Luftqualität
Die Luftqualität (Luftgüte) beschreibt die Beschaffenheit der Luft bezogen auf den Anteil der darin enthaltenen Luftverunreinigungen.
Laut der stellvertretenden WHO-Generaldirektorin Flavia Bustreo sei Luftverschmutzung „einer der hauptsächlichen Gründe für Krankheiten und Tod“.[1]
Die Luftqualität wird durch zahlreiche in Gesetzen oder Verordnungen festgelegte Grenz- oder Richtwerte bestimmt. Die Überwachung der Luftqualität erfolgt mit Immissionsmessnetzen[2], deren Messstationen unter anderem an viel befahrenen Straßen (hot spots) oder auch in Wäldern (Hintergrundwerte) liegen können.
Zur Luftqualität in Räumen von Gebäuden siehe Innenraumluft.
Messnetze
Zur Überwachung der Luftqualität werden von den zuständigen Behörden Messnetze betrieben, die aus einer unterschiedlich großen Zahl an Einzelmessstationen bestehen. Die Einzelmessstationen arbeiten i. d. R. unabhängig voneinander und können auch innerhalb eines Messnetzes über eine unterschiedliche Ausstattung verfügen. Moderne Einzelmessstationen übertragen die Messergebnisse vollautomatisch an Zentralrechner.
Messnetze in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Die folgende Zusammenstellung zeigt ausgewählte Messnetze in Deutschland, Österreich und der Schweiz:
Stadt / Land | Name | Zahl der Messstationen Oktober 2012 (zum Vergleich Juli 2006) | Bemerkungen | Link |
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Berlin (Deutschland) | Berliner Luftgütemessnetz (BLUME) | 16 (21) | In Betrieb seit 1975; Verkehrs- und Hintergrundstationen | BLUME |
Bremen (Deutschland) | Bremer Luft UEberwachungs System (BLUES) | 10 | Beginn 1987 mit einer Station; Verkehrs- und Hintergrundstationen | BLUES |
Hessen (Deutschland) | Luftmessnetz Hessen | 72 (seit 2022) | Messendatenportal | |
Niedersachsen (Deutschland) | Lufthygienisches Überwachungssystem Niedersachsen | 25 | LÜN | |
Nordrhein-Westfalen (Deutschland) | Luftqualitätsüberwachungssystem des Landes Nordrhein-Westfalen (LUQS NRW) | 62 (74) | Verkehrs- und Hintergrundstationen; durch zeitlich befristete Messstationen (MILIS) ergänzt | LUQS |
Rheinland-Pfalz (Deutschland) | ZentralesImmissionsMEmessNetz des Landes Rheinland-Pfalz (ZIMEN) | 33 | U.a. Verkehrs- und Hintergrundstationen | ZIMEN |
Bundesland Salzburg (Österreich) | SAlzburger Luftgüte Informations- System (SALIS) | 12 | erstes EDV-gestütztes Messnetz (Salis I) 1984 installiert; derzeitiges Messnetz (Salis IV) 1995 in Betrieb genommen | Salis |
Schweiz | Nationales Beobachtungsnetz für Luftfremdstoffe (NABEL) | 16 | Beginn 1978 mit acht Stationen | NABEL |
Schweiz | Carbosense 4D | 300 (seit 2017) | CO2-Messsystem | Carbosense 4D |
Bewertung der Luftqualität
Die Kriterien für die Beurteilung der Luftqualität in Europa werden seit einigen Jahren nicht mehr nur national, sondern europaweit festgelegt. Dies geschieht in sog. Richtlinien oder Verordnungen. Die in diesen Richtlinien bzw. Verordnungen genannten Grenz- oder Richtwerte müssen dann innerhalb ebenfalls dort festgelegter Zeiträume eingehalten werden. So legt zum Beispiel die Feinstaub-Richtlinie der EU fest, dass ab dem 1. Januar 2005 der Tagesmittelwert von Feinstaub (PM10) bei 50 µg/m3 liegt und an maximal 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Werden Grenzwerte nicht eingehalten, können Sanktionen verhängt werden.
Die aktuell gültigen Regelungen der EU sind in der sog. Luftqualitätsrichtlinie (Richtlinie 2008/50/EG) zusammengefasst, die am 11. Juni 2008 in Kraft getreten ist. Die Vorgaben dieser EU Richtlinie wurden in Deutschland im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in nationales Recht umgesetzt und in der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV), konkretisiert. Werden Luftqualitätsgrenzwerte nicht eingehalten, werden in der Regel von den betroffenen Städten und Kommunen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergriffen, die im sog. Luftreinhalteplan dargestellt und hinsichtlich ihrer Wirkung bewertet werden.
Während ein Grenzwert strikt eingehalten werden muss, d. h. nicht überschritten werden darf, gibt ein Zielwert einen meist zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erreichenden Höchstwert an. Zielwerte sind häufig nicht strikt verbindlich. |
Einen einheitlichen Luftqualitätsindex zur Bewertung der Luftqualität gibt es nicht[3]. Beispiele für allgemein verständliche Kriterien zur Beurteilung der Luftqualität sind der Wiener Luftgüteindex und der Luftqualitätsindex des Umweltbundesamts.
Wiener Luftgüteindex
Der Wiener Luftgüteindex enthält ein Bewertungsschema, das durch die Verwendung von Smileys in entsprechenden Farben und einer Erläuterung der Bedeutung die jeweils getroffene Bewertung der Luftqualität an Messstationen in Wien (Österreich) sehr einfach ermöglicht.
Bewertung | Symbol[5] und Kennfarbe | Index | Bedeutung |
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sehr gut | 1 | Negative Auswirkungen auf Ökosysteme sind nach derzeitigem Wissensstand wenig wahrscheinlich. | |
gut | 2 | Alle Gesundheitsschutz-Grenzwerte sind eingehalten. Auswirkungen auf Ökosysteme sind nicht mehr auszuschließen. | |
befriedigend | 3 | Die Gesundheitsschutz-Grenzwerte sind meist noch eingehalten. Auswirkungen auf Ökosysteme sind in zunehmendem Maße möglich. | |
unbefriedigend | 4 | Die Messwerte befinden sich auf dem Niveau von Gesundheitsschutz-Grenzwerten. Gesundheitliche Beeinträchtigungen empfindlicher Personen können vereinzelt auftreten. | |
schlecht | 5 | Die Gesundheitsschutz-Grenzwerte sind überschritten. Gesundheitliche Beeinträchtigungen empfindlicher Personen sind möglich. Die Bevölkerung wird verstärkt über die Schadstoffsituation informiert. | |
sehr schlecht | 6 | Die Messwerte befinden sich in der Höhe von Alarmschwellen. Die Gesundheitsschutz-Grenzwerte sind deutlich überschritten. Gesundheitliche Beeinträchtigungen aller Personen sind möglich. |
Die Zuordnung von Luftmesswerten zum Schadstoffindex wird anhand eines einfachen Bewertungsschemas vorgenommen:
Bewertung | Index | Ozon, O3, 1h-Mittel, µg/m3 | Feinstaub, PM10, 24h-Mittel, µg/m3 | Stickstoffdioxid, NO2, ½h-Mittel, µg/m3 | Schwefeldioxid, SO2, ½h-Mittel, µg/m3 | Kohlenmonoxid, CO, 8h-Mittel, mg/m3 |
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Sehr gut | 1 | 0 - 60 | 0 - 20 | 0 - 45 | 0 – 50 | 0 – 2,5 |
Gut | 2 | 61 - 90 | 21 - 35 | 46 - 100 | 51 - 85 | 2,6 - 3,5 |
Befriedigend | 3 | 91 - 130 | 36 - 50 | 101 - 140 | 86-120 | 3,6-5,0 |
Unbefriedigend | 4 | 131 - 180 | 51 - 100 | 141 - 200 | 121-200 | 5,1-10,5 |
Schlecht | 5 | 181 - 240 | 101 - 150 | 201 - 400 | 201 - 500 | 10,6 - 20,5 |
Sehr schlecht | 6 | ab 241 | ab 151 | ab 401 | ab 501 | ab 20,6 |
Luftqualitätsindizes Baden-Württemberg
Ein erweiterter aktueller Ansatz stammt aus Baden-Württemberg.[6] Dieses Bundesland verwendet einen tagesbezogenen und einen jahresbezogenen Luftqualitätsindex, um die Bevölkerung auf allgemein verständliche Weise im Schulnotensystem über die kurz- und längerfristige Entwicklung der Luftqualität zu informieren. Die Auswahl der Luftschadstoffe und das zugehörige Bewertungssystem berücksichtigen die gesetzlichen Grenzwerte, die Wirkungen auf den Menschen und Relevanz für die Umwelt. Ein entsprechender Datendienst ist seit Februar 2007 online. Die Jahreswerte können für die zurückliegenden 10 Jahre abgerufen werden. Für die Ballungsräume liegen Darstellungen für die Zeit seit 1985 vor.
Schweiz
In der Schweiz gibt es das Nationale Beobachtungsnetz für Luftfremdstoffe (NABEL).Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) veröffentlichen jedes Jahr einen Bericht zur Luftqualität. Die Messungen belegen, dass sich die Luftqualität in den letzten Jahrzehnten stark verbessert hat.[7][8]
2022 wurden auf der Alpensüdseite teilweise die Grenzwerte für lungengängigen Feinstaub (PM2,5) überschritten. An allen 16 NABEL-Station wurde zeitweise der Grenzwert für Ozon überschritten,[7] ebenso 2021.[9]
Entwicklungen
In Deutschland werden vom Umweltbundesamt und von den Landesämtern regelmäßige Messungen vorgenommen und ausgewertet. So haben im Jahre 2013 vorrangig Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2) die Luftqualität beeinflusst, was sich sodann auf die menschliche Gesundheit ausgewirkt hat. Die Werte für NO2 hatten sich zum Vorjahr nahezu gleich gehalten. Den Immissionsgrenzwert für NO2 (40 µg/m³ als Jahresmittelwert) überschritten die Hälfte aller städtischen, verkehrsnahen Messstellen. Der Feinstaubwert wurde an drei Prozent der Messstellen überschritten. Allerdings gibt die WHO strengere Empfehlungen vor als in Deutschland gesetzt werden. Es werden für PM10 (Partikel unter 10 µm) 20 µg/m³ im Jahresmittel empfohlen, diesen Wert überschritten 2013 dann 51 % aller deutschen Messstellen. Es wird auf 47.000 Todesfälle infolge von hohen Feinstaubbelastungen geschlossen. Bei Ozon hielten acht Prozent der Messstationen nicht ein: 120 µm/m³ an höchstens 25 Tagen im Jahr über drei Jahre gemittelt. Die allgemeine Belastung mit Ozon wird im Jahre 2013 wird als gering eingeschätzt. Dazu tragen vor allem die Verringerung der Emissionen von Kohlenwasserstoffen und Stickstoffoxiden in den vergangenen Jahren bei, so musste in diesem Jahr kein Ozonalarm ausgelöst werden. Von der EU-Kommission wurde dennoch am Ende des Jahres das Maßnahmeprogramm „Saubere Luft für Europa“ vorgestellt.[10]
In Deutschland hat sich die Luftqualität in den letzten Jahren deutlich verbessert. Die Anfang 2020 vom Umweltbundesamt veröffentlichten Daten für das Jahr 2019 zeigten, dass der Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ an nur noch ca. 20 Prozent der verkehrsnahen Messstationen überschritten wurde (2018 lag dieser Anteil noch bei 42 Prozent).[11] Zudem wurden die Feinstaubgrenzwerte für PM10 (Tagesmittelwert: höchstens 35 Tage pro Jahr über 50 µg/m³ und Jahresmittelwert maximal 40 µg/m³) erstmals deutschlandweit in allen Städten eingehalten.[11]
Literatur
- Uwe Hartmann, Jutta Geiger: Ermittlung und Bewertung der Luftqualität an Straßen. (PDF)
- Sylvia Reckel, Manfred Aöschner, Marion Stock: Flechten als Anzeiger der Luftqualität. In: Biologie in unserer Zeit. 29(6), S. 364–370 (1999), ISSN 0045-205X
- V. Dietze, M. Fricker, M. Goltzsche, U. Kaminski, E. Schultz: Luftqualitätsmessungen in deutschen Kurorten – Teil 2: Ergebnisse einjähriger Messreihen im Zeitraum von 2000 bis 2004. In: Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft. 67(5), S. 197–205 (2007), ISSN 0949-8036
- Thomas P. Streppel: Rechtsschutzmöglichkeiten des Einzelnen im Luftqualitätsrecht. In: Zeitschrift für Europäisches Umwelt- und Planungsrecht. (EurUP) 2006, S. 191, ISSN 1612-4243
- Thomas P. Streppel: Air Quality Framework Directive and its Daughter Directives. streppel.org (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive)
- Thomas P. Streppel: Subjektive Rechte im Luftqualitätsrecht – Grundsatzentscheidungen des BVerwG. In: Zeitschrift für Umweltrecht. (ZUR) 2008, S. 23.
Weblinks
Einzelnachweise
- Das sind die schmutzigsten Städte der Welt. In: travelbook.de. 13. Mai 2016, abgerufen am 4. November 2017.
- Luftmessprogramm am Beispiel der Stadt Wuppertal
- Kris Wallburg: "Nutzlos" - DWD kritisiert Apples Gesundheitswarnungen. In: Macwelt. (macwelt.de [abgerufen am 28. November 2018]).
- Wiener Luftgüteindex - Bewertungsübersicht. Abgerufen am 19. Juni 2023.
- Wisen: Deutsch: Luftqualität nach dem Wiener Luftindex. Juli 2006, abgerufen am 19. Juni 2023.
- LUBW: Luftqualitätsindex. Abgerufen am 2. Januar 2019.
- Link-Liste zu den Jahresberichten 2010 bis 2022.
- Jahresbericht 2022, S. 14 (PDF; 2,4 MB)
- Bericht zur Luftqualität - Ozon-Grenzwerte 2021 an allen Messstationen überschritten. In: srf.ch. 22. September 2022, abgerufen am 22. September 2022.
- Umweltbundesamt: Luftqualität im Jahre 2013. In: UmweltMagazin, März 2014, Seite 7.
- Umweltbundesamt: Luftqualität 2019: NO2-Rückgang setzt sich fort. In: Pressemitteilung. 11. Februar 2020, abgerufen am 31. August 2020.