Leonid Aronowitsch Schwarzman
Leonid Aronowitsch Schwarzman (russisch Леонид Аронович Шварцман, eigentlich Israil Aronowitsch Schwarzman russisch Изра́иль Аро́нович Шва́рцман[1]; * 30. August 1920 in Minsk; † 2. Juli 2022 in Moskau) war ein sowjetischer und russischer Illustrator und Zeichentrickfilmer. Bekannt wurde er besonders durch die Darstellung der bekannten Kinderbuchfiguren Tscheburaschka und Krokodil Gena, deren Geschichten er auch verfilmte.
Leben
Frühe Jahre
Leonid Schwarzman wurde in Minsk als Sohn des Buchhalters Aron Nachmanowitsch und der Hausfrau Rachila Solomonowna (Schlimowna) Schwarzman in einer jüdischen Familie geboren. Er hatte einen älteren Bruder Nachman (* 1910)[2] und eine Schwester Etta (* 1911). In der Familie wurde jiddisch gesprochen.[3] Der Vater starb 1934 an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Leonid zog schon als Jugendlicher nach Leningrad, wo bereits seine Schwester wohnte.
1941 beendete er die Schule am Staatlichen Akademischen Repin-Institut für Malerei, Bildhauerei und Architektur und wurde zur Armee einberufen. Schwarzman baute Befestigungsanlagen und arbeitete in einer mechanischen Reparaturwerkstatt.
Im November 1941 wurde entschieden, dass Spezialisten aus dem belagerten Leningrad evakuiert werden und so wurde Schwarzman nach Tichwin ausgeflogen und von dort fuhr er mit dem Zug weiter nach Tscheljabinsk. Dort arbeitete Schwarzman als Dreher in der Panzerherstellung. Später arbeitete er in einer Spezialwerkstatt an einem Porträt Sergei Kirows am Eingangsportal des Tscheljabinsker Kirow-Werks zum Jahrestag seiner Ermordung.
Die Mutter Schwarzmans, die er noch vor dem Großen Vaterländischen Krieg nach Leningrad geholt hatte, starb dort 1942 während der Blockade.
Nach dem Krieg, 1945, siedelte er nach Moskau über und studierte am Gerassimow-Institut für Kinematographie (WGIK).
Karriere
Ab 1948 arbeitete Schwarzman im Filmstudio Sojusmultfilm, 1951 beendete er die Ausbildung am WGIK mit dem Diplom als Trickfimkünstler (художник-постановщик мультфильмов) und im gleichen Jahr begann er die Zusammenarbeit mit dem Trickfilmer Alexander Winokurow (1922–2002). Ab 1963 begann er eigenständig zu arbeiten, ab 1975 auch als Regisseur.
Schwarzman wurde insbesondere dafür bekannt, dass er an der Visualisierung von Tscheburaschka für den Trickfilm Krokodil Gena des Regisseurs Roman Katschanow im Jahr 1969 beteiligt war.
Er arbeitete außerdem hauptsächlich mit den Regisseuren Lew Atamanow, Iwan Ufimzew und Iwan Aksentschuk zusammen.
Schwarzman illustrierte viele Kinderbücher. Seine Werke waren in zahlreichen Ausstellungen zu sehen.
Er war Mitglied der Russischen Akademie der Filmkunst und der Internationalen Assoziation des Animationsfilms (Asifa).
Schwarzman war einer von mehr als 370 russischen Regisseuren, Produzenten, Drehbuchautoren und Animatoren, die am 26. Februar 2022 in einem offenen Brief die russische Invasion in der Ukraine verurteilten.[4]
Schwarzman war ein „umerzogener“ Linkshänder, er zeichnete aber mit der linken Hand.
Familie
Im Studio Sojusmultfilm lernte er die Animatorin Tatjana Wladimirowna Dombrowskaja (1925–2021) kennen, die er 1951 heiratete. Die Frisur ihrer Mutter, Nina Franzewna Dombrowska, verwendete er für die Figur des Mütterchens Chapeau Claque.[5]
Tod
Schwarzman starb am 2. Juli 2022 mit 101 Jahren in einem Moskauer Krankenhaus an Herzstillstand.[6][7] Am 5. Juli 2022 fand die Begräbnisfeier in der Kirche Sankt Nikolai in Nowaja Sloboda statt und die weltliche Abschiedsfeier im Zentralen Haus des Kinos in Moskau. Beigesetzt wurde er im Dorf Saretschje im Rajon Kirschatsch, Oblast Wladimir.[8]
Filmografie
Als Assistent
- 1948 – Das böse Gewissen
- 1949 – Tschudesny kolokoltschik (Das Zauberglöckchen)
- 1950 – Dewotschka w zirke (Das Mädchen im Zirkus)
- 1950 – Scholty aist (Der gelbe Storch)
Als Künstlerischer Leiter
- 1952 – Die feuerrote Blume (Trickfilm)
- 1954 – Die goldene Antilope
- 1955 – Der Hund und der Kater
- 1957 – Die Schneekönigin
- 1959 – Die Farbendiebe
- 1961 – Der Schlüssel zum Glück
- 1962 – Skaska pro tschuschije kraski (Das Märchen von den fremden Farben)
- 1963 – Prowertje waschi Tschassy (Überprüfen Sie Ihre Uhr)
- 1964 – Djadja Stojpa – milizioner (Onkel Stjopa ist Milizionär)
- 1965 – Portret (Das Porträt)
- 1966 – Poterjalas wnutschka (Die Enkelin ist verlorengegangen)
- 1967 – Wareschka (Der Fausthandschuh)
- 1968 – Soperniki
- 1969 – Krokodil Gena
- 1970 – Pismo (Der Brief)
- 1971 – Tscheburaschka
- 1972 – Mama
- 1973 – Aurora (Puppentrickfilm)
- 1974 – Tscheburaschka und Chapeau-Claque
- 1976–1991 — 38 попугаев (38 Papageien), Filmreihe
- 1976–1982 – Kotjonok po imeni Gaw (Ein Katerchen namens Gaw), Filmreihe
- 1978 – Der Hamster und das Murmeltier
- 1981 – Igel und Schildkröte
- 1981 – Kak budto (Als ob)
- 1983 – Tscheburaschka geht zur Schule
- 1983–1997 – Obesjanki (Die Äffchen), Filmreihe
- 1988 – Dowertschiwy drakon (Der treuherzige Drache)
- 1989 – Wsech poimal (Ich habe alle erwischt)
- 1992 – Sljonok-Turist (Der kleine Elefant als Tourist)
- 1993 – Derewenski wodewil (ländliches Singspiel)
- 1994 – Ach, eti Schmurki!
- 2001 – Dora-Dora Pomidora
Als Regisseur
- 1975 – Kak werbljuschonok i oslik b schkolu chodili (Wie das kleine Kamel und das Eselchen in die Schule gingen)
- 1982 – Kotjonok po imeni Gaw (Ein Katerchen namens Gaw), 5. Teil
- 1983 – Kindergirlande
- 1984 – Vorsicht, Affen!, 2. Teil der Filmreihe Die Äffchen
- 1985 – Die Affen und die Räuber, 3. Teil der Filmreihe Die Äffchen
- 1987 – Wie die Affen zu Mittag aßen, 4. Teil der Filmreihe Die Äffchen
- 1988 – Dowertschiwy drakon (Der treuherzige Drache)
- 1989 – Wsech poimal (Ich habe alle erwischt)
- 1990 – Newidannaja, neslychannaja (Erstaunlich, unerhört)
- 1993 – Vorwärts, ihr Affen, 5. Teil der Filmreihe Die Äffchen
- 1995 – Die Affen in der Oper, 6. Teil der Filmreihe Die Äffchen
- 1997 – Die Äffchen. Rettungsdienst, 7. Teil der Filmreihe Die Äffchen
Dokumentarfilme
LeonidSchwarzman war auch in Dokumentarfilmen zu sehen:[9]
- 2001: Mir animazii ili animazii mira (De Welt der Animation oder die Animation der Welt)
- 2003: Skaski i byli (Sojusmultifilm: Märchen und wahre Geschichten)
- 2003: Chudoschnikprofessija i sudba (Künstler – Beruf und Schicksal)
- 2005: Kukly w mire ljudei (Puppen in der Welt der Menschen; aus der Serie Szenarien für Buratino)
- 2006: Fabrik der Wunder
- 2006: Newessomaja schisn (Schwereloses Leben)
- 2020: Eto Edik: Skaska o podarennom i ukradennom detstwe (Das ist Edik: Märchen über die geschenkte und gestolene Kindheit; Film über Eduard Uspenski)
Auszeichnungen und Ehrungen
- Alexander-Newski-Orden (2020) – „für seinen großen Beitrag zur Entwicklung der Kunst und Kultur des Landes und die langjährige fruchtbare Tätigkeit“.[10]
- Medaille „Für die Verteidigung Leningrads“
- Volkskünstler der Russischen Föderation (2002) – Für große Verdienste auf dem Gebiet der Kunst.[11]
- Verdienter Künstler der RSFSR (1981) – Für Verdienste auf dem Gebiet der sowjetischen Filmkunst.[12]
- Preis des Präsidenten der Russischen Föderation auf dem Gebiet von Literatur und Kunst für Werke für Kinder und Jugendliche (2016) – Für seine Beitrag zur Entwicklung der Animationskunst.[13]
- Spezialpreis „Alexei German“ des Nationalen Kinopreises Nika (2021) – für seinen Beitrag zur Filkunst des Landes.[14]
- nationaler Animationspreis Ikarus (2020)[15]
- Preise auf Festivals[16]
- 1983: Kindergirlande (zusammen mit Maja Miroschkina) – Preis für den besten Kinderfilm, XIV. Internationales Kurzfilmfestival Tampere
- 1984: Vorsicht, Affen! (zusammen mit Maja Miroschkina) – Preis für den besten Kinderfilm auf dem Gebiet der Animation, Allunionsfilmfestival
- 2006: Preis für seinen Beitrag zum Beruf des Trickfilmers auf dem XI. Öffentlichen russischen Festivals des Animationsfilms in Susdal
Schwarzman war Ehrendirektor des Museums des Animationsfilms in Moskau.[17]
Weblinks
- Leonid Aronowitsch Schwarzman bei IMDb
- Шварцман Леонид (Израиль) Аронович auf Аниматор.ру (russ.)
- Леонид Шварцман. In: Enzklopädie des russischen Films. Archiviert vom am 20. August 2012; abgerufen am 14. August 2022 (russisch).
- Swetlana Samodelowa: Вождь кукольного пролетариата (Der Anführer des Pupen-Proletariats)
- Larissa Maljukowa: 38 попугаев и ещё одно крылышко (28 Papageien und noch ein Flügelchen), Nowaja gaseta, 30. Juni 2003
- S. Kapkow: Interview mit Leonid Schwarzman Gaseta, 11. Juli 2004
- Oleg Matwejew: Как я нарисовал Чебурашку. In: moslenta.ru. 12. Mai 2015, archiviert vom am 17. Mai 2015; abgerufen am 14. August 2022 (russisch).
- Леонид Шварцман: «Авторство Чебурашки я доказать не смог» (Leonid Schwarzman: „Ich konnte die Urheberschaft von Tscheburaschka nicht beweisen“), Express-gaseta, 20. Mai 2020
- Leonid Aronowitsch Schwarzman in der Datenbank Find a Grave (englisch)
Einzelnachweise
- Bis 1967 wurde er im Filmvorspann Israil Schwarzman genannt, später Leonid Schwarzman.
- Schwarzman, Nachman Aronowitsch на сайте «Память народа»auf der Website pamyat-naroda.ru
- Interview mit Leonid Schwarzman (Oktober 2011;russisch)
- Russian animation veterans sign open letter condemning invasion of Ukraine
- Leonid Schwarzman: „Ich konnte die Urheberschaft von Tscheburaschka nicht beweisen“ (russ.)
- Leonid Schwarzman, Zeichner der Trickfilmfigur Tscheburaschka, ist tot, Deutschlandfunk Kultur, 2. Juli 2022
- Названы причины смерти режиссера-мультипликатора Леонида Шварцмана (russ.)
- Мультипликатора Леонида Шварцмана похоронили в селе Заречье
- Шварцман Л. А. Биография
- Erlass Nr. 529 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 26. August 2020
- Erlass Nr. 390 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 15. April 2002
- Erlass Nr. 581 des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 21. April 1981
- Erlass Nr. 114 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 22. März 2017
- Победители XXXIV НИКИ! (Die Preisträger des 34. NIKI). In: kino-nika.com. Abgerufen am 29. Juli 2022 (russisch).
- Праздник мультипликации: лауреаты от 17 до 100 лет. Festttag der Animation: Die Preisträger sind von 17 bis 100 Jahre alt. In: Nesawissimaja gaseta. 10. September 2020 (russisch).
- Sergei Kapkow: Enzyklopädie der einheimischen Animation. Алгоритм, Moskau 2006, S. 724—726 (russisch).
- Geschichte des Museums (russ.)