Leopoldine Blahetka

Anna Maria Leopoldine Blahetka (* 16. November 1809 in Guntramsdorf bei Wien; † 17. Jänner 1885 in Boulogne-sur-Mer) war eine österreichische Komponistin und Pianistin.

Leopoldine Blahetka, Lithographie von Adolf Kunike, um 1830.
Gedenktafel an ihrem Geburtshaus in Guntramsdorf

Leben

Anna Maria Leopoldine Blahetka wurde am 16. November 1809 in Guntramsdorf in Niederösterreich als Tochter von Joseph Blahetka, Inspektor in der benachbarten Papierfabrik, der späteren Druckfabrik, und Barbara Blahetka (geb. Traeg) geboren. Ihr Vater war mit Ludwig van Beethoven befreundet und trat später in den Musikverlag Johann Baptist Traeg ein.[1] Im Alter von 9½ Jahren absolvierte Leopoldine Blahetka erste öffentliche Auftritte, und die Wiener Presse bezeichnete sie als „Wunderkind“. Mit 11 Jahren schuf sie ihre ersten Kompositionen, die sie im Rahmen ihrer Konzerte auch regelmäßig aufführte.[2]

Ersten Klavierunterricht erhielt Leopoldine Blahetka von ihrer Mutter, sie studierte später bei Joachim Hoffmann, Joseph Czerny, Friedrich Kalkbrenner, Ignaz Moscheles und Katharina Cibbini Klavier sowie bei Simon Sechter Musiktheorie. Ludwig van Beethoven hörte sie schon als Fünfjährige Klavier spielen. Er erkannte ihr Talent, gab ihr Unterricht und vermittelte zudem den Unterricht zu Joseph Czerny.[3] 1821 unternahm sie eine Konzertreise nach Prag, Karlsbad und Teplitz, 1825/26 u. a. nach München, Karlsruhe, Berlin, Hamburg und Leipzig. 1830 konzertierte sie in Graz und Klagenfurt und unternahm eine längere Konzertreise u. a. über München, Frankfurt a. M., Gotha, Den Haag und Brüssel nach London.[4] Robert Schumann, der sie auf ihrer Konzertreise in Deutschland hörte, urteilte, ihr Spiel sei „ein echt weibliches, zart, besonnen und ausgearbeitet“. Auch ihre Kompositionen beeindruckten ihn sehr.[5]

1828 trat Leopoldine Blahetka in Wien bei einem Konzert des Geigers Niccolò Paganini auf, welcher dadurch seine Bewunderung ihr gegenüber zum Ausdruck brachte. In Wien stand sie außerdem weiterhin mit Beethoven in Kontakt und lernte Franz Schubert und Frédéric Chopin kennen.

Nach ihren ersten Kompositionen von Klaviermusik folgte sie der Mode des Biedermeiers und komponierte den Einakter Die Räuber und der Sänger, der am 22. März 1830 am Hoftheater in Wien uraufgeführt wurde.

1833 übersiedelte Leopoldine Blahetka im Alter von 24 Jahren mit ihren Eltern aufgrund ihres Asthmas nach Boulogne-sur-Mer. Dort unterrichtete sie Klavier, komponierte und ihre Konzerte galten als künstlerische Höhepunkte ihrer neuen Heimatstadt.[6] Außerdem ging sie weiterhin auf Konzertreisen. Aus ihrer Zeit in Frankreich ist darüber hinaus wenig über ihr Leben bekannt. Ihre große Leidenschaft galt weiterhin der Musik. Sie komponierte mehr als 70 Werke, darunter auch Orchesterstücke, Walzer, Lieder und geistliche Werke.

Am 17. Jänner 1885 verstarb Leopldine Blahetka in Boulogne-sur-Mer, wo ihr Begräbnis aufgrund ihres hohen Ansehens zu einem gesellschaftlichen Ereignis wurde.[7]

Werk

  • Operette
    • Die Räuber und der Sänger
  • Klavierwerke (Auswahl)
    • Deux Nocturnes op. 46
    • Grand Duo (Klavier 4hdg.) op. 47
    • Capriccio op. 48
    • Quadrille des Patineurs dans 'Le Prophète' varie op. 56
  • Kammermusik (Auswahl)
    • Klaviertrio op. 5
    • Klavierquartett "Premier Quatuor" op. 43 und "Second Quatuor" op. 44
    • Violinsonate op. 15
  • Walzer (Auswahl)
    • Six Valses avec Trio et Coda op. 26
    • Six Valses à la Viennoise op. 42
  • Lieder
    • Nachtgesang op. 7
    • 6 Deutsche Lieder op. 16
    • Rastlose Liebe op. 32
    • Fragment du poème 'Maud' op. 64
  • Geistliche Werke
    • Ave Maria op. 57
    • Pater Noster op. 58

Literatur

  • Barbara Boisits: Blahetka, Marie Leopoldine. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, ISBN 3-7001-3043-0.
  • Blahetka Marie Leopoldine. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 91.
  • Peter Erhart: Niederösterreichische Komponisten: Komponisten aus Niederösterreich, Komponisten in Niederösterreich, Die grossen Meister in Niederösterreich, inklusive Ortsregister und Personenregister. L. Doblinger, Wien 1998, ISBN 3-900695-41-5.
  • Friedrich Heller: Biographische Beiträge zum Musikleben Wiens im 19. und frühen 20. Jahrhundert: Leopoldine Blahetka, Eduard Hanslick, Robert Hirschfeld, Wien 1992. ISBN 3-85369-880-8
  • Freia Hoffmann: Die Wiener Pianistin Leopoldine Blahetka (1809–1885). Zwischen klassischer Tradition und marktgerechtem Virtuosentum. In: Elena Ostleitner, Ursula Simek (Hrsg.): Ich fahre in mein liebes Wien. Clara Schumann: Fakten, Bilder, Projektionen (= Frauentöne 3), Wien 1996, ISBN 978-3-85409-270-4, S. 111–120.
  • Freia Hoffmann: Blahetka, (Marie) Leopoldine. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 3 (Bjelinski – Calzabigi). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2000, ISBN 3-7618-1113-6, Sp. 23 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
  • Christian Lambour: »Wir Wiener können stolz auf unsere Landsmänninn seyn« Die Beethoven-Schülerin Leopoldine Blahetka. In: Bettina Brand, Martina Helmig (Hrsg.): Maßstab Beethoven? Komponistinnen im Schatten des Geniekults, München 2001, ISBN 978-3-88377-688-0, S. 77–85.
  • Rosario Marciano, Jorge Sanchez-Chiong: Blahetka, (Marie) [Maria] Leopoldine. In: Julie Anne Sadie, Rhian Samuel (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Women Composers. Macmillan 1994, ISBN 978-0-393-03487-5, S. 65f.
  • Constantin von Wurzbach: Blahetka, Leopoldine. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 1. Theil. Universitäts-Buchdruckerei L. C. Zamarski (vormals J. P. Sollinger), Wien 1856, S. 421 f. (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Christian Lambour: „»Wir Wiener können stolz auf unsere Landsmänninn seyn« Die Beethoven-Schülerin Leopoldine Blahetka.“ In: Bettina Brand, Martina Helmig (Hg.), Maßstab Beethoven? Komponistinnen im Schatten des Geniekults, München 2001, S. 77.
  2. Freia Hoffmann: Artikel „Blahetka, (Anna, Anne, Maria, Marie,) Leopoldine, Léopoldine“. In: Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. 2008. Online-Lexikon des Sophie Drinker Instituts, hrsg. von Freia Hoffmann.
  3. Christian Lambour: „»Wir Wiener können stolz auf unsere Landsmänninn seyn« Die Beethoven-Schülerin Leopoldine Blahetka.“ In: Bettina Brand, Martina Helmig (Hg.), Maßstab Beethoven? Komponistinnen im Schatten des Geniekults, München 2001, S. 77f.
  4. Freia Hoffmann: Artikel „Blahetka, (Anna, Anne, Maria, Marie,) Leopoldine, Léopoldine“. In: Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. 2008. Online-Lexikon des Sophie Drinker Instituts, hrsg. von Freia Hoffmann.
  5. Schumann-Portal: Maria Leopoldine Blahetka (1809-1885), Schumann-Netzwerk Bonn, hrsg. von Ingrid Bodsch
  6. Christian Lambour: „»Wir Wiener können stolz auf unsere Landsmänninn seyn« Die Beethoven-Schülerin Leopoldine Blahetka.“ In: Bettina Brand, Martina Helmig (Hg.), Maßstab Beethoven? Komponistinnen im Schatten des Geniekults, München 2001, S. 80, 82.
  7. Freia Hoffmann: Artikel „Blahetka, (Anna, Anne, Maria, Marie,) Leopoldine, Léopoldine“. In: Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. 2008. Online-Lexikon des Sophie Drinker Instituts, hrsg. von Freia Hoffmann; vgl. auch Christian Lambour: „»Wir Wiener können stolz auf unsere Landsmänninn seyn« Die Beethoven-Schülerin Leopoldine Blahetka.“ In: Bettina Brand, Martina Helmig (Hg.), Maßstab Beethoven? Komponistinnen im Schatten des Geniekults, München 2001, S. 82.
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