Lipodystrophie

Unter Lipodystrophie versteht man eine Veränderung des Unterhautfettgewebes, die lokal oder auch generalisiert auftreten kann. Die Veränderungen können je nach Ursache reversibel sein. Die Lipodystrophie zählt zu den sehr seltenen Erkrankungen (Orphan Diseases).

Klassifikation nach ICD-10
E88.1 Lipodystrophie, anderenorts nicht klassifiziert
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung: Simons-Syndrom.[1]

Formen der Lipodystrophie

Lipoatrophie und Lipohypertrophie unter Insulintherapie

Bei häufiger und wiederholter Injektion von Insulin an einem sehr begrenzten Hautareal kann es durch unterschiedliche Prozesse sowohl zu einer lokalen Verminderung als auch zu einer Vermehrung des subkutanen Fettgewebes kommen[2][3]. Mögliche Folgen sind eine schlechtere Resorption des Insulins und im Weiteren eine Stoffwechselverschlechterung. Das Aussparen der dystrophierten Injektionsstelle kann zu einer Rückbildung der Veränderungen führen.

Lipodystrophiesyndrom unter antiretroviraler Therapie

Die Lipodystrophie ist ein Stoffwechselsyndrom, das bei HIV-Infizierten unter antiretroviraler Therapie auftreten kann. Ältere Studien wiesen auf ein Auftreten bei 30–50 % unter HAART stehender Patienten hin. Untersuchungen bei aktuellen Behandlungsregimes zeigen jedoch ein deutlich selteneres Auftreten, so wird in der Erstlinientherapie eine jährliche Inzidenz von nur 5–10 % ausgewiesen, die in den Folgejahren weniger fortzuschreiten scheint.[4] Die Lipodystrophie geht einher mit einer Erhöhung der Blutfette und des Serumcholesterins sowie einer Umverteilung des Fettgewebes, wobei sowohl atrophische als auch hypertrophische Veränderungen auftreten können. Die Betroffenen entwickeln typischerweise Fettauszehrungen im Gesichtsbereich (Lipoatrophie), sowie an den Extremitäten; dagegen entsteht oft ein „Stiernacken“ und ein größeres Fettpolster im Bauchbereich („Rettungsring“). Außerdem kommt es zu einer Insulinresistenz. Die Lipodystrophie beeinträchtigt die Infizierten kosmetisch stark und erhöht in noch unbekanntem Ausmaß das Risiko der HIV-Infizierten, an Diabetes oder kardiovaskulären Leiden zu erkranken.

Familiäre Lipodystrophie-Syndrome

Hierbei handelt es sich um sehr selten auftretende, genetisch bedingte Erkrankungen. Beim Typ I oder Köbberling-Syndrom betrifft die Lipodystrophie die untere Körperhälfte, beim Typ II oder Dunningan-Syndrom betrifft die Lipodystrophie auch den Körperstamm. Daneben kommt es zu einer Vermehrung des Fettgewebes im Gesicht und am Hals, was bei den Betroffenen zu einem cushingoiden Aussehen führt. Bei den Betroffenen, typischerweise junge Frauen nach der Pubertät, kommt es zu einem Hirsutismus, die Frauen wirken aufgrund des fehlenden subkutanen Fettgewebes und der damit hervorstehenden Muskulatur und der Blutgefäße muskulös. Tatsächlich aber leidet der Körper unter einer pathologischen, aber visceral gelegenen Fettansammlung und einer massiven Hypertriglyceridämie, die einerseits zu akuten Bauchspeicheldrüsenentzündungen und andererseits über eine erhöhte Insulinresistenz zu einem Diabetes mellitus führen kann.

Ferner gibt es noch weitere Formen, siehe unter Familiäre Lipodystrophie, sowie die Lipodystrophie Typ Berardinelli mit weiteren Auffälligkeiten.

Nicht familiäre Syndrome

Die Syndrome mit erworbener Lipodystrophie können unterteilt werden in:[5]

Behandlung

In den USA ist seit 2014 seitens der amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA) ein einziges Medikament zur Behandlung der familiären Lipodystrophie zugelassen: Metreleptin (Myalept).[6][7][8][9] Metreleptin ist ein rekombinantes Analogon des humanen (also menschlichen) Leptin. Für Europa hat das Herstellerunternehmen (Novellion resp. Aegerion) den Zulassungsantrag im Dezember 2016 gestellt. Vorgesehener Handelsname ist Myalepta.[10]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  2. Lipodystrophie als unerwünschte Arzneimittelwirkung? Abgerufen am 19. Mai 2022.
  3. A. Holstein, H. Stege, P. Kovacs: Lipoatrophie unter dem Insulinanalogon Glargin. In: Diabetologie und Stoffwechsel. Band 5, S 1, April 2010, ISSN 1861-9002, S. P198, doi:10.1055/s-0030-1253926 (thieme-connect.de [abgerufen am 19. Mai 2022]).
  4. Kapitel 8: Das Lipodystrophie-Syndrom. hivbuch.de, Das HIV-Buch. 2012; abgerufen am 5. Januar 2012
  5. Rare Diseases
  6. FDA Approved Drug Products. FDA, Approval Date(s) and History, Letters, Labels, Reviews for BLA 125390; abgerufen am 20. Juli 2017
  7. orpha.net Orphanet, Portal für seltene Krankheiten und Orphan Drugs; abgerufen am 20. Juli 2017
  8. Lipodystrophie. springermedizin.de, Abstract. In: Der Internist, April 2011.
  9. People with GL do not have enough leptin. WebSite des Herstellers; abgerufen am 20. Juli 2017
  10. Novelion Therapeutics’ Subsidiary Files for European Approval for Metreleptin as a treatment for Generalized Lipodystrophy and a Subset of Patients with Partial Lipodystrophy. Novelion, Pressemitteilung, 21. Dezember 2016; abgerufen am 20. Juli 2017

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