Ligne de risque
Ligne de risque (franz. ‚Risikolinie‘) ist der Titel einer französischen Literaturzeitschrift. Die Zeitschrift wurde 1997 von den Schriftstellern François Meyronnis, Yannick Haenel und Frédéric Badré gegründet. Ligne de risque gilt inzwischen als eine der wichtigsten zeitgenössischen Stimmen der französischen Literatur.
Entstehung
Als Ligne de risque 1997 in Paris gegründet wurde, war zeitgleich[1] das verschollene Manuskript von Louis Aragons Défense de l’Infini (Verteidigung der Unendlichkeit) wieder aufgetaucht. An diesem hatte der damals noch junge Schriftsteller zwischen 1923 und 1927 gearbeitet und es nach eigener Aussage 1927 größtenteils in Madrid dem Feuer übergeben. Seither waren nur einige wenige Fragmente gedruckt erschienen. Die neue Ausgabe von Lionel Follet erweiterte den Umfang um 19 Kapitel.[2]
Bei Ligne de risque nutzte man die Gelegenheit, den jungen Aragon erneut hervorzuheben. Dieser hatte ab Mitte der 1930er bis in die 1960er Jahre als Mitglied des Parti communiste français den Stalinismus gerechtfertigt. Die eigentliche Entdeckung André Bretons und Louis Aragons waren die Gesänge des Maldoror und die Dichtungen des Montevideers Isidore Ducasse, genannt Lautréamont. Die Werke, auf die sich schon der Surrealismus berief, bildeten auch für Ligne de risque den Stoff vorausgehender Auseinandersetzungen, ohne die die eigenständige Dynamik dieser Zeitschrift im Verborgenen bliebe.
Entwicklung
Mit ihrem Entschluss, die Literatur als solche gegen eine allgegenwärtige Vereinnahmung durch den so genannten Literaturbetrieb zu verteidigen, sowie die voreilige Qualifizierung gewisser zweifelhafter Veröffentlichungen als „Literatur“, machten sich die Autoren alles andere als beliebt. Allerdings sicherten sie sich dadurch die wohlwollende Unterstützung des Schriftstellers Philippe Sollers. Dieser wurde auch zum Verleger ihrer Bücher wurde und leitet bei Gallimard die Kollektion L’Infini. Sollers trägt seit den Anfängen stets eigene Beiträge zu diversen Themen für Ligne de risque bei. Einige davon erschienen im Sammelband Poker.
Literatur: „Ein Überschneiden von Poesie und Denken“
Die Selbstverständlichkeit, mit der heutzutage Romane geschrieben werden, und die Geringschätzung, die damit einhergeht für das Denkerische, zeugt nach Meyronnis von einem tiefen Ressentiment, einem „Geist der Rache“ (Nietzsche) gegenüber der Intelligenz. Literatur muss erst gedacht werden, denn nur dadurch gelangt man auch zum Roman.
Zitate
- Heutzutage ist ein Schriftsteller mit einem doppelten Hindernis konfrontiert: einerseits ist die „literarische“ Sprache völlig tot und mit ihr sämtliche Konventionen die dazu dienen eine Fabel abzuliefern, anderseits ist das gesprochene Wort einer unglaublichen Enteignung unterzogen worden (...) Es geht nicht mehr darum ein Geschehen hinzustellen und anschließend die passende Sprache zu finden; es geht darum, dass die Sprache das Ereignis gewissermaßen selbst schafft. Etwa so wie bei einem Midrasch.
Ligne de risque N°13-14, Tout reprendre (franz. Alles wiederholen)
- Das Zeitalter der vollendeten Metaphysik hat als geheimer Antrieb die Zuspitzung der Ablehnung, mit der die abendländische Metaphysik seit jeher dem Nichts, der Leere begegnet ist. Diese inzwischen tollwütige Ablehnung, zeichnet sich nun durch eine allgegenwärtige Vorherrschaft des Seienden aus, des Seienden das man ständig Berechnungen unterwerfen und zu jeder Mikrosekunde in Zahlen umwandeln kann. (...) Das was das globale Zeitalter also beherrscht (...) ist ein von der Metaphysik vererbter, ungünstiger Bezug zum Nichts.
François Meyronnis, Ligne de risque N°15
Einzelnachweise
- Archivierte Kopie (Memento des vom 6. November 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- http://www.uni-muenster.de/LouisAragon/werk/frueh/definf.htm