Lhasa Tsuglagkhang
Lhasa Tsuglagkhang (tib.: lha sa gtsug lag khang), frei übersetzt das „Heiligtum von Lhasa“, ist die bedeutendste religiöse Stätte des tibetischen Buddhismus.
Geschichte
Die Keimzelle des Lhasa Tsuglagkhang ist der Jokhang (tib.: jo khang), der mit dem Jowo Rinpoche (tib.: jo bo rin po che) die bedeutendste Statue Tibets enthält.
Um die Wende zum 14. Jahrhundert war es Tsongkhapa Losang Dragpa (tib.: btsong kha pa blo bzang grags pa) (1357–1419), der Gründer der Gelbmützenschule, der diese Stätte in Kenntnis ihrer einzigartigen historischen Bedeutung wieder zum Mittelpunkt der tibetisch-buddhistischen Welt machte, indem er die bis dahin vermutlich noch vergleichsweise kleine Stätte zu einer umfangreichen Anlage ausbauen ließ. So wurde der zu dieser Zeit vermutlich schon mit einigen Nebenkapellen ausgestattete Jokhang in eine dreistöckige, mit zahlreichen Kapellen versehene Tempelanlage ausgebaut, die entsprechend ihrer Lage und Bedeutung als Lhasa Tsuglagkhang bekannt wurde.
Diese Stätte bildete das Zentrum der von den Gelug-Anhängern fortan begangenen umfangreichen, sich etwa drei Wochen lang hinziehenden Neujahrfeiern, die unter der Bezeichnung Mönlam Chenmo (tib.: smon lam chen mo) bekannt geworden sind. Vergeben wurde während dieser Feierlichkeiten vor den Augen der gelehrtesten Gelug-Mönche und -Lamas der Titel des Geshe Lharampa (tib.: dge bshes lha ram pa), eine Art „Doktor der Philosophie“, der alljährlich nur ganz wenigen zuteilwurde. Diese Feierlichkeiten wurden bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts nahezu ununterbrochen durchgeführt. Sie endeten stets mit einer Prozession, bei der eine als besonders segensvoll erachtete, im Lhasa Tsuglagkhang stehende Statue des Maitreya über den Barkhor getragen wurde. Die Fotos, die Reisende in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vom Großen Gebet machten, zählen zu den eindrucksvollsten Fotos Tibets. Ernst Schäfer hat eine detaillierte Beschreibung des Festes hinterlassen, das in ganz Lhasa durch zahlreiche Veranstaltungen ergänzt wurde.
Umgeben wird der Lhasa Tsuglagkhang, der das Zentrum des alten Lhasa bildete, von einigen kleineren religiösen Stätten wie dem Meru Nyingpa (tib.: me ru rnying pa). Gemeinsam bilden sie das Zentrum des Barkhor, des sogenannten „Mittleren Umrundungsweges“.
Literatur
- Andre Alexander: The Temples of Lhasa. Tibetan Buddhist Architecture from the 7th to the 21st Century. Serindia, Chicago 2005.
- F. Spencer Chapman: Lhasa the Holy City. R.&R. Clark, London 1940, Nachdruck ISBN 0-8369-6712-7; chinesische Übersetzung (2004) ISBN 7-80057-460-1.
- Karl-Heinz Everding: Tibet. Lamaistische Klosterkultur, nomadische Lebensweise und bäuerlicher Alltag auf dem ‘Dach der Welt’. DuMont-Kunstreiseführer, Ostfildern 2009.
- Michael Henss: Tibet. Die Kulturdenkmäler. O. O.(1981).
- Knut Larsen und Amund Sinding-Larsen: The Lhasa Atlas. Traditional Tibetan Architecture and Townscape. Shambala, Boston 2001.
- Rong Ma: Han and Tibetan Residential Patterns in Lhasa. In: The China Quarterly 128:814-835 (Dezember 1991).
- Ernst Schäfer: Fest der Weißen Schleier. Braunschweig 1949.
- Vladimir Sis und Josef Vaniš: Der Weg nach Lhasa. Bilder aus Tibet. Artie, Prag 1956.
- L. Austine Waddell: Lhasa ad its Mysteris. London 1905.