Vermüllung
Vermüllung (englisch littering) bezeichnet die Verschmutzung von Flächen und Räumen durch Müll, in der Regel in Folge des achtlosen Wegwerfens und Liegenlassens von Abfall, vorzugsweise auf öffentlichem Grund, d. h. insbesondere auf Straßen und Plätzen, in Parks und in der offenen Landschaft. Es handelt sich dabei um ein strafrechtlich verfolgbares Delikt und kann in Deutschland mit Geldbuße, in der Schweiz sogar mit Haft geahndet werden.
Vermüllung als eine Form der Verunreinigung ist somit vom Phänomen Vandalismus (mutwillige Zerstörung, Beschädigung) abzugrenzen.
Beeinträchtigungen, konfrontierte Fachbereiche
Je nachdem welche Art von Müll dabei hinterlassen wird, entstehen dadurch unterschiedliche Arten von Problemen, Belästigungen oder Gefahren, z. B. hygienische, ökologische und/oder ästhetische Beeinträchtigungen, Beeinträchtigungen der angestrebten Ordnung, Belästigung der dort lebenden Menschen (z. B. Geruchsbelästigung oder Gefahr, in Hundekot zu treten) bis hin zur Unfallgefahr (z. B. Gefahr, auf einer Bananenschale auszurutschen).
Die Beschäftigung mit dem Phänomen der Vermüllung findet somit auch in unterschiedlichen Fachbereichen statt. Sie berührt Themen der Orts- und Stadtbildpflege, des Natur-, Landschafts- und Umweltschutzes, der Ökologie und des nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen sowie Themen der Hygiene und kommunalen Gesundheitsvorsorge.
Phänomen der Vermüllung: weggeworfene Abfallarten
Weggeworfen werden in der Regel kleinere Gegenstände. Eine europaweite Studie aus dem Jahr 2003 kam zum Ergebnis, dass in den Städten Zigarettenstummel mit 58,3 % die am meisten weggeworfenen Gegenstände sind. An zweiter Stelle folgen Kunststoffe (11,6 %), danach organische Abfälle (9,8 %), Papier und Karton (8,8 %), Glas (7,3 %), Verpackungen (5,8 %) und schließlich Metall (3,9 %). Diese Studie maß das Ausmaß anhand der Anzahl der weggeworfenen Objekte.[1] Eine Basler Studie aus dem Jahr 2004, die den Müll nach mehreren Parametern (Anzahl, Volumen, Gewicht, Material) erfasste, sieht Einwegverpackungen (Getränkegebinde und Fast-Food-Verpackungen) mit einem Anteil von rund 52 % am Abfallberg als Hauptproblem.[2]
Orte der Vermüllung
Vermüllungsorte im öffentlichen und privaten Raum
Vermüllung gibt es aber nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch im privaten und persönlichen Bereich. Gerade in Wohnungen, an persönlichen Arbeitsplätzen und auf privaten, individuell genutzten Gärten bzw. Grundstücken gibt es vom Nutzer verursachte Formen der Vermüllung. Sie sind oft Formen des Messie-Syndroms, d. h. der eingeschränkten Fähigkeit, sich von Dingen zu trennen. Das Messie-Syndrom schließt allerdings auch Formen ein, in denen Gegenstände zwanghaft gesammelt und gehortet werden, die kein Müll sind.
Vermüllung kann neben anderen Arten der Verunreinigung, Vernachlässigung und der ausbleibenden Pflege in öffentlichen und privaten Räumen zu einem Extrem-Zustand führen, der oft als Verwahrlosung bezeichnet wird.
Regionale Einordnung des Phänomens der Vermüllung
Vermüllung kommt ebenso in der Stadt wie in der Landschaft vor, macht sich aber vor allem als urbanes und suburbanes Phänomen bemerkbar. Während in der freien Natur die Pflanzen den Müll mit der Zeit überwuchern und bedecken oder er als Müllstrudel im Meer treibt und unter die Oberfläche absinkt, bleibt er in den Städten sichtbar. In der Schweiz sehen beinahe zwei Drittel aller Gemeinden Vermüllung als Problem an. Von der Abnahme der Sauberkeit betroffen sind Straßen, Plätze und Parks sowie öffentliche Anlässe.
Ursachen und Motive
Als Hauptursache für die zunehmende Vermüllung werden häufig veränderte Konsumgewohnheiten („fliegende Verpflegung“ am Imbissstand, materialintensive Verpackungen, Wegwerfgesellschaft) und ein generell nachlässigerer Umgang mit öffentlichem Eigentum aufgrund sich verändernder Konventionen, sozialer Desintegration und/oder mangels sozialer Kontrolle genannt. Motivationen für veränderte Konventionen können Bequemlichkeit, Gewöhnung, Lust an Provokation bzw. an deviantem Verhalten usw. sein. Umgekehrt erkennen Psychologen und Umweltpädagogen in der Vermüllung auch „eine Art Gesellschaftskritik“, die sich durch Gruppenverhalten verstärkt:
„Littering ist verboten und somit eine einfache Möglichkeit, Grenzen zu überschreiten. Etwas auf den Boden zu werfen ist so etwas wie eine kleine Provokation, eine kleine Mutprobe. Man fühlt sich als Held: ‚Ich lehne mich mit dieser einfachen Aktion gegen die Gesellschaft auf.‘ Dazu kommt der Gruppendruck. Dadurch fangen auch Leute an zu littern, die sonst nie etwas auf den Boden werfen, weil sie nicht als Spießer dastehen wollen. Und der Konformitätsdruck setzt sich in Menschenmengen natürlich fort. Wo schon etwas auf dem Boden liegt, wird mehr dazugeworfen. Wenn eine Grenze überschritten ist, wird das schnell hemmungslos.“[3]
Siehe auch: Broken-Windows-Theorie
Folgen
Die Folgen dieses Verhaltens äußern sich in kommunalen Reinigungskosten, in der Umweltbelastung und auch in Verslumung. Über längere Zeit liegengebliebener Abfall verleitet viele Menschen dazu, weiteren Abfall an derselben Stelle abzuladen, sodass aus kleinen Abfallhaufen oft in kurzer Zeit wilde Müllkippen entstehen. Um dem entgegenzuwirken, werden Müllwagen manchmal mit Überwachungskameras ausgestattet, womit ein digitaler Sauberkeitsindex berechnet werden kann.[4]
Gegenmaßnahmen
Gegen das Wegwerfen von Abfall auf öffentlichem Grund werden wiederholte Aufklärungskampagnen und regelmäßige Reinigung statt einmaliger Beseitigungsaktionen sowie die Bereitstellung eines größeren Angebotes an Abfallbehältern durchgeführt. Eine weltweite Initiative gegen Vermüllung erfolgt auch im Rahmen der vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) unterstützten Organisation Clean Up the World. Das Plogging ist ein Ansatz, in dem Jogging und Abfall beseitigen (schwedisch plocka upp „aufheben“) miteinander kombiniert werden. Um die Ufer des Rheins von Müll zu befreien, wurde am 15. September 2018 zum ersten Mal der Rhine Cleanup Day[5] veranstaltet.[6] Um die Vermüllung in den Wintersportgebieten zu beseitigen, existiert in der Schweiz seit 2019 die Clean-Up Tour.[7] Gegen die Vermüllung mit Hundekot stellen zahlreiche Städte Hundekotbeutelspender auf.
Siehe auch
Weblinks
- Littering auf der Website des Schweizer Bundesamtes für Umwelt. Archiviert vom am 9. November 2016; abgerufen am 8. Juni 2017.
- Schweizer Website zum Thema Wegwerfen (führt zu einer Unterseite der Firma Ernst Basler + Partner)
- Österreichische Website zum Thema Wegwerfen
- Was ist Littering (Vermüllung)?, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, kurze Erklärung (Video bei YouTube)
Einzelnachweise
- Littering.ch: ARA-Studie: Zigaretten Hauptproblem des „Littering“ (Memento vom 17. September 2013 im Internet Archive), (Präsentation (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.)
- Littering.ch: Basler Studie kommt zum Schluss: Fast-Food unterstützt „Vermüllung“ (Memento vom 19. Juli 2007 im Internet Archive)
- Daniela Gschweng: Umweltpädagogin: „Littering ist eine Art Gesellschaftskritik“. Barbara Schumacher weiß, wieso wir Abfall wegwerfen. (Memento des vom 18. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. TagesWoche vom 13. August 2015.
- Dank Kameras und Sensoren - Stadt Basel: mit Datenexplosion gegen Littering. In: srf.ch. 14. März 2023, abgerufen am 14. März 2023.
- www.rhinecleanup.org
- Deutsche Presse-Agentur: „Rhine Cleanup Day“: Tausende Helfer sammeln Müll am Rhein (Memento des vom 16. September 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: aachener-nachrichten.de, 16. September 2018, abgerufen am 16. September 2018.
- CLEAN-UP TOUR 2019: Die erste, nationale Abfall-Aufräumtournee in den Bergen. In: umweltperspektiven.ch. 1. Mai 2019, abgerufen am 2. Mai 2019.