Luftg’selchter Pfarrer

Der Luftg’selchte Pfarrer ist ein mumifizierter Leichnam in St. Thomas am Blasenstein in Oberösterreich. Andere Bezeichnungen sind Heiliger Leib oder Lederner Franzl.

Der luftg’selchte Pfarrer in der Pfarrkirche von St. Thomas am Blasenstein.

Über die Mumie

Die Mumie ist vom Scheitel bis zur linken Ferse gemessen 171 cm groß und wiegt ca. 10 kg. Es kann angenommen werden, dass der Mensch zu Lebzeiten etwas größer war, da sich durch den Mumifizierungsprozess und die Trocknung die Körpergröße verringert. Während der Bereich der Augen und des Mundes sehr stark angegriffen ist, sind Teile wie Hals oder Hände besonders gut konserviert. Das Gebiss der Mumie weist keine Karies auf. Die Mumie trägt eine vierlagige Kleidung, eine Lederhose und Lederschuhe. Die Herstellungszeit der Kleidung wird zwischen 1670 und 1750 geschätzt. Die erste urkundliche Erwähnung der Mumie stammt aus dem Jahre 1855.

Als Gründe für die (natürliche) Mumifizierung wurden folgende Ursachen diskutiert: Einwirkung von Gerbsäure, Quecksilber(II)-chlorid, klimatische Bedingungen wie Luftzug oder Luftabschluss oder ionisierende Strahlung.

Mögliche Identität

Nach Volksmeinung handelt es sich bei der Mumie um Franz Xaver Sydler de Rosenegg (* 4. Juni 1709; † 2. September 1746). Er war ein österreichischer Chorherr und Pfarrvikar, der als 13. Kind seiner Eltern Gottlieb Sydler und Maria Elisabeth Vogelsang zur Welt kam und im Alter von 37 Jahren starb.

Sydler de Rosenegg war seine drei letzten Lebensjahre Pfarrvikar in St. Thomas am Blasenstein in Oberösterreich. Der Überlieferung nach wurde er bereits einen Tag nach seinem Tod beerdigt, was darauf hindeutet, dass eine Gefahr der Seuchenausbreitung bestand. Gerade bei Geistlichen war es keineswegs üblich, sie so schnell zu begraben, ohne sie einige Tage lang aufzubahren. Als man in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Grab ausräumen wollte, fand man einen unversehrten Leichnam. Seither gilt diese natürliche Mumifizierung als ein Wunder und es ist bis heute nicht eindeutig geklärt, wie es dazu kommen konnte. Da zudem erzählt wird, dass er an Epilepsie gestorben sei, gilt er als Helfer bei dieser Krankheit. Dies wurde jedoch bei der Untersuchung in München widerlegt, in Wirklichkeit starb er wahrscheinlich an einem Blutsturz. Zudem litt er an Tuberkulose.[1]

Einträge in den Matrikeln:

  • Baptiszatus fuit Franciscus Xaverius, Praenobilis et strenui Domini Goitlieb Sydler de Rosenegg, Praefecti hic, ac., Dominae Mariae Elisabeth aenatae Vogelsang, filius legitimus. (Taufbuch Bad Kreuzen, 4. Juni 1709)[2]
  • Anno Domini 1746 Sept. 3 sepultus est plurinum Reverendus, Religiosissimus, Praenobilis, clarissimus ac doctissimus Dominus Franciscus Xaverius Sydler, Parochus huius loci aetatis 37 et omnibus Sacramentis praemunitus. (Sterbematrikel St. Thomas, 2. Buch)[3]

Forschungsstand

Einem Zeitungsartikel der Salzburger Nachrichten vom 4. August 2001 zufolge, wird der luftg’selchte Pfarrer seit einiger Zeit wissenschaftlich untersucht. Beauftragt wurde damit der Chemiker Bernhard Mayer vom AKH Wien, der auch an der Erforschung der Gletscherleiche Ötzi beteiligt war. Hauptziel ist es, die Ursache für die Mumifizierung zu finden. Es scheint, dass der Tote nie unter der Erde war. Außerdem vermutet man, dass die Mumifizierung nicht aufgrund eines Luftstromes erfolgt ist, sondern dass der Tote eher unter Luftabschluss getrocknet ist. Eine Durchleuchtung mit einem mobilen Röntgengerät hat gezeigt, dass sich im Magen-Darm-Trakt eine kirschkerngroße Kugel befindet, die an zwei Seiten kleine Füßchen aufweist. Man ging von einem Giftanschlag aus, bei der jüngsten Untersuchung 2017/18 stellte sich jedoch heraus, dass dies eine Glasperle von einem Rosenkranz ist und vermutlich beim Füllen der Leiche mit Holzspänen und Stoffstücken unbeabsichtigt in den Körper gelangte.[1]

Im Winter 2017/2018 wurde die Mumie in München untersucht, um eine Möglichkeit der besseren Konservierung zu finden. Sie war in dieser Zeit nicht zu besichtigen.[4]

Siehe auch

Auch die sterblichen Überreste des Ritters Christian Friedrich von Kahlbutz sind im brandenburgischen Kampehl in seiner Gruft mumifiziert verblieben. In der Kirche St. Peter in Sinzig sind die mumifizierten sterblichen Überreste des Heiligen Vogt aufbewahrt. Im ehemaligen Stift Waldhausen befinden sich die Waldhausener Mumien. Im Bleikeller des Bremer Doms befinden sich ebenfalls mehrere Mumien.

Einzelnachweise

  1. Neue Erkenntnisse zum „Luftg’selchten Pfarrer“. 5. November 2018 (orf.at [abgerufen am 5. November 2018]).
  2. Matricula Online – Bad Kreuzen, Taufbuch 03, 1704–1770, Seite 25, 8. Zeile
  3. Matricula Online – St. Thomas am Blasenstein, Sterbebuch 02, 1713–1762, Seite 104, Eintrag Nr. 3, 5. Zeile
  4. Bernhard Leitner: „Luftg’selchter Pfarrer“ verbringt den Winter bei Ötzi-Spezialist, Oberösterreichische Nachrichten, 11. Oktober 2017, abgerufen am 23. Mai 2018

Literatur

  • Andreas G. Nerlich, Oliver Peschel, Judith Wimmer: „… berührt von der Majestät des Todes …“. Die Mumie in der Kirchengruft von St. Thomas am Blasenstein. Wagner, Linz 2019, ISBN 978-3-903040-42-7.
  • Gert Baumgart, Hagen Schaub: Der ewige Leib. Mumien in österreichischen Sammlungen und Grüften. Verlagshaus der Ärzte, Wien 2003, ISBN 3-901488-37-5, S. 92–93.
Commons: Luftgselchter Pfarrer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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