Médée (Charpentier)

Médée (H. 491) ist eine Oper (Originalbezeichnung: Tragédie en musique) in einem Prolog und fünf Akten von Marc-Antoine Charpentier nach einem Libretto von Thomas Corneille.

Werkdaten
Originaltitel: Médée

Titelblatt des Librettos, Paris 1693

Form: Tragédie lyrique in einem Prolog und fünf Akten
Originalsprache: Französisch
Musik: Marc-Antoine Charpentier
Libretto: Thomas Corneille
Uraufführung: 4. Dezember 1693
Ort der Uraufführung: Palais-Royal, Paris
Spieldauer: ca. 3 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Korinth (Griechenland), mythische Zeit
Personen

Prolog

  • La Victoire/der Sieg (Sopran)
  • La Gloire/der Ruhm (Sopran)
  • Bellonne (Alt)
  • zwei Schäferinnen (2 Soprane)
  • Anführer des Volks (Bass)
  • ein Schäfer (Tenor)
  • Bewohner der Seinelandschaft, heroische Schäfer (Chor)

Handlung

  • Créon/Kreon, König von Korinth (Bass)
  • Médée/Medea, Prinzessin von Kolchis (Sopran)
  • Nérine, Vertraute Médées (Sopran)
  • Créuse/Kreusa, Tochter Créons (Sopran)
  • Cléone, Vertraute Créuses (Sopran)
  • L’Amour/die Liebe (Sopran)
  • eine Italienerin (Sopran)
  • zwei Gespenster (2 Soprane)
  • Jason, Prinz von Thessalien (Tenor)
  • Arcas, Vertrauter Jasons (Tenor)
  • Oronte, Prinz von Argos (Bariton)
  • zwei Korinther (Tenor, Haute-Contre)
  • zwei Argier (Haute-Contre, Bass)
  • La Jalousie/die Eifersucht (Tenor)
  • La Vengeance/die Rache (Bass)
  • drei Gefangene (Sopran, Alt, Haute-Contre)
  • Korinther, Bewohner von Argos, Gefolge Créons, Gefolge Orontes, Gefangene von L’Amour, Dämonen, Wachen, Geister (Chor)

Handlung

Prolog

Ländliche Gegend, von der Natur verschönert, mit Felsen und Wasserfällen

Eine Gruppe von Schäfern und Hirten huldigt Ludwig XIV. In einem Palast erscheinen als allegorische Figuren der Sieg, der Ruhm und Bellona. Sie erklären, dass sie auf der Seite Ludwigs stehen und dass der Krieg nicht das Schauspiel stören wird, in dem die Liebe besungen wird.

Erster Akt

Öffentlicher Platz mit Triumphbogen, Statuen und Trophäen auf Sockeln

[Médée und Jason befinden sich zurzeit unter dem Schutz von König Créon von Korinth. Der thessalische Herrscher Akastos fordert von Créon als Rache für den Tod seines Vaters Pelias Medeas Auslieferung. Oronte, König von Argos, wird nach Korinth kommen, um mit Créon ein Bündnis gegen Thessalien zu schließen. Als Pfand für das Bündnis ist ihm Créons Tochter Créuse versprochen.]

Médée empört sich bei ihrer Vertrauten Nérine über Jason, den sie für untreu hält. Nérine weist darauf hin, dass Créuse bereits Oronte versprochen ist und Jason deshalb wohl kaum Hoffnungen auf sie hege. Jason kehrt von einer Unterredung mit Créuse zurück. Créon hat noch keine Entscheidung getroffen, aber Jason hofft, dass Créuse sich bei ihrem Vater für seinen und Medeas Schutz einsetzt.

Als Médée gegangen ist, eröffnet Jason Arcas, dass er Créuse liebt. Er bringt es aber nicht übers Herz, dies Médée zu gestehen. Arcas warnt ihn davor, was Médée in Verzweiflung zu tun imstande wäre.

Oronte wird feierlich empfangen, aber wegen seiner Heirat wird er von Créon vertröstet.

Zweiter Akt

Vorhalle mit einem großen Säulengang

Créon versichert Médée seines Schutzes, verlangt dafür aber von ihr, seinen Hof zu verlassen, weil ihre Anwesenheit dort vom Volk mit Unmut gesehen wird. Gleichzeitig muss Jason bei Créon bleiben, um dessen Reich zu verteidigen. Médée macht sich zur Abreise bereit und überlässt ihre Kinder Créuse zur Obhut.

Bei einer Unterredung zwischen Créon und Créuse wird klar, dass eine Verbindung zwischen Créuse und Jason bereits beschlossen ist. Sowohl Médée als auch Oronte sind also getäuscht worden.

Der Akt endet mit einem Divertissement der Gefangenen der Liebe.

Dritter Akt

Beschwörungsort Médées

Médée und Oronte beklagen der Verrat derer, die sie lieben. Als Jason zu Médée kommt, hält sie ihm vor, ihre Verbannung zu erlauben. Er erwidert, dass sie nach dem Krieg wieder zusammenkommen werden.

Nérine berichtet Médée von Jasons Treulosigkeit, die sie von Arcas erfahren hat. Médée schwört Rache, wenn auch Nérine davor warnt, dass sie sich nur selbst bestraft, wenn sie Jason bestraft.

Médée beschwört die Geister der Unterwelt, die ihr einen Hexenkessel bringen. Ein Gift wird angemischt, um ein Kleid zu vergiften, das sie Créuse schenken wird.

Vierter Akt

Vorhof eines Palasts, im Hintergrund ein prächtiger Garten

Jason und Cléone bewundern Créuse in ihrem neuen Kleid. Médée kommt zu Créon und verlangt, dass die Ehe zwischen Oronte und Créuse sofort geschlossen werde. Créon verspottet sie und befiehlt seinen Wachen, sie zu ergreifen. Darauf verzaubert Médée die Wachen, die nun den König festhalten. Schließlich überantwortet sie ihn dem Wahnsinn.

Fünfter Akt

Der Palast Médées

Bild aus dem Libretto, Amsterdam 1695

Gegenüber Nérine schwört Médée, dass sie auch Jasons Kinder in ihre Rache einbeziehen wird. Créuse erfleht von ihr, das Unheil von ihrem Vater zu nehmen, doch Médée fordert von ihr die sofortige Heirat mit Oronte.

Cléone kommt dazu und berichtet, dass Créon mit Orontes Schwert diesem und sich selbst das Leben genommen hat. Créuse verflucht Médée und verspricht, dass Jason dieses Verbrechen rächen wird. Doch Médée berührt sie mit ihrem Stab, und das Gift in ihrem Kleid entfaltet seine Wirkung.

Créuse stirbt in Jasons Armen, und er schwört Rache. Médée erscheint in der Luft auf einem Drachen sitzend, sagt ihm, dass sie seine Kinder getötet habe, und entschwindet. Die Statuen des Palastes fallen um, und Dämonen setzen den Palast in Brand.

Instrumentation

Die Orchesterbesetzung der Oper enthält die folgenden Instrumente:[1]

Werkgeschichte

Titelblatt der Partitur, Paris 1694
MÉDÉE, Staatsoper unter den Linden (2023) Berlin, Leitung Simon Rattle, inszeniert von Peter Sellars

Die Uraufführung fand am 4. Dezember 1693 im Palais-Royal statt. In den Hauptrollen sangen Marthe Le Rochois (Médée), Françoise Moreau (Créuse), Dumesnil (Jason) und Jean Dun (Créon).[2]

Die Oper wurde gut angenommen, mehrmals wiederholt und im Mercure galant wohlwollend besprochen. Im folgenden Jahr wurde die Partitur im Druck veröffentlicht. Trotzdem war dem Werk – anders als Lullys Tragödien – kein langes Leben beschieden. Es waren geistliche Werke, denen Charpentier seine Bekanntheit verdankte. Als Pech muss gelten, dass er sich mit Médée auf das weltliche Feld wagte, als zeitgleich Gläubige einer Pariser Pfarrgemeinde die Moralität des Theaters im Allgemeinen und der Oper im Besonderen zu Diskussion stellten. Kritische und Verteidigungsschriften gingen hin und her, bald waren Sängerinnen als spezielles Ziel „babylonische Mädchen“ oder „Sirenen“, die Seelen „durch die Ohren“ zu vergiften und zu töten fähig sein sollten. Jean-Nicolas de Francine, zu jener Zeit Leiter der Académie royale de musique, verlor durch die baldige Absetzung des Stücks viel Geld, das er für dessen Produktion ausgegeben hatte.[3] Nur für 1711 ist eine mögliche Wiederaufnahme in Lille dokumentiert.

Eine Wiedergeburt erlebte die Oper erst wieder Ende des 20. Jahrhunderts. William Christie spielte sie zweimal ein, zuerst 1984. Im gleichen Jahr fand die erste szenische Aufführung an der Opéra de Lyon unter der Regie von Robert Wilson statt.

Literatur

  • Corinna Herr: Medeas Zorn. Eine „starke Frau“ in Opern des 17. und 18. Jahrhunderts. Herbolzheim 2000.
  • Valérie Sinn: Medea und Médée. Motivation der Rache bei Seneca und Thomas Corneille. In: Antike und Abendland Bd. 54, 2008, S. 141–159
Commons: Médée – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Herbert Schneider: Médée. In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Band 1: Werke. Abbatini – Donizetti. Piper, München/Zürich 1986, ISBN 3-492-02411-4, S. 550–551.
  2. 1693 – Médée à l’Opéra auf charpentier.culture.fr, abgerufen am 15. Juni 2017.
  3. Jérôme de La Gorce: L'Opéra à Paris au temps de Louis XIV. Histoire d'un théâtre, Paris 1992, S. 92–95.
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