Diener
Ein Diener (auch Hausdiener oder Kammerdiener, beim Adel oft Leibdiener) ist im herkömmlichen Sinne ein Mitglied des Hausgesindes (veraltet: ein Domestike), der für seinen Arbeitgeber oder Dienstherrn bestimmte häusliche Pflichten erfüllt.
Kennzeichnung
Die Pflichten eines Kammerdieners bestanden in erster Linie in der persönlichen Bedienung des Herrn; dazu gehörten üblicherweise das Vorlegen, Reinigen und Bügeln der Kleidung, Rasur, Frisur, Maniküre sowie Einkäufe und Botengänge. Manchmal führten Diener auch den Haushalt ihres Herrn (als „Wirtschafter“) und übernahmen Arbeiten wie Putzen, Waschen und Kochen, die üblicherweise von Dienstmädchen oder Mägden bzw. Küchenpersonal erledigt wurden. Alle diese Tätigkeiten galten für in der gesellschaftlichen Rangordnung höherstehende Menschen als „nicht standesgemäß“.
Seit den Zeiten der ersten Früh- und Hochkulturen gab es Hausdiener, die oft im Abhängigkeitsverhältnis der Sklaverei untergeordnet waren, allerdings auch den sozialen Aufstieg als Freigelassene erlangen konnten.
Ein gewisses Vertrautheits- oder Vertrauensverhältnis und die Einhaltung zeremonieller, höfischer Etikette spielten dabei stets eine große Rolle. Für Hausdiener, die direkten Kontakt mit ihrer Herrschaft hatten, waren Eigenschaften wie Höflichkeit, Treue, Aufrichtigkeit, Diskretion und Gehorsam wichtig. An manchen Kaiser- oder Königshöfen waren Kammerdiener diejenigen, die direkten Zugang zu ihrem Herrn hatten und die das Privatleben des Herrschers bis ins kleinste Detail kannten.
An größeren Höfen waren die Hofdiener ihrer Tätigkeit entsprechend hierarchisch eingeordnet und in der „Niederen Dienerschaft“ organisiert. An ihrer Livree erkannte man ihren Rang in der Hierarchie. Die Niedere Dienerschaft war geteilt in Hofdienerschaft und Stalldienerschaft.
England
Die Dienerschaft in einem englischen Haushalt war streng hierarchisch organisiert. An der Spitze stand der Butler, dem insbesondere organisatorische Aufgaben zukamen. Die restliche männliche Dienerschaft war aufgeteilt zwischen den Valets (Kammerdiener) und den Footmen (Hausdiener).
Ein Valet, auch Gentleman’s Valet, stand als Gegenstück zur Lady’s Maid zur ständigen persönlichen Verfügung eines männlichen Familienmitglieds. Ihm kamen Aufgaben wie An- und Umkleiden, Bedienung außerhalb der Essenszeiten und persönliche Besorgungen zu.
Der Footman hingegen hatte allgemeinere Aufgaben; er servierte bei Tisch, schenkte Getränke aus oder kümmerte sich um Gäste. Da er oft (im Gegensatz zum „privaten“ Valet) repräsentative Aufgaben übernahm, war es wichtig, dass er groß, jung und gutaussehend war – ein größerer Footman konnte für seine Dienste mehr Lohn verlangen. Footmen verließen den Dienst mit fortschreitendem Alter oder stiegen zum Butler auf.
Theater
Der Diener ist auch eine traditionelle Figur des Theaters, insbesondere der Komödie. Die Commedia dell’Arte schuf zwei verschiedene Dienertypen: Dem schlauen Intriganten einerseits stand der naive Tölpel andererseits gegenüber. Im 18. Jahrhundert bildete sich ein neuer Dienertyp heraus: In der italienischen Komödie wie Carlo Goldonis Der Diener zweier Herren (1745) und in der Opera buffa, etwa Leporello in Don Giovanni (1787) oder Figaro in Die Hochzeit des Figaro (1784) spielen die Diener den karikierenden Gegenpart zu ihren Herren. Hier traten, am Vorabend der Französischen Revolution, die Diener, die zuvor nur als Randfiguren erschienen, immer mehr selbst in den Mittelpunkt des Geschehens.
Im 19. Jahrhundert dagegen trat die Dienerfigur, nun meist als Kammerdiener, wieder in ihre traditionelle Funktion zurück. Im Theater stellte der Diener als bevormundender Butler die Verhältnisse auf den Kopf. Erst im 20. Jahrhundert machten Hugo von Hofmannsthal in Der Unbestechliche (1923) und Bertolt Brecht in Herr Puntila und sein Knecht Matti (1940) erneut das Verhältnis des Dieners zu seinem Herrn zum Hauptthema.
Bekannte Diener
- Paul Burrell (* 1958), Diener von Elisabeth II., später der Butler von Prinzessin Diana und Prinz Charles
- Goethes Diener (zusammenfassender Artikel)
- Ignatius Fortuna († 1789), „Kammermohr“ Essener Fürstäbtissinnen
- Lothar Herzog (* 1943), Steward von Erich Honecker
- Jost Hoen (1500–1569), Diener bei Graf Wilhelm dem Reichen von Nassau-Dillenburg, Erzieher des späteren Prinzen Wilhelm von Oranien
- Georg Franz Kolschitzky (1640–1694), Diener des kaiserlichen Gesandten Johann Philipp Beris und Spion
- Martin Lampe (1734–1806), Diener Immanuel Kants
- Heinz Linge (1913–1980), Kammerdiener von Adolf Hitler
- Malchus, Diener bei Kajaphas, dem Hohenpriester Israels
- Franz Anton Rosetti (1750–1792), Diener und Musiker in der Hofkapelle des Fürsten Kraft Ernst zu Oettingen-Wallerstein, später Komponist
- Georg Gottfried Rudolph (1778–1840), Diener Friedrich Schillers
- Robert Walser (1878–1956), 1905 vorübergehend Diener auf Schloss Dambrau, besuchte eine Dienerschule in Berlin
Literatur
- Eberhard Fritz: Knecht, Kutscher, Koch, Kammerdiener, König. Zur Sozialgeschichte des königlichen Hofes in Württemberg (1806 bis 1918). In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte, 66/2007, S. 249–292.
- Eberhard Fritz: Der württembergische Hof im frühen 19. Jahrhundert. Zur Lebenswelt der Hofbediensteten in der Regierungszeit des Königs Friedrich von Württemberg. In: Ludwigsburger Geschichtsblätter, 61/2007, S. 43–62.
- Thorsten Heese: Von Mohren und Menschen. Der afrikanische Diener der Äbtissin Johanna Charlotte. In: Historisches Jahrbuch für den Kreis Herford, 1997, S. 67–78.
- Dorothea Klenke: Herr und Diener in der französischen Komödie des 17. und 18. Jahrhunderts. Eine ideologiekritische Studie. Lang, Frankfurt, u. a. 1992, ISBN 3-631-44456-7.
- Markus Krajewski: Der Diener. Mediengeschichte einer Figur zwischen König und Klient. S. Fischer, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-10-038198-9 (Kurzzusammenfassung).
- Heinrich XXVIII. Prinz Reuß zu Köstritz: Der korrekte Diener. Handbuch für Herrschaften und deren Diener. Parey, Berlin 1900 (Volltext bei Wikisource).
- Eberhard Fritz: Diener und Beamte am württembergischen Hof, 1806–1918. Ein biografisches Verzeichnis. Cardamina-Verlag Plaidt 2012, ISBN 978-3-86424-065-2.