Maria Luiko

Maria Luiko (geboren 25. Januar 1904 in München als Marie Luise Kohn; gestorben 25. November 1941 in Kaunas) war eine deutsche Künstlerin und Opfer des Holocaust.

Auferweckung, Scherenschnitt

Leben

Marie Luise Kohn war eine Tochter des Getreidegroßhändlers Heinrich Kohn und der Olga Schulhöfer, ihre wenig ältere Schwester war die Rechtsanwältin Elisabeth Kohn. Die Töchter wohnten im Münchner Stadtteil Neuhausen bei der 1935 verwitweten Mutter und besuchten die Luisenschule[1], die Schule, die viele jüdischen Mädchen besuchten. Die Mutter versuchte unter den Bedingungen der nationalsozialistischen Judenverfolgung noch eine Zeit den Großhandelsbetrieb aufrechtzuerhalten, 1938 musste das Geschäft aufgegeben werden.

Freunde beim Kartenspiel, Lithografie
Marionette „Israelit“
Menschengruppe vor der Deportation. Holzschnitt um 1938

Kohn studierte ab 1923 acht Semester an der Akademie der Bildenden Künste München und parallel dazu an der Münchner Kunstgewerbeschule, wo sie eine Zeitlang auch ihr Atelier hatte. 1924 hatte sie ihre erste Ausstellungsbeteiligung im Münchener Glaspalast, es folgten regelmäßig Beteiligungen bis zum Jahr 1931 und nach dem Brand des Glaspalastes 1931 bei den Münchener Juryfreien.

Marie Luise Kohn nahm den Künstlernamen Maria Luiko an und war vielfältig bildnerisch tätig. Sie war mit Zeichnungen, Aquarellen und Ölbildern und auch Scherenschnitten, Lithographien, Holzschnitten und Linoldrucken auf lokalen Ausstellungen vertreten. Außerdem schuf sie Buchillustrationen, so 1923 zu Ernst Tollers Hinkemann und zu Shalom Ben-Chorins 1934 gedrucktem Gedichtband Die Lieder des ewigen Brunnens.

Sie gehörte zum Künstlerkreis um den Theaterwissenschaftler Arthur Kutscher und war Mitglied mehrerer Künstlervereinigungen.

Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurden die Juden aus dem öffentlichen Kunstleben verdrängt und mit einem Ausstellungsverbot belegt. So wurde Maria Luiko aus dem Reichsverband bildender Künstler Deutschlands ausgeschlossen. Sie wirkte weiter im Rahmen der eingeschränkten Möglichkeiten im Kulturprogramm des Jüdischen Kulturbundes, Ortsgruppe München, mit und stellte ihr Atelier für Ausstellungen und Theaterproben zur Verfügung. Mit eigenen Werken nahm sie an verschiedenen Ausstellungen teil, so an einer „Grafischen Ausstellung bayerischer jüdischer Künstler“ 1934 in München. 1935/36 entwarf sie das Bühnenbild für das Schauspiel „Sonkin und der Haupttreffer“ von Semen Juschkewitsch.[2] Im April 1936 nahm sie an der „Reichsausstellung Jüdischer Künstler“ im Berliner Jüdischen Museum teil.

Zum 1. Januar 1936 wurde allen jüdischen Künstlern untersagt, einen Künstlernamen zu führen.

Luiko versuchte ins Ausland zu reisen, um eine Emigration vorzubereiten, sie erhielt aber von den Behörden keinen Reisepass. Informationen über den weiteren Lebensweg fehlen. Luiko wurde am 20. November 1941 in einem NS-Deportationszug mit 998 weiteren als Juden verfolgten und gefangenen Personen von München aus, zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester, „in den Osten“ deportiert. Der ursprünglich für Riga bestimmte Personenzug wurde von der SS nach Kowno (Kaunas) umgeleitet. Am 25. November 1941 wurden alle Insassen im Fort IX von Kaunas durch die dortige Einsatzgruppe ermordet.[3]

Gedenken

2022 wurde die ehemalige Hilblestraße in Maria-Luiko-Straße umbenannt

Im November 2022 wurde nach einem Beschluss des Münchner Stadtrats die bisherige Hilblestraße in Neuhausen-Nymphenburg zu ihrem Gedenken in Maria-Luiko-Straße umbenannt.[4] Für diese Umbenennung erhalten die Anwohner und Gewerbetreibende erstmals eine Entschädigung.[5][6]

Ebenfalls im November 2022 wurde im Rahmen des Projekts Erinnerungszeichen für Opfer des NS-Regimes in München an ihrer ehemaligen Schule in der Luisenstraße 7 in München eine Gedenktafel für sie angebracht.[7]

Werke von Maria Luik sind in einem Gedenkalbum[8] innerhalb der Online-Sammlung des Münchner Stadtmuseum versammelt.

Siehe auch

Literatur

  • Diana Oesterle: „So süßlichen Kitsch, das kann ich nicht“. Die Münchener Künstlerin Maria Luiko (1904–1941). Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2009, ISBN 3-486-58990-3.
  • Catrin Lorch: Die Münchner Künstlerin Maria Luiko wurde von den Nationalsozialisten umgebracht. Ihre Marionetten sind jetzt erstmals wieder zu sehen. In: Süddeutsche Zeitung, 7. April 2018, S. 24.
  • Luiko, Maria. In: Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Hrsg. vom Leo Baeck Institute, Jerusalem. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 249.
  • Henning Rader: Das Schicksal der Künstlerin Maria Luiko. Die erste Deportation von Münchner Juden 1941. In: Henning Rader, Vanessa-Maria Voigt: Ehemaliger jüdischer Besitz. Erwerbungen des Münchner Stadtmuseums im Nationalsozialismus, München: Hirmer 2018, S. 216–229.
  • Angelika Mundorff, Barbara Kink (Hrsg.): Frau darf… 100 Jahre Künstlerinnen an der Akademie. Katalog Museum Fürstenfeldbruck 2020, besonders S. 168–171.
  • Diana Oesterle: Maria Luiko. In: Karin Althaus u. a. (Hrsg.): Kunst und Leben. 1918 bis 1955. Lenbachhaus, München / Deutscher Kunstverlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-88645-210-1, S. 188–191.
Commons: Maria Luiko – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Marie Luise Kohn (Künstlername: Maria Luiko). In: Erinnerungszeichen München. Abgerufen am 1. September 2023.
  2. Semen Juschkewitsch (1868–1927), bei DNB
  3. Alfred Gottwaldt, Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941–1945. Marix, Wiesbaden 2005, ISBN 3-86539-059-5, S. 105–106.
  4. muenchen.de: Stadt weiht neue Straßenschilder in der Maria-Luiko-Straße ein. Abgerufen am 4. November 2022.
  5. „Absolutes Novum“: Anwohner erhalten 100 Euro, weil Stadt München Straße umbenennt. Abgerufen am 4. November 2022.
  6. Abendzeitung München: Ein Experiment: Die Hilblestraße heißt jetzt Maria-Luiko-Straße. 1. November 2022, abgerufen am 4. November 2022.
  7. Maria Luiko. Abgerufen am 24. November 2022.
  8. https://sammlungonline.muenchner-stadtmuseum.de/liste/alben/gedenkalbum-die-juedische-kuenstlerin-maria-luiko-1904-1941-59/
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