Leukerbad

Leukerbad (walliserdeutsch Leiggerbad, französisch Loèche-les-Bains) ist eine politische Gemeinde im Bezirk Leuk des Kantons Wallis in der Schweiz.

Kugelpanorama von Leukerbad (2022)
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Luftbild (1955)
Leukerbad
Wappen von Leukerbad
Wappen von Leukerbad
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Wallis Wallis (VS)
Bezirk: Leukw
BFS-Nr.: 6111i1f3f4
Postleitzahl: 3954
Koordinaten:614978 / 136903
Höhe: 1402 m ü. M.
Höhenbereich: 1232–3694 m ü. M.[1]
Fläche: 67,32 km²[2]
Einwohner: 1295 (31. Dezember 2022)[3]
Einwohnerdichte: 19 Einw. pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne
Schweizer Bürgerrecht)
34,9 %
(31. Dezember 2022)[4]
Website: www.leukerbad.org
Leukerbad
Leukerbad

Leukerbad

Lage der Gemeinde
Karte von Leukerbad
Karte von Leukerbad
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Geographie

Der Wintersport- und Thermalkurort liegt im hinteren Dalatal (vom Fluss Dala abgeleitet) auf einer Höhenlage von 1411 bis 2700 m ü. M. Das Tal wird im Nordwesten begrenzt durch die Bergkette von den Leeshörnern bis zum Rinderhorn und zum Balmhorn, mit einem tiefen Sattel beim Gemmipass, die andere Talseite wird überragt vom Ferdenrothorn, vom Majinghorn und seinem Gletscher[5] und vom Torrenthorn.

Geschichte

Schon seit der Römerzeit waren die heissen Quellen von Leukerbad bekannt und noch heute ist Leukerbad eine Badedestination.

Als ältestes Hotel in Leukerbad gilt das Maison Blanche. Der Erstbau wurde im 17. Jahrhundert errichtet und nach der Zerstörung durch Lawinen im Jahre 1719 als ein fünfstöckiges Steinhaus mit Satteldach neu erbaut. Es war der Aufenthaltsort der meisten Kurgäste, die bis 1830 anreisten.

Leukerbad wurde im 18. Jahrhundert insgesamt viermal von schweren Lawinenkatastrophen heimgesucht. Nach 1719 erreichten Lawinen auch 1720, 1756 und 1767 den Ortskern und zerstörten viele Häuser.

Nachdem das Dorf bis 1830 einen besseren Lawinenschutz erhalten hatte, wurden mehrere neue Hotels errichtet und auch das alte Maison Blanche komplett überholt. Für ein Walliser Bergbauerndorf ungewöhnlich, entstand zwischen 1834 und 1836 ein klassizistischer Hotelbau, das Hotel de France. Nach der Errichtung einer befahrbaren Strasse von Leuk nach Leukerbad folgten in den 1840er Jahren zwei weitere klassizistische Bauten, das Hotel des Alpes und das Hotel Bellevue. 1850 besass Leukerbad bereits sieben Hotels und Pensionen und war damit der Vorreiter der Entwicklung des Berg- und Kurtourismus in der gesamten Schweizer Region. Alle Hotels standen neben dem alten Dorfkern. Um den zahlreichen englischen Touristen Rechnung zu tragen, wurde im Ort 1885 eine englische Kapelle errichtet. Gleichzeitig stand Leukerbad in einem guten Ruf als Heilbad. Gemäss dem Schweizer Kur-Almanach von 1886 sollten die Thermalquellen gegen «chronische Hautkrankheiten, Rheumatismus, Scrofulose, Nervenleiden, Bleichsucht und geistige Überarbeitung» helfen.

Bis 1896 war die Elektrifizierung der grossen Hotels weitgehend abgeschlossen. In den 1910er Jahren erhielten die grossen acht Hotels, die insgesamt 900 Betten anboten, alle Zentralheizung, und 1915 wurde eine Zahnradbahn zwischen Leuk und Leukerbad errichtet (1967 Betrieb eingestellt, Trasse abgebrochen). Zwischen 1910 und 1920 wurden im Schnitt 17'000 Gäste gezählt. 1916, mitten in der Zeit des Ersten Weltkrieges, zählte man über 20'000 Besucher. Neben der medizinischen Betreuung im Rahmen des Kuraufenthaltes gehörte bereits zu dieser Zeit auch ein sportliches Programm, das aus Billard, Lawn-Tennis, Croquet, Federball und Tischtennis bestand, zum Angebot für die Kurgäste.

Rathaus
Walliser Alpentherme

Grundlegenden Wandel erfuhr der Tourismus in Leukerbad in den späten 1920er und 30er Jahren. Die wohlhabende Oberschicht, die bis dahin in Leukerbad zu Gast war, hatte zu einem überwiegenden Teil ihr Vermögen verloren. In der Folge änderte sich die Gästestruktur in Leukerbad stark, man konzentrierte sich zunehmend auf die Mittelschicht als Gäste.

Am 24. Mai 1957 wurde die Luftseilbahn Leukerbad–Gemmipass eingeweiht. Sie erlaubte den Gästen, auf die Höhe der Gemmiwand zu gelangen, ohne den beschwerlichen Fussweg den Gemmipass hinauf zu müssen. Sie war ursprünglich nur für den Sommertourismus gedacht. Erst in den 1960er Jahren erfolgte in Leukerbad eine Entwicklung hin zum Skitourismus.

Ab 1981 investierte Leukerbad unter dem neuen Gemeindepräsidenten Otto G. Loretan massiv in die Infrastruktur. So wurden innerhalb relativ kurzer Zeit das Burgerbad ausgebaut, die Sportarena errichtet, die Alpentherme erstellt sowie das Rathaus und das Parkhaus gebaut. Zur Finanzierung dieser Bauten brauchte die Gemeinde Geld, das sie auf dem Kapitalmarkt beschaffen musste. Die Schulden der Gemeinde Leukerbad beliefen sich per 31. Dezember 1997 auf rund Fr. 170 Millionen. Die Schulden der Gruppe (Leukerbad und kommunale Unternehmen) betrugen Fr. 344 Millionen. Davon entfielen Fr. 61 Millionen auf Emittenten, Fr. 85 Millionen auf Versicherungen und Fr. 198 Millionen auf Banken. Bei damals 1'700 Einwohnern betrug die Bruttoverschuldung pro Kopf Fr. 105'000.00 bzw. Fr. 202'000. Der Durchschnitt der Walliser Gemeinden lag zum Vergleich bei Fr. 9'500. Am 21. Oktober 1998 wurde die Gemeinde vom Staatsrat gemäss Art. 128 Gemeindeordnung unter teilweise staatliche Zwangsverwaltung gestellt. Dieses Mandat wurde drei ausserkantonalen Experten übertragen. Ihre Aufgabe war es, einen Sanierungsplan zu erstellen, der im März 1999 vorlag. Sie errechneten für die Gemeinde eine maximal tragbare Schuld von rund Fr. 40 Millionen. Den Gläubigern wurde ein Forderungsverzicht von 80 % (Fr. 144,5 Millionen) unterbreitet, ihre Zustimmung blieb aus. In der Folge blieb dem Kanton als Aufsichtsbehörde keine andere Möglichkeit, als beim Kantonsgericht am 26. Mai 1999 die Beiratschaft für Leukerbad zu beantragen; am 20. Juli 1999 entschied das Kantonsgericht, die Gemeinde unter Beiratschaft zu stellen.[6] Leukerbad stand von 1998 bis 2004 als erste Schweizer Gemeinde unter Zwangsverwaltung des Kantons. Der Prozess gegen den ehemaligen Gemeindepräsidenten Otto G. Loretan dauerte mehrere Jahre, im Februar 2007 bestätigte das Bundesgericht das Urteil des Walliser Kantonsgerichts, Loretan muss wegen Betrugs, Steuerbetrugs, Urkundenfälschung und ungetreuer Amtsführung viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Weiter wurde der Gemeindeschreiber und ein früherer Direktor der Busbetriebe mit bedingten Strafen bestraft, ein Architekt war bereits 2004 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.[7]

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung
Jahr185019001950200020102011201220132014201520162022
Einwohner557613505143116331596158615351492147514331295

Leukerbad hat mit 19 % den grössten Einwohnerrückgang aller Walliser Gemeinden zwischen 2010 und 2019.

Gemeindepräsidenten

AmtszeitNamePartei
1920–1952Robert JulierCSP
1957–1964Severin LoretanCSP
1965–1980Guido LoretanCVP
1981–1999Otto G. LoretanCVP
1999–2000Rainer Matter
2001–2003Othmar CollenbergCSP
2003–2008Jean-Roland RotenCVP
2009–2012Raoul Loretan
2013–Christian GrichtingCVP

Sehenswürdigkeiten

  • Thermalbäder
  • Lorenzquelle[8]
  • Thermalquellensteg
  • Gemmiweg
  • Klettersteig Daubenhorn
  • Klettersteig Gemmi
  • Albinenleitern
  • Torrenthorn

Pfarrei

Dorfpartie in der Kirchgasse
Antoniuskapelle im Ortsteil Birchen

Die Gemeinde Leukerbad gehörte jahrhundertelang zur Grosspfarrei Leuk. Bischof Matthäus Schiner errichtete 1501 eine selbstständige Pfarrei. Bereits 1484 legte Bischof Jost von Silenen den Grundstein zu einer entsprechenden Kirche. Der zu klein gewordene Kirchenbau wurde 1865 erweitert, in dem die Kirche um 90 Grad gedreht wurde. Die Einweihung erfolgte 1866 durch Bischof Pierre-Joseph de Preux. Das heutige Hauptportal an der Nordseite, der Glockenturm und die Seitenkapelle als früherer Chor gehen zurück auf den Kirchenbau von 1484.

Im Ortsteil Birchen steht die Kapelle zum Antonius von Padua. Das 1705 erstmals dokumentierte Gotteshaus wurde 1999 letztmals renoviert.

Anfang des 19. Jahrhunderts beginnt die Geschichte des Protestantismus in Leukerbad.

Tourismus

Gemmi

Der Gemmipass war schon im Mittelalter eine wichtige Verbindung zwischen dem Kanton Bern und dem Kanton Wallis. Seit 1957 fährt von Leukerbad (1411 m ü. M.) die Luftseilbahn Gemmibahn zum Pass (2314 m ü. M.). 2012 wurde sie erneuert. Gemmi ist im Sommer der Ausgangspunkt für Wanderer nach Kandersteg, Adelboden und für den Klettersteig des Daubenhorns. Direkt unter der Bergstation wurde der 330 m lange Erlebnisklettersteig Gemmiwand angelegt.

Im Winter sind Langlaufloipen, Schlittenwege, Schneeschuhwege und Winterwanderwege angelegt und die Gemmi ist auch Startpunkt für Tourenskigänger Richtung Wildstrubel, Daubenhorn, Balmhorn und Steghorn. Auch der Wanderweg über das Berghotel Schwarenbach[9] nach Kandersteg ist im Winter als Winterwanderweg offen.

Torrent

Torrent ist das Skigebiet von Leukerbad und verfügt über 50 km Pisten. Von Leukerbad fährt eine Seilbahn zur Rinderhütte (2340 m ü. M.), dem Mittelpunkt der Anlagen. Die zahlreichen Wandermöglichkeiten führen zum Gipfel des Torrenthorns, auf den Restipass zum Lötschental oder zur Majingalp und Flüealp.

Persönlichkeiten

  • Josef Anton Berchtold (1780–1859), Geistlicher, von 1803 bis 1816 Pfarrer in Leukerbad, Gründer der örtlichen Volksschule
  • Joseph Loretan (1806–1876), Grossrat (1847–1876), Kantonsrichter (1853–1876)
  • Gustav Loretan (1848–1932), Grossrat (1877–1913), Ständerat (1885–1895), Nationalrat (1895–1908), Kantonsrichter (1907–1929)
  • Raymund Loretan (1885–1963), Grossrat (1913–1927), Ständerat (1920–1928), Staatsrat (1927–1937), Ersatzrichter am Bundesgericht (1925–1954)
  • Pericle Patocchi (1911–1968), Schriftsteller, in Leukerbad gestorben
  • Wolfgang Loretan (1914–2011), Staatsrat (1965–1977)
  • James Baldwin (1924–1987), Schriftsteller, verarbeitete seine Erinnerungen an einen Aufenthalt in Leukerbad in seinem Essay «Stranger in the Village» (dt.: «Fremder im Dorf»)[10]
  • Eduard Zimmermann (1929–2009), deutscher Journalist und Fernsehmoderator, lebte von 1997 bis 2008 mit seiner Ehefrau in Leukerbad
  • Otto G. Loretan (* 1946), Gemeindepräsident (1981–1998), Grossrat (1993–1997), Nationalrat (1995–1999) und verurteilter Betrüger, verantwortlich für das Finanzdebakel in Leukerbad
  • Karin Roten (* 1976), Skirennläuferin, in Leukerbad geboren
  • Mauro Rodrigues (* 2001), Fussballspieler, wuchs in Leukerbad auf

Literatur

Commons: Leukerbad – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Leukerbad – Reiseführer
BW

Einzelnachweise

  1. Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
  2. Generalisierte Grenzen 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 7. September 2023.
  3. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  4. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  5. Majinggletscher auf ETHorama
  6. Kanton Wallis, Präsidium Kantonales Finanzinspektorat vom 19. Mai 2006, S. 2 ff.
  7. Andri Rostetter: 25 Jahre nach dem Ruin: Die Auferstehung von Leukerbad. In: Neue Zürcher Zeitung, 1. Oktober 2023 (E-Paper).
  8. Lorenzquelle auf ETHorama
  9. Berghotel Schwarenbach auf ETHorama
  10. Teju Cole: Black Body: Rereading James Baldwin’s „Stranger in the Village“. 19. August 2014, ISSN 0028-792X (newyorker.com [abgerufen am 29. März 2024]).
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