdeburger Biographischen Lexikon
- Edith Lölhöffel von Löwensprung: Über die Einrichtung von Frauenmilchsammelstellen nach Erfurter Muster (Dr. Marie-Elise Kayser) und ihre Bedeutung für die Kinderheilkunde. In: Ärztin 13 (1937), 100–108
- Wolfgang Danner: Ihre Wiege stand in Görlitz – 100. Geburtstag von Dr. med. Marie-Elise Kayser, der Begründerin der Frauenmilchsammelstellen. In: Sächsische Zeitung, 27. November 1985
- Wolfgang Danner: Marie-Elise Kayser. In: Görlitzer Magazin – Beiträge zur Geschichte, Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Görlitz und ihrer Umgebung, 1987, 39–41
- Wilhelm Thal, Norbert Bannert: Einhundert Jahre Klinische Kinderheilkunde in Magdeburg (1906–2006) – Die Magdeburger Kinderkliniken und ihre ärztlichen Leiter. In: Ärzteblatt Sachsen-Anhalt 17 (2006), 55-8 OCLC 209330978
- Klinikum der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg: Erste Frauenmilchsammelmilchstelle in Deutschland. In: Uni-Protokolle vom 18. September 2000 (zuletzt aufgerufen am 23. Mai 2009)
- Gerhard Lindemann, Hans-Dieter Herre: Die Frauenmilchsammelstelle der Landesfrauenklinik Magdeburg. In: Dtsch Gesundheitswesen 17 (1962), 778
- Friedrich Eckardt: Die Pioniertat der Kinderärztin Marie-Elise Kayser. In: Kinderarzt 17 (1986), 85
- Wilhelm Thal: Zur Entwicklung der Kinderheilkunde in Magdeburg. In: Magdeburger Blätter 1991, 77–90
- Wilhelm Thal: Die bahnbrechende Tat einer Kinderärztin in Magdeburg – Dr. Marie-Elise Kayser (1885–1950) zum 50. Todestag. In: Ärzteblatt Sachsen-Anhalt 11 (2000) 45–47
- Werner Usbeck (Hrsg.): Dr. med. Marie Elise Kayser (1885–1950) – ein Leben für die Kinder. In: Beiträge zur Geschichte der Universität Erfurt (1392–1816) 1956–1981, fünfundzwanzig Jahre J.A. Barth, 1982
- Marie Deetjen: Marie Elise Kayser (Nachruf). In: Deutsche Hebammenzeitung (1952), 28
- Volker Klimpel: "Gebt vom Überfluß!" Marie-Elise Kayser und die Frauenmilchsammelstellen. In: Ärzteblatt Thüringen 21 (2010), S. 508–509
- Rita Seifert: Marie-Elise Kayser (1885-1950): erste promovierte Ärztin der Universität Jena und Begründerin der Frauenmilchsammelstellen in Deutschland. In: Weimar-Jena, die große Stadt 2 (2012), S. 111–120.
- Sabine Jirschitzka-Löffler: Zum 130. Geburtstag Marie-Elise Kaysers. Die Akten der Frauenmilchsammelstelle im Stadtarchiv Erfurt. In: Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt, Nr. 60, 2/2015, S. 21–22.
- Eva Labouvie: Kayser, Maria Elisa (Marie-Elise), geb. Schubert, Dr. med. In: Eva Labouvie (Hrsg.): Frauen in Sachsen-Anhalt, Bd. 2: Ein biographisch-bibliographisches Lexikon vom 19. Jahrhundert bis 1945. Böhlau, Köln u. a. 2019, ISBN 978-3-412-51145-6, S. 240–244.
Weblinks
Einzelnachweise
- Volker Klimpel: Marie-Elise Kayser, in: Hubert Kolling (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte „Who was who in nursing history“, Bd. 7 hps media Nidda 2015, S. 142+143.
- Informationen der Marie-Elise-Kayser-Schule Erfurt