Margit Osterloh
Biografie
Osterloh studierte bis 1970 Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin und schloss als Diplom-Ingenieurin ab. Nach einer sechsjährigen Tätigkeit in der Industrie und einem Stipendium am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin promovierte sie 1981 an der Freien Universität Berlin. 1990 folgte die Habilitation an der Universität Erlangen-Nürnberg bei Horst Steinmann. Osterloh hatte bis zur Emeritierung im Jahr 2009 eine ordentliche Professur für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Zürich inne. Von 2010 bis 2013 war sie Professor of Management Science an der Warwick Business School, University of Warwick, UK. Von 2013 bis 2015 war sie Gastprofessorin an der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Margit Osterloh ist Forschungsdirektorin von CREMA (Center for Research in Economics, Management and the Arts) in Zürich sowie permanente Gastprofessorin an der Universität Basel im Rahmen von CREW (Center for Research in Economics and Well-Being).
Osterloh hat einen Ehrendoktor von der Leuphana Universität Lüneburg. Sie war von 2005 bis 2011 Mitglied des Deutschen Wissenschaftsrates. Sie hatte mehrere Aufsichts- und Verwaltungsratsmandate in der Schweiz und in Deutschland inne. Sie ist Mitglied des Universitätsrates der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.[2] Seit 2018 ist sie Ehrenmitglied des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft (VHB).[3]
Forschung
Die Forschungsgebiete von Margit Osterloh umfassen Organisations- und Unternehmenstheorien, Innovations- und Technologiemanagement,[4] Prozessmanagement, Knowledge Management, Vertrauensmanagement, Wissenschaftstheorie, Gender Economics, Corporate Governance, Research Governance, Migration und aleatorische Demokratie. In der Öffentlichkeit hat sie sich zu folgenden Forschungs-Themen geäußert.
Managementgehälter
Osterloh setzt sich für den Abbau variabler Boni für das Management ein und argumentiert, dass bei anspruchsvollen Tätigkeiten variable Entlohnung die Kreativität und intrinsische Motivation in der Arbeit behindert.[5][6][7][8][9]
Corporate Governance
Margit Osterloh argumentiert gegen einen Shareholder-Value-Ansatz und plädiert für die Entscheidungsbeteiligung in Aufsichts- und Verwaltungsräten von Anspruchsgruppen (Stakeholder).[10][11][12]
Rankings in der Wissenschaft
Im August 2012 startete Osterloh gemeinsam mit Alfred Kieser einen Aufruf an andere BWL-Professoren, das zur Neuauflage anstehende Handelsblatt Betriebswirte-Ranking zu boykottieren. Nachdem das Handelsblatt in einem Blogbeitrag über diesen Aufruf Kiesers und Osterlohs berichtete,[13] nahmen beide Professoren in einem von ihnen neu geschaffenen Internet-Blog Stellung zu der Darstellung des Journalisten.[14] In verschiedenen Artikeln argumentiert sie zusammen mit Alfred Kieser und Bruno S. Frey gegen Rankings und Impact-Faktoren als Qualitäts-Kriterium in der Wissenschaft.[15][16]
Frauen in Führungspositionen
Osterloh setzt sich für Quoten ein und argumentiert auch für partielle Zufallsauswahl von Frauen in Führungspositionen aus einem sorgfältig ausgewählten Pool. Dies als Gegenmassnahme gegen die durchschnittlich höhere Wettbewerbsaversion von Frauen im Vergleich zu Männern.[17][18][19]
Migrationsproblematik
Zusammen mit Bruno S. Frey veröffentlichte Margit Osterloh einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.[20] In Analogie zum Genossenschaftsmodell schlagen sie vor, dass Flüchtlinge einen Anteilschein zum Eintritt ins Land erwerben können. Sie erhalten dann im Gegenzug eine Arbeitsbewilligung. Anerkannten politischen Asylanten wird die Gebühr zurückerstattet. Die derzeit inhumane und lebensgefährliche Abwehr von Flüchtlingen und die Ausbeutung durch kriminelle Schlepper wird dadurch abgebaut. Flüchtlinge erhalten eine kalkulierbare Perspektive und Anreize für die Integration. Der Vorschlag bietet sowohl Vorteile für die Aufnahme- und Herkunftsländer als auch für die Migranten.
Wiederbelebung des kontrollierten Zufalls als Entscheidungsmechanismus
Zusammen mit Bruno S. Frey und Katja Rost argumentiert Osterloh für eine Rückbesinnung auf zufallsbasierte oder aleatorische Elemente, wie sie im klassischen Athen und bis zur Neuzeit in zahlreichen europäischen Gemeinwesen zum Einsatz kamen. Dies dient – vergleichbar den Qualitätszirkeln in Unternehmen – der Aktivierung des Wissens und des Engagements der Bevölkerung, der Stärkung der Partizipation sowie dem Abbau von Ungleichheit und Eliten-Dominanz. Sie hat zusammen mit Katja Rost ein Sonderheft der Zeitschrift Führung Und Organisation zum Thema "Führung und Zufall" herausgegeben, in dem verschiedene Aspekte des Einsatzes des Entscheidungsmechanismus "Zufall" im Management und in der Gesellschaft dargestellt werden.[21][22][23]
Weblinks
- Literatur von und über Margit Osterloh im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Margit Osterloh auf der Website der Universität Zürich
- Prof. Dr. Dr. h. c. Margit Osterloh auf der Website der Universität Zürich, Gleichstellung
- David Werner: Auf Umwegen zum Lehrstuhl. Porträt (PDF), Universität Zürich, Gleichstellung, Juni 2011.
Einzelnachweise
- Lebenslauf (Memento vom 17. Oktober 2007 im Internet Archive) (PDF; 94 kB), Website der Universität Lüneburg, abgerufen am 13. Juli 2011.
- Universitätsrat. FAU Erlangen-Nürnberg, abgerufen am 3. Dezember 2020 (deutsch).
- Impulsgebend und richtungsweisend, Website des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft, 29. Mai 2018, abgerufen am 29. April 2019.
- Luethi, Roger; Osterloh, Margit: Wikipedia: ein neues Produktionsmodell und seine rechtlichen Hürden. In: Innovation, Recht und öffentliche Kommunikation. Berlin 2011, S. 211–232, doi:10.5167/uzh-60198.
- Stop tying pay for performance. The evidence is overwhelming: It doesn’t work. Abgerufen am 16. März 2017.
- Motivate people with prizes. Abgerufen am 16. März 2017.
- Schafft den Leistungslohn ab! Abgerufen am 16. März 2017.
- Variable pay-for-performance is a folly. Abgerufen am 16. März 2017.
- Für eine manipulationsresistente Management-Entlöhnung. Abgerufen am 16. März 2017.
- Stephan Rothlin Interview mit Professors Margit Osterloh und Bruno S. Frey. Abgerufen am 16. März 2017.
- Die Firma als Freund, Helfer und Nutzniesser der Allgemeinheit. Abgerufen am 16. März 2017.
- Eine Firma gehört nicht nur den Aktionären. Abgerufen am 16. März 2017.
- Handelsblatt-Blog (28. August 2012):BWL-Forscher rufen zum Boykott des Handelsblatt-Rankings auf – mit Update (Memento vom 30. August 2012 im Internet Archive), Zugriff am 29. August 2012
- "Handelsblatt-Ranking-Blog", Zugriff am 30. August 2012
- Doppelt-Blind-Begutachtung und Impact-Faktor. Wider die Diktatur akademischer Fetische. Archiviert vom am 16. März 2017; abgerufen am 16. März 2017.
- How to avoid borrowed plumes in academia. Abgerufen am 5. September 2019.
- Room at the top: how to redress the gender imbalance. Abgerufen am 16. März 2017.
- Lehmann Sisters statt Lehmann Brothers. Abgerufen am 2. September 2019.
- How to prevent leadership hubris? Comparing competitive selections, lotteries, and their combination. Abgerufen im Oktober 2020.
- Verlangt von Flüchtlingen Eintrittspreise! Abgerufen am 16. März 2017.
- Demokratie und Lotterie. Abgerufen am 16. März 2017.
- Dealing with Randomness. Abgerufen am 2. September 2019.
- Zuallsentscheidungen in Management, Forschung und Politik. Abgerufen am 27. Oktober 2020.