Leonhardskapelle (Augsburg)
Die St.-Leonhards-Kapelle in Augsburg war ein Sakralbau im ehemaligen Stadtpalais der Welser, dem sogenannten Welserhaus, das sich an der Ecke Karolinenstraße / Karlstraße (ehem. Judengasse) befand und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Reste der Gewölbe baute man 1963 im Keller des Senioratsgebäudes der Fuggerei ein.
Geschichte
Die Kapelle St. Lienhart wurde 1241 erstmals urkundlich erwähnt und war bis zur ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Besitz des Augsburger Domkapitels. Wann sie errichtet wurde, ist nicht bekannt. Möglicherweise ist die Kapelle baulicher Nachfolger einer Synagoge an gleicher Stelle.[1] 1351/55 wurde das angrenzende, damals als Haus auf dem Stein bezeichnete Anwesen von dem Augsburger Stadtpfleger Konrad Ilsung übernommen, der möglicherweise den Sakralbau als Hauskapelle nutzte. Man nimmt an, dass in dieser Epoche auch die erhaltenen Rippengewölbe entstanden sind. Mit dem Aussterben der Ilsung auf dem Stein kam das Anwesen 1422 an die Familie Welser und wurde seither als Welserhaus bezeichnet.
Laut einer Urkunde von 1503 gestattete das Domkapitel dem Patrizier Anton Welser als Lehensherr der Pründe, an der St.-Leonhards-Kapelle Umbauarbeiten durchzuführen.[2] Wobei er einen Durchgang von der Kapelle zu seinem Wohnhaus errichtete. 1539 ließ dessen Sohn, der Patrizier Bartholomäus Welser, die Kapelle in sein Anwesen integrieren und dort sein Bankhaus einrichten. Dabei wurde die bisher frei stehende Kapelle überbaut. Die Welser vererbten das Anwesen im 18. Jahrhundert an die Familie Hößlin. 1880 ging es in den Besitz des Seifenfabrikanten J. Freyinger über, der dort eine Seifenfabrikation mit Laden betrieb. Zeitweise dienten die Gewölbe als Eisenwarenlager. 1913 wurde die Kapelle zur Gaststätte St.-Leonhards-Kapelle umfunktioniert.
Mit den Luftangriffen auf Augsburg in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 wurde das mittelalterliche Welserhaus zerstört, die spätgotischen Gewölbe der Kapelle waren jedoch erhalten. Nachdem der einstige Sakralbau fast zehn Jahre lange nur notdürftig durch einen Bretterverschalung geschützt war, entschloss sich der Stadtrat auf Grund des ruinösen Zustandes im Juni 1955 für eine Aufhebung des Denkmalschutzes. Auch wurde gegen eine Zusage von Seiten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege von 50.000 DM zur Erhaltung der Leonhardskapelle gestimmt, da dies niemals ausreichend für eine Erhaltung oder gar Rekonstruktion gewesen wäre. Im Oktober 1958 begann man schließlich mit dem Abriss des Gebäudes, das mittlerweile auch dem Ausbau der Karlstraße zur autogerechten Ost-West-Achse im Wege stand. Die erhaltenen Säulen und Kapitelle wurden zerlegt und in der Dominikanerkirche zwischengelagert. Im Jahre 1963 erfolgte der Einbau in den Keller des Senioratsgebäudes der Fuggerei. An der Stelle des einstigen Welserhauses entstand ein modernes, sich formal an das frühere Erscheinungsbild anlehnende Geschäftshaus.
Literatur
- Werner Lutz: Augsburgs Weg zur modernen Großstadt 1907–1972. Die Künstlervereinigung Augsburg „Die Ecke“ als kritischer Wegbegleiter. Hrsg. vom Architekturmuseum Schwaben und der Arno-Buchegger-Stiftung. 2001, S. 169–173.
- Johannes Hallinger: Augsburg – Fenster zur Vergangenheit: Fotos vom alten Augsburg 1870–1944 aus dem Bildarchiv des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. Wißner-Verlag, Augsburg 2007, S. 54.
- Franz Häußler: Die Kaisermeile Augsburgs Prachtstraße von St. Ulrich bis Dom. Wißner Verlag, Augsburg 2000, S. 126–131.
Einzelnachweise
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Band 85). 2. Auflage. Bayerische Verlagsanstalt, Bamberg 1992, ISBN 3-87052-393-X, S. 245.
- Mark Häberlein, Johannes Burkhardt: Die Welser: Neue Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2014, ISBN 978-3-05-007705-5 (google.de [abgerufen am 19. August 2018]).