Lithiophilit

Lithiophilit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung LiMn[PO4][3] und damit chemisch gesehen ein Lithium-Mangan-Phosphat.

Lithiophilit
Dunkelbraune, miteinander verwachsene Lithiophilitkristalle aus dem Steinbruch Emmons, Uncle Tom Mountain, Oxford County (Maine)
Größe: 8,8 cm × 8,1 cm × 3,2 cm
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Lhp[1]

Andere Namen

Lithiophylit[2]

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/A.02
VII/A.02-020

8.AB.10
38.01.08.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[6]
Raumgruppe Pbnm (Nr. 62, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/62.3
Gitterparameter a = 4,75 Å; b = 10,45 Å; c = 6,11 Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Häufige Kristallflächen {010}, {011}, {021}, {111}, {100}, {110}, {130}, {140}[7]
Zwillingsbildung selten Kontaktzwillinge nach {130}[7]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4 bis 5[8]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,445 bis 3,50; berechnet: 3,433
Spaltbarkeit vollkommen nach {100}, gut nach {010}[7]
Bruch; Tenazität uneben bis schwach muschelig[7]
Farbe rötlichbraun, gelblichbraun bis honiggelb, lachsrosa, blaugrau bis grau; im Durchlicht farblos bis hellgelb oder rosa[8][7]
Strichfarbe grauweiß[8]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend[7]
Glanz Harzglanz bis Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,663 bis 1,685[9]
nβ = 1,663 bis 1,685[9]
nγ = 1,673 bis 1,691[9]
Doppelbrechung δ = 0,010[9]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 30° bis 70° (gemessen); 68° (berechnet)[9]
Pleochroismus schwach:[9]
X= tiefrosa
Y= hellgrünlichgelb
Z= hellrosa
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht löslich in Salzsäure[10]

Lithiophilit bildet allerdings eine lückenlose Mischkristallreihe mit Triphylin (LiFePO4), daher ist meist ein geringer Anteil von Mangan durch Eisen ersetzt (substituiert), wenn er mit diesem vergesellschaftet vorkommt. Die Mischformel wird entsprechend in verschiedenen Quellen mit Li(Mn2+,Fe2+)[PO4][5][7] angegeben.

Lithiophilit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt gelegentlich scharfkantige, kurz- bis langprismatische und flächenreiche Kristalle aus. Meist findet er sich jedoch in eher grobkristallinen oder körnigen bis derben Mineral-Aggregaten und Kluftfüllungen.

In reiner Form ist Lithiophilit farblos und durchsichtig, im Durchlichtmikroskop auch hellgelb oder rosa. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durch Fremdbeimengungen eine rötlichbraune, gelblichbraune bis honiggelbe oder lachsrosa, blaugraue bis graue Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Lithiophilit in den lithiumreichen Granit-Pegmatiten im Steinbruch Branchville (auch Fillow) nahe dem gleichnamigen Ort im Fairfield County des US-Bundesstaates Connecticut. Die Erstbeschreibung erfolgte 1878 durch George Jarvis Brush und Edward Salisbury Dana, die das Mineral in Anlehnung an dessen Lithiumgehalt und nach dem altgriechischen Wort φιλία philía für Freundschaft (von φίλος philos, deutsch Freund), zusammengesetzt also sinngemäß „Freund von Lithium“, benannten.

Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung der Yale University in New Haven (Connecticut), USA unter den Katalog-Nr. 3.5641 und 3.5645[7] sowie im Muséum national d’histoire naturelle unter der Nr. 78.32[11] aufbewahrt.

Klassifikation

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Lithiophilit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Phosphate, Arsenate und Vanadate ohne fremde Anionen“ (mittelgroße Kationen und andere), wo er zusammen mit Ferrisicklerit, Heterosit, Natrophilit, Purpurit, Sicklerit und Triphylin die „Triphylin-Reihe“ mit der System-Nr. VII/A.02 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/A.02-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserfreie Phosphate [PO4]3-, ohne fremde Anionen“ (mittelgroße Kationen: Fe-Mn vorwiegend), wo Lithiophilit zusammen mit Ferrisicklerit, Heterosit, Karenwebberit, Marićit, Natrophilit, Purpurit, Sicklerit, Simferit und Triphylin eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[8]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[12] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Lithiophilit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw., ohne weitere Anionen, ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Ferrisicklerit, Heterosit, Natrophilit, Purpurit, Sicklerit, Simferit und Triphylin die „Triphylingruppe“ mit der System-Nr. 8.AB.10 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Lithiophilit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreie Phosphate etc.“ ein. Hier ist er zusammen mit Triphylin und Natrophilit in der „Triphylingruppe“ mit der System-Nr. 38.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Phosphate etc. A+B2+XO4“ zu finden.

Chemismus

Die idealisierte, theoretische Zusammensetzung von Lithiophilit (LiMn[PO4]) besteht aus 4,43 % Lithium (Li), 35,03 % Mangan (Mn), 19,75 % Phosphor (P) und 40,80 % Sauerstoff (O).[6] Die von Horace L. Wells analysierten Proben aus der Typlokalität des Minerals enthielten zusätzlich geringe Beimengungen an Eisen sowie Spuren von Natrium, Silicium und Wasser.[13] In weiteren Proben aus Buckfield (Maine) konnten zudem Spuren von Calcium und aus der Foote Mine bei Kings Mountain (North Carolina) geringe Beimengungen von Aluminium nachgewiesen werden.[7]

Kristallstruktur

Lithiophilit kristallisiert isotyp mit Olivin[10] in orthorhombischer Symmetrie in der Raumgruppe Pbnm (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/62.3 mit den Gitterparametern a = 4,75 Å; b = 10,45 Å und c = 6,11 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte

Makroaufnahme mit blass honiggelben, prismatischen Lithiophilitkristallen aus der Foote Lithium Co. Mine, Kings Mountain (North Carolina), USA
Sichtfeld: 3,0 mm

Lithiophilit bildet sich primär in Granit-Pegmatiten und ist im Allgemeinen mit sekundär durch Verwitterung entstandenen Mineralen vergesellschaftet wie unter anderem Dickinsonit, Eosphorit, Fairfieldit, Heterosit, Hureaulith, Purpurit, Reddingit, Sicklerit und Triploidit. Oft bilden diese auch Pseudomorphosen rund um einen noch unverwitterten Kern aus Lithiophilit. Weitere möglichen Paragenesen sind Albit, Amblygonit, Beryll, Fillowit, Graftonit und Rhodochrosit.[14]

Als eher selten vorkommende Mineralbildung kann Lithiophilit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Bisher sind rund 160 Fundorte für Lithiophilit dokumentiert (Stand 2019).[15] Außer an seiner Typlokalität, dem Steinbruch Branchville trat das Mineral im US-Bundesstaat Connecticut noch in Mineralproben auf, die beim Bau der U.S. Route 7 nahe Brookfield im Fairfield County anfielen sowie in Mineralproben aus der Grube Schoonmaker (auch Grube Cramer) und dem Steinbruch Strickland (auch Eureka) bei Collins Hill im Middlesex County. Weitere bekannte Fundorte in den USA liegen in den Bundesstaaten Arizona, Kalifornien, Colorado, Idaho, Maine, New Mexico, North Carolina, South Dakota und Wisconsin.

Erwähnenswert aufgrund außergewöhnlicher Lithiophilitfunde sind unter anderem Karibib in Namibia und Kitumbe in Ruanda, wo ausgedehnte Massen von bis zu einem Meter Größe gefunden wurden.[16] Herausragend sind auch die Funde in der Foote Lithium Co. Mine nahe Kings Mountain (North Carolina) in den USA, wo die Kristalle zwar nur wenige Millimeter messen, allerdings nahezu perfekt entwickelt sind.[17][18]

In Deutschland konnte Lithiophilit bisher nur in Sachsen in der Grube Sauberg bei Ehrenfriedersdorf im Erzgebirgskreis und in einem Pegmatitgang bei Wolkenburg/Mulde im Landkreis Zwickau entdeckt werden.

In Österreich fand man das Mineral bisher nur bei einem Spodumen-Versuchsabbau am Brandrücken (siehe auch Bergbau in Kärnten), am Windeckberg im Mieslingtal (Gemeinde Spitz) in Niederösterreich und im Steinbruch Gupper im Deutschlandsberger Gemeindeteil Hinterleiten in der Steiermark.

Weltweit kennt man Lithiophilit noch aus Argentinien, Äthiopien, Australien, Brasilien, China, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Kanada, Madagaskar, Mosambik, Namibia, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Ruanda, Schweden, Simbabwe und Südafrika.[19]

Verwendung

Als Erz ist Lithiophilit ohne wirtschaftliche Bedeutung.[5]

Siehe auch

Literatur

  • G. J. Brush, E. S. Dana: On a new and remarkable mineral locality in Fairfield County, Connecticut; with a description of several new species occurring there. First Paper. In: American Journal of Science and Arts. Band 116, 1878, S. 33–46; 114–123 (englisch, rruff.info [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 7. Juni 2019] Lithiophilit ab Se. 115 (PDF S. 20)).
  • Sigmund Geller, Jorge L. Durand: Refinement of the structure of LiMnPO4. In: Acta Crystallographica. Band 13, Nr. 4, 1960, S. 325–331, doi:10.1107/S0365110X60002521 (englisch).
  • Arthur Losey, John Rakovan, John M. Hughes, Carl A. Francis, M. Darby Dyar: Structural variation in the lithiophilite-triphylite series and other olivine-group structures. In: The Canadian Mineralogist. Band 42, 2004, S. 1105–1115 (englisch, rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 7. Juni 2019]).
  • Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York u. a. 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 701.
Commons: Lithiophilite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 612, 929.
  3. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 426 (englisch).
  4. Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2019. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2019, abgerufen am 9. Juni 2019 (englisch).
  5. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 630.
  6. David Barthelmy: Lithiophilit Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 9. Juni 2019 (englisch).
  7. Lithiophilite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 66 kB; abgerufen am 9. Juni 2019]).
  8. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. Lithiophilite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Juni 2019 (englisch).
  10. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 622 (Erstausgabe: 1891).
  11. Catalogue of Type Mineral Specimens – L. (PDF 69 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 9. Juni 2019.
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 9. Juni 2019 (englisch).
  13. G. J. Brush, E. S. Dana: On a new and remarkable mineral locality in Fairfield County, Connecticut; with a description of several new species occurring there. First Paper. In: American Journal of Science and Arts. Band 116, 1878, S. 119 (englisch, rruff.info [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 7. Juni 2019]).
  14. Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York u. a. 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 701.
  15. Localities for Lithiophilite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Juni 2019 (englisch).
  16. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 156.
  17. Foote Lithium Co. Mine (Foote Mine), Kings Mountain District, Cleveland Co., North Carolina, USA. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 12. Juni 2019 (englisch).
  18. Lithiophilite pictures of Foote Lithium Co. Mine, Kings Mountain District, Cleveland Co., North Carolina, USA. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 12. Juni 2019 (englisch).
  19. Fundortliste für Lithiophilit beim Mineralienatlas und bei Mindat
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