Maria-Theresien-Denkmal (Bratislava)

Das Maria-Theresien-Denkmal in Preßburg (ab 1919: Bratislava) war ein bedeutendes Denkmal der Habsburger im ehemaligen Königreich Ungarn. Es erinnerte an Maria Theresia, die 1741 in Preßburg zur Apostolischen Königin von Ungarn gekrönt wurde. Das 1897 eingeweihte Denkmal stand am ehemaligen Krönungshügelplatz. Nach der tschechoslowakischen Unabhängigkeitserklärung wurde es im Jahr 1921 als Symbol der untergegangenen Monarchie zerstört.

Maria-Theresien-Denkmal
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Geschichte

Geschichtlicher Hintergrund

1896 wurden die Millenniumsfeierlichkeiten anlässlich des tausendjährigen Jahrestages der Ungarischen Landnahme in allen Regionen des Landes begangen. Auf Anregung des Abgeordneten Károly Neiszidler im Ungarischen Reichstag[A 1] sollte in Verbindung mit dem bereits aus den 1870er Jahren stammenden Stadtratsbeschluss zur Ausschmückung des Krönungshügelplatzes ein Denkmal errichtet werden, das einerseits an den ehemaligen Krönungshügel und andererseits auch an das Millennium erinnern sollte. Am 8. Juni 1892, zum 25-jährigen Krönungsjubiläum Kaiser Franz Josephs I. zum König von Ungarn, wurde ein „Denkmalskomitee“ gegründet, dem zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehörten.

Nach einem eingeschränkten Künstlerwettbewerb wurde noch im Dezember 1892 der in Preßburg geborene Bildhauer Johann Fadrusz mit der Ausführung des Denkmals vom Stadtmagistrat betraut. Fadrusz schlug als Thema ein Reiterstandbild der Kaiserin Maria Theresia vor. Für das Modell erhielt er in Paris einen Grand Prix.

Es handelte es sich um das erste Monument eines Habsburgischen Herrschers in Ungarn.[1]

Ausführung

Maria-Theresien-Denkmal

Das Monument sollte an eine historische Stunde im Schloss zu Preßburg am 11. September 1741 erinnern. Die im Österreichischen Erbfolgekrieg militärisch hart bedrängte Maria Theresia war praktisch ans Ende ihrer militärischen Möglichkeiten angelangt. Sie war gezwungen – auf den „ritterlichen Geist“ der Magyaren hoffend – sich unter den ‚Schutz der ungarischen Nation‘, die sie persönlich zu den Waffen rief, zu stellen. Sie bat die Ungarischen Stände um Unterstützung.

Das in weißen Carrara-Marmor gehauene Monument zeigt die schlank, jugendlich und anmutig wirkende Königin im Damensattel, bekleidet mit dem ungarischen Krönungsornat, mit der Stephanskrone auf dem Haupt und dem Reichszepter in der rechten Hand. Das Reiterstandbild flankierten auf beiden Seiten symbolische Figuren. Auf der linken Seite befand sich ein ungarischer Adliger („Magnat“) und rechts von der Kaiserin ein Kuruzenkrieger[A 2].

Auf der Frontseite des Denkmalsockels standen mit großen Lettern die Worte VITAM ET SANGUINEM (die im Königreich Ungarn benutzte Eidesformel „Unser Leben und unser Blut“) zur Erinnerung an jenes denkwürdige Ereignis des 11. September 1741 im Preßburger Schloss.

Auf der der Stadt zugewandten Rückseite des aus Mauthausner Granit gefertigten Postaments war folgende Aufschrift in ungarischer Sprache zu lesen: Magyarország fennállásának ezredik évében a királykoronázások emlékére emelte Pozsony Szab. Kir. város közönsége 1896 (dt.: „Zum 1000jährigen Bestehen des Ungarischen Reiches und zur Erinnerung an die Krönungsfeierlichkeiten errichtet von der Königlichen Freistadt Preßburg im Jahre 1896“.)

Im Marmorsteinbruch von Carrara ergaben sich für den Marmorrohling unvorhergesehene Lieferschwierigkeiten. Die ursprünglich für den 11. September 1896 geplante Enthüllung des Monuments konnte deshalb nicht termingerecht stattfinden. Die Arbeiten verzögerten sich bis ins Jahr 1897 hinein.

Der 412 Meter hohe Sockel aus Mauthausner Granit wurde von der Firma Marmor Industrie Kiefer geliefert. Die Marmorteile der Skulptur hatten ein Gewicht von etwa 860 Meterzentnern,[A 3] die Gesamthöhe betrug 11 Meter. Auf Fadrusz’ Vorschlag beschloss das Denkmalkomitee, das Monument mit einem schmiedeeisernen Gitter zu umgeben, das die Preßburger Kunstschmiede Ludwig Marton & Sohn anfertigte. Der Entwurf für dieses neobarocke Geländer stammte von Wilhelm Marton.[2]

Im Sockel des Denkmals wurde eine von dem ungarischen Historiker und Dichter Kálmán Thaly[A 4] abgefasste Pergamenturkunde, die an das historische Ereignis erinnern sollte, untergebracht. Bei der Eröffnungsfeier hielt Thaly auch die Festrede.

Einweihung des Denkmals

Enthüllung des Denkmals am 16. Mai 1897

Die feierliche Enthüllung des Denkmals, das 200.000 Kronen kostete,[A 5] fand am 16. Mai 1897 unter Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph statt. Der in Preßburg lebende Erzherzog Friedrich von Habsburg war mit seiner Familie ebenfalls anwesend. Nach alter Sitte waren auch die Komitate des historischen Altungarn mit Fahnen und Standarten vertreten.

Über das Ereignis schrieb die Preßburger Zeitung:

Nach einer Feldmesse, welcher sämtliche Anwesende mit großer Andacht anwohnten, intonirten die vereinigten Preßburger Gesangvereine unter der Leitung des Chormeisters der Liedertafel Ferdinand Kitzinger in erhebender Weise den Hymnus.[A 6] Hierauf trat Bürgermeister k. Rath [Gustav] Dröxler[A 7] vor den Monarchen und hielt an ihn folgende Ansprache: Das Munizipium der königlichen Freistadt Preßburg hat aus Anlaß der fünfundzwanzigsten Jahreswende[A 8] der Krönung Eurer Majestät einstimmig und mit Begeisterung den Beschluss gefaßt, an dieser Stelle, wo bis zur jüngsten Zeit der Krönungshügel stand, ein Denkmal zu errichten. [...] Das Munizipium und die patriotische Bürgerschaft der königlichen Freistadt Preßburg, hat zur Verkörperung all' dieser Gefühle, die lieblichen Züge und die geheiligte Gestalt unserer Königin Maria Theresia gewählt [...] jener Königin, welcher unsere Stadt sowie das geliebte Vaterland auf allen Gebieten so viel epochale Errungenschaften und segensreiche Institutionen verdankt.[3]

Zerstörung des Denkmals

Zerstörung des Denkmals, Oktober 1921
Torso des zerstörten Denkmals
Trümmerreste des Denkmals nach der Zerstörung im Oktober 1921

Die neuen demokratischen Machthaber der im Jahre 1918 gegründeten Tschechoslowakei (ČSR) nahmen Anstoß an Kunstdenkmälern, die an die gestürzte Monarchie erinnerten oder sie sogar glorifizierten.[A 9] Der Stadtmagistrat hatte gleich nach der Besetzung der Stadt durch die tschechoslowakischen Legionäre Anfang 1919[A 10] das Maria Theresien-Denkmal aus Sicherheitsgründen mit Holzbrettern einschalen lassen. Dennoch wurde das Denkmal in der Nacht vom 20. zum 21. Oktober 1921 von marodierenden tschechoslowakischen Legionären zur Unkenntlichkeit zerschlagen.

Der Bildhauer Alois Rigele, der im gegenüber liegenden Lanfranconi-Palais wohnte, beobachtete die Ereignisse von seinem Fenster aus und verfasste darüber eine Denkschrift, deren Manuskript sich heute im Stadtarchiv der Stadt Bratislava befindet.

Der Rechtsanwalt und Schriftsteller Marcell Jankovics beschrieb die Zerstörung des Denkmals in seinem Buch Zwanzig Jahre in Preßburg:

Bereits am vorhergehenden Abend fand sich eine gut gelaunte und laut singende Truppe – von ausschließlich jenseits der March beheimateten Personen[A 11] – beim eingeschalten Denkmal ein. Mit ein paar Ungarn schauten wir der singenden Truppe zu. (...) Am kommenden Tag, bereits im Morgengrauen, erschienen – vor Nationalstolz strotzende – Individuen. Namenlose. Die Regierung Šrobár hatte sie geschickt. Ich war dabei und schaute ihrer „Arbeit“ volle zwei Tage lang zu. (...) Vom LKW aus wurden der Königin und den beiden Seitenfiguren Schlingen um den Hals gelegt. Der Motor des LKWs arbeitete aus voller Kraft. Das Drahtseil zerriss. Das zweite Drahtseil auch. Dann machten sich diese, ich weiß gar nicht, wie ich sie nennen soll, mit Hammer und Meißel bewaneten Individuen an die Arbeit. Sie verjüngten den Seitenfiguren die Stiefelschäfte, dem Ross die Beine, bis es endlich gelang, die Figuren vom Sockel herunter zu reißen. Am Boden konnte man dann die Marmorgesichter schänden und mit dem Hammer zerschlagen. Zwei volle Tage sah ich diesem Schauspiel wie im Delirium zu. (...) Dann ragten irgendwann nur die Stiefel der beiden Recken und die Unterläufe des Pferdes in den grauen Himmel des Herbstes. Die anwesende Polizeieinheit sah dem Treiben ungerührt zu. Nur dann und wann rührte sich ein Polizist, wenn jemand unerwartet versuchte, ein Stückchen Marmor vom Denkmal als Erinnerung aufzuheben. Oder dann, wenn jemand anfing zu protestieren.[4]

Noch im Jahr 1931 erinnerte sich einer an der Zerstörung beteiligten Legionäre, F. Knobloch, in einer Denkschrift:[5]

Wir stehen vor einem Denkmal, das ganz eingeschalt war, aber nach einigen Minuten war es von seiner hölzernen Schale befreit (…) der Anblick auf dieses riesige Denkmal wirkte auf mich überhaupt nicht besonders; es war offenkundig, dass das Denkmal nur durch seine Abmessungen imponieren sollte. Wie Eichhörnchen kletterten die Brüder in die steile Höhe (…) der Bruder Wenzel Šindler, als Fachmann, der steile Höhen gewöhnt ist, saß nach einer kurzen Weile der Maria Theresia auf der Achsel. Bis zum Abend arbeiteten die Brüder ausdauernd an der Beseitigung des Denkmals (…) Da sie nicht fertig wurden, versammelten sie sich auch den nächsten Abend bei dem beschädigten Denkmal. Diesmal waren die Brüder mit Hämmern ausgerüstet. Sie arbeiteten fleißig… Rundherum Stille – die ungarische Bevölkerung blickt verächtlich auf uns aus den Fenstern – was ist geschehen?[A 12]

1925 wurde auch der vom Denkmal verbliebene Sockel abgetragen und der Platz entsprechend begrünt. 1938 wurde am Standort des ehemaligen Maria-Theresien-Denkmals ein Monument vom Milan Rastislav Štefánik errichtet, die 1954 aus politischen Gründen ebenfalls entfernt wurde. Seit 1972 befindet sich an dieser Selle ein Denkmal von Ľudovít Štúr.

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts bemüht sich der 'Bratislavaer Verschönerungsverein' [slow. Bratislavský okrašľovací spolok][6] um eine Rekonstruktion des Denkmals und dessen Wiedererrichtung auf dem ursprünglichen Platz. Der Verein erstellte eine entsprechende Petition die er an die Stadtverwaltung richtete und sammelt Unterschriften zur Realisierung dieses Vorhabens. (siehe Link)

Literatur

  • Emil Portisch: Geschichte der Stadt Pressburg – Bratislava. 2 Bde. Pressburg – Bratislava 1932/1933.
  • Čs. legionári v oslobodenej Bratislavě [dt. „Tsch. Legionäre in befreiten Bratislava“], Bratislava 1931, S. 33–36. (tschechisch)
  • Štefan Holčík: Pozsonyi koronázási ünnepségek 1563–1830. Budapest 1986, ISBN 963-07-4218-7. (ungarisch)
  • Heimatblatt der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Österreich. (KLÖ), Wien 1987, Jg. 38, Nr. 1 u. 2.
  • P. Rainer Rudolf, Eduard Ulreich: Karpatendeutsches Biographisches Lexikon. (KDBL) Arbeitsgemeinschaft der Karpatendeutschen aus der Slowakei, Stuttgart 1988, ISBN 3-927096-00-8, S. 79.
  • Vladimír Horváth: Bratislavský topografický lexikon. Bratislava 1990, ISBN 80-222-0229-0. (slowakisch)
  • Anton Klipp: Der Krönungshügel zu Preßburg. Geschichte eines alten Platzes. In Karpatenjahrbuch 2005. Stuttgart, ISBN 80-88903-60-2.
  • Anton Klipp: Preßburg. Neue Ansichten zu einer alten Stadt. Karpatendeutsches Kulturwerk, Karlsruhe 2010, ISBN 978-3-927020-15-3, S. 70ff.
  • Marcell Jankovics: Zwanzig Jahre in Preßburg (1919–1939). Deutsche Übersetzung (Fußnoten und Erläuterungen) von Anton Klipp. Karlsruhe 2017, ISBN 978-80-8175-029-8, S. 102–115.
Commons: Maria-Theresien-Denkmal zu Preßburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Károly Neiszidler, dt. Karl Neisiedler (1832–1918?) war ursprünglich katholischer Priester, ließ sich 1850 in Preßburg nieder. Seit 1884 war er Abgeordneter der Stadt Preßburg im Ungarischen Reichstag.
  2. Die „Kuruzen“ [aus dem lat. „cruciati“] waren die kämpfende Einheit der Fürsten von Siebenbürgen während der antihabsburgischen Aufstände im 17. und 18. Jh.
  3. Ab 1876 in Österreich-Ungarn benutztes Gewichtsmaß: Ein Meterzentner (MZ) = metrischer Zentner = 100 Pfund = 50 kg.
  4. Kálmán Thaly (* 3. Januar 1839 in Csép, Komitat Gran, † 26. September 1909 in Zablát, Komitat Trentschin) Dichter und Schriftsteller, Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und Abgeordneter im Ungarischen Reichstag.
  5. Im Jahr 1892 wurde in Österreich-Ungarn der Gulden durch die Krone zu 100 Heller ersetzt. Bis zum 1. Januar 1900 war der Gulden (fl.) neben der Krone (K) gültiges Zahlungsmittel, der Umrechnungskurs lag bei zwei Kronen für einen Gulden.
  6. Himnusz ist der offizielle Name der ungarischen Nationalhymne.
  7. Gustav Dröxler war zwischen 1889 und 1898 erster Bürgermeister der Stadt Preßburg.
  8. Das Datum bezieht sich auf die Konstituierung des Denkmal-Gründungskomitees am fünfundzwanzigsten Jahrestag der Krönung Franz Josephs am 8. Juni 1892 und nicht auf das Jahr der Einweihung (1897).
  9. Außer dem Maria-Theresia-Denkmal waren es noch die Monumente „des Deutschen“ Johann Nepomuk Hummel und „des Ungarn“ Sándor Petőfi.
  10. In der Nacht vom 31. Dezember 1918 auf den 1. Januar 1919 wurde Preßburg vom 33. Scharfschützenregiment der italienischen Legion militärisch besetzt. (Anton Klipp: Preßburg, S. 32; siehe Literaturverzeichnis)
  11. Mit dieser Bemerkung waren Tschechen gemeint.
  12. Tschechischer Originaltext: Stojíme před pomníkem, který byl celý zadebněn a o nekolika minutách pomník zbaven dřeveneho obalu (…) pohled na tento obrovský pomník nepůsobil na mne nijak zvláštne; bylo zřejmo, že pomník měl pouze ohromovati svými rozmery. Jako veverky lezli bratři do strmé výše (…) brat Václav Šindler, jenž jako odborník, zvyklý po výškách, v malé chvílce seděl Marii Terezii na ramenu. Až do tmy pracovali bratři vytrvale na odklízení sochy (…) Proto druhého večera sešli se u zhomoleného pomníka opět. Tentokrát byli bratři opatreni kladivy. Pracovali pilně… Kolem dokola ticho – maďarské obyvatelstvo z oken hledí potupne na nás – co se to stalo?“

Einzelnachweise

  1. Artikel in: Neues Wiener Journal, 16. Mai 1897, S. 1 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwj
  2. Angaben aus „Der alte Krönungshügel“ (JHD), abgedruckt in Hbl. Jg. 38, Jänner/Februar und Mai/April 1987 (siehe Literatur)
  3. Preßburger Zeitung – Abendblatt vom 17. Mai 1897, S. 3
  4. Marcell Jankovics: Zwanzig Jahre in Preßburg (1919–1939). Deutsche Übersetzung (Fußnoten und Erläuterungen) von Anton Klipp, Karlsruhe 2017, ISBN 978-80-8175-029-8, S. 102 bis 115
  5. F. Knobloch: Z mých bratislavských vzpomínek [dt. „Aus meinen Bratislavaer Erinnerungen“] zit. in Čs. legionári v oslobodenej Bratislavě [dt. „Tsch. Legionäre in befreiten Bratislava“]. Bratislava 1931, S. 33–36.
  6. Der 'Bratislavaer Verschönerungsverein' (BOS) betrachtet sich als Nachfolger des 1868 vom damaligen Bürgermeister Preßburgs Heinrich von Justi (* 1804, † 1878) gegründeten Preßburger Verschönerungsvereins, der nach der Vertreibung der Deutschen im Jahre 1945 seine Arbeit einstellte.

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