Luftleitung (Hochfrequenztechnik)

Als Luftleitung[1] (englisch air line)[2] bezeichnet man in der Hochfrequenztechnik eine besonders präzise hergestellte, meist koaxial aufgebaute elektrische Leitung, die zur Halterung des Innenleiters keine dielektrischen Stützen, sondern nur Luft enthält.

Außenleiter (links) und noch nicht montierter Innen­leiter einer koaxialen Luft­leitung. Der Innen­durchmesser D des Außen­leiter­rohrs beträgt sehr genau 7 mm.

Grundlagen

Mit der sehr genau bekannten Permittivität von Luft (die relative Permittivität von Luft unter Normalbedingungen beträgt εr  1,00059) erreicht man eine hochgenaue Realisierung des Leitungswellenwiderstandes ZL (Impedanz). Dieser Wellenwiderstand berechnet sich aus

  • dem exakt bekannten Wellenwiderstand des Vakuums Z0
  • sowie den mechanischen Abmessungen der Leitung
    • Innendurchmesser D des Außenleiterrohrs
    • Außendurchmesser d des Innenleiterstabes zu:
Querschnitt einer Luftleitung

Bei präziser Herstellung von Außen- und Innenleiter, die mit Toleranzen von wenigen Mikrometern (µm) gefertigt werden können, erhält man eine Luftleitung, deren Impedanz um weniger als 0,1 Ω vom gewünschten Referenzwert (meist 50 Ω) abweicht.

Anwendungen

Die Luftleitung wird in der Hochfrequenzmesstechnik als Impedanznormal mit besonders geringem Reflexionsfaktor eingesetzt, beispielsweise zur Überprüfung (Verifikation) der Messgenauigkeit von Messgeräten wie Netzwerk­analysatoren.[3] Der Reflexionsfaktor r der Luftleitung lässt sich berechnen aus ihrem Leitungswellenwiderstand ZL und der Referenzimpedanz (beispielsweise 50 Ω):

Maximale Reflexionsfaktoren qualitativ hochwertiger Luftleitungen betragen zwischen 0,2 % und 0,5 %. Umgerechnet in Reflexionsdämpfung a (Rückflussdämpfung):

ergeben sich Werte von:

  • 46 dB (r = 0,5 %) und
  • 54 dB (r = 0,2 %).

Luftleitungen sind praktisch in einem sehr großen Frequenzbereich etwa ab 1 GHz bis hinauf zu über 50 GHz (abhängig von den Anschlusstypen) einsetzbar und kommerziell erhältlich.[4] Zu niedrigen Frequenzen wird der Einsatzbereich von Luftleitungen durch den Skin-Effekt begrenzt: aufgrund der endlichen Leitfähigkeit der verwendeten Leiter­materialien (oberflächlich meist Gold mit einer spezifischen Leitfähigkeit σ  45·106 S/m) steigt nämlich die Eindring­tiefe der elektro­magnetischen Wellen zu niedrigen Frequenzen hin immer mehr an. Dies führt zu einer effektiven Vergrößerung des (elektrischen) Durchmesser­unterschiedes von Außen- zu Innenleiter und somit zu einer Impedanz­erhöhung. Diese beträgt bei 3 GHz bereits etwa 20 mΩ und ist umgekehrt proportional zur Wurzel aus der Frequenz, das heißt mit fallender Frequenz steigt sie weiter an.

Reusenleitung eines Lang­wellen­senders für 225 kHz (rechts im Hinter­grund der 330 m hohe Sendemast des polnischen Rundfunk­senders Solec Kujawski)

Ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Luftleitungen ist auch eine geringe Rauheit der Oberfläche in der Größenordnung von weniger als einem Mikrometer (<1 µm). Die typische Länge einer Luftleitung beträgt 300 mm.[5]

Koaxiale Luftleitungen werden auch in großen Abmessungen aus Drähten realisiert, um hohe Leistungen im Langwellen- und Mittelwellenbereich zu übertragen, beispielsweise zwischen Sendehaus und Sendemast (Bild). Sie werden als Reusenleitungen bezeichnet.

Darüber hinaus gibt es auch nicht-koaxiale Luftleitungen. Ein Beispiel sind koplanare Luftleitungen, die bei Prüfspitzen von Wafer-Probern verwendet werden.

Einzelnachweise

  1. Meinke/Gundlach: Taschenbuch der Hochfrequenztechnik, Band 1 – Grundlagen, Springer, 1992, S. 36. ISBN 3-540-54714-2.
  2. Operation and Maintenance Manual for Air Lines von Anritsu, 1990, S. 1. PDF; 85 kB (englisch), abgerufen am 3. Mai 2018.
  3. Mathematikgestützte Kalibrierung von Vektornetzwerkanalysatoren (unter Verwendung einer Präzisions-Luftleitung). Abteilungsnachricht der PTB, 2008, abgerufen am 2. Mai 2018.
  4. Luftleitung bis 40 GHz von Rosenberger Hochfrequenztechnik, abgerufen am 2. Mai 2018.
  5. Operation and Maintenance Manual for Air Lines von Anritsu, 1990, S. 1. PDF; 85 kB (englisch), abgerufen am 3. Mai 2018.
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