Leopold Lindtberg

Leopold Lindtberg; eigentlich Leopold Lemberger, nach anderen Quellen Lamberger (* 1. Juni 1902 in Wien; † 18. April 1984 in Sils Maria) war ein österreichisch-schweizerischer Schauspieler, Theater- und Filmregisseur sowie Opernregisseur. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte er in die Schweiz. Er zählt zu den wichtigsten Regisseuren des Schauspielhauses Zürich und des Schweizer Films der 1930er und 40er Jahre.[1]

Leopold Lindtberg mit Ullrich Haupt und Peter Frankenfeld, Hauptproben zur Uraufführung des Stücks Biografie: Ein Spiel von Max Frisch, Schauspielhaus Zürich, Foto: Josef Schmid, Comet Photo, Bildarchiv der ETH-Bibliothek, Zürich, 1968

Leben

Leopold Lindtberg im Gespräch mit Friedrich Dürrenmatt, Proben zu Der Meteor, Schauspielhaus Zürich, Foto: Jack Metzger, Comet Photo, Bildarchiv der ETH Zürich, 1966
Dies.

Leopold Lindtberg wurde als Sohn des jüdischen Kaufmanns Heinrich Lemberger und dessen Gattin Adele geb. Pollak in Wien geboren. An der Universität seiner Heimatstadt studierte er Germanistik, Theaterwissenschaft sowie Kunstgeschichte und nahm parallel dazu Schauspielunterricht am Wiener Konservatorium. 1922 debütierte er als Schauspieler am Berliner „dramatischen Theater“. 1926 führte er erstmals Regie (Theater Bielefeld) und war danach in Berlin bei Erwin Piscator und am Düsseldorfer Schauspielhaus bei Walter Bruno Iltz tätig. Mit der Regie im Kurzfilm Wenn zwei sich streiten (1932) kam er erstmals mit dem Tonfilm in Berührung.

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung emigrierte er über Paris, Warschau und Tel Aviv 1933 in die Schweiz, in der er 1951 eingebürgert wurde. 1933 bis 1948 war er Regisseur am Schauspielhaus Zürich, danach ständiger Gastregisseur und Ehrenmitglied des Wiener Burgtheaters, 1963/64 Professor am Reinhardt-Seminar, 1963 bis 1965 Leiter der Filmschule an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien, 1965 bis 1968 Direktor des Schauspielhauses Zürich.

Familiengrabstätte von Leopold, seiner Frau Valeska Lindtberg und der Tochter Bettina Lindtberg, Friedhof Enzenbühl, Zürich

1935 engagierte ihn der ebenfalls aus Österreich stammende Lazar Wechsler als Regisseur für seine neu gegründete Praesens-Film – einer der ersten, die größte und einzige bedeutsame Schweizer Filmproduktionsgesellschaft der nächsten 20 Jahre. Lindtbergs erste Inszenierung war Jä-soo! (1935). Mit der Verfilmung der Novelle Die missbrauchten Liebesbriefe (1940) von Gottfried Keller gewann er 1940 auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig den Coppa Mussolini. In mehreren Schweizer Filmen, die zu Klassikern wurden, führte er Regie, so in Füsilier Wipf (1938), Wachtmeister Studer (1939), Landammann Stauffacher (1941) und Marie-Louise (1944). In seinem wichtigsten Film Die letzte Chance (1945) setzte er sich kritisch mit der Schweizer Flüchtlingspolitik auseinander. 1951 wurde er Schweizer.

Privatleben

Lindtberg war seit 1941 mit der Pianistin Valeska Hirsch (1910–2004) verheiratet, die u. a. im Kabarett Die Pfeffermühle wirkte. Seine beiden Töchter heißen Susanne (* 1941) und Bettina Myriam (* 21. März 1946 Zürich; † 2. Juli 2002 ebenda). Letztere wurde ebenfalls Schauspielerin.

Die Familiengrabstätte Lindtberg befindet sich auf dem Friedhof Enzenbühl (FG 81140) in Zürich.[2]

Uraufführungen am Schauspielhaus Zürich

Filmografie (Kinofilme komplett)

Heinrich Gretler als Wachtmeister Studer im gleichnamigen Film aus dem Jahre 1939, Foto: Emil Berna, Praesens-Film
Filmzeitschrift Mein Film mit dem Bildbericht zur Premiere von Matto regiert in Wien, 1948

Auszeichnungen

Literatur

  • Felix Aeppli: Lindtberg, Leopold. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Hervé Dumont: Leopold Lindtberg und der Schweizer Film 1935–1953. Knorr, Ulm 1981.
  • Christian Jauslin: Leopold Lindtberg. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 2, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 1115 f.
  • Edith Marktl: Lindtberg, Leopold. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 617 f. (Digitalisat).
  • Nicole Metzger: „Alles in Szene setzen, nur sich selber nicht“. Der Regisseur Leopold Lindtberg. Braumüller u. Ed. Theaterkultur: Wien u. a. 2002. (= Schriften / Schweizerische Gesellschaft für Theaterkultur; 23) ISBN 3-908145-43-0.
  • Thomas Pfister, Hans-Michael Bock: Leopold Lindtberg – Regisseur, Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 14, 1989.
  • Daniela Strasser: „Widerlicher Hetzfilm“ versus „Triumph der Menschlichkeit“. Die Rezeption der „Vier im Jeep“ in Österreich im Kontext des Kalten Krieges. Dipl.-Arb., Wien 2001.
  • Lindtberg, Leopold. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 16: Lewi – Mehr. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 2008, ISBN 978-3-598-22696-0, S. 59–63.
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 434 f.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L – N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 47 f.
  • Kay Weniger: 'Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …'. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. Acabus, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 312 ff.

Beitrag von und mit Leopold Lindtberg bei SRF

Einzelnachweise

  1. Schauspielhaus Zürich: Chronik. abgerufen am 8. März 2023.
  2. Daniel Foppa: Berühmte und vergessene Tote auf Zürichs Friedhöfen. Limmat Verlag, Zürich 2000, ISBN 3-85791-324-X, S. 96 f., 174.
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