Lehnträger

Der Lehnträger,[1] auch Lehensträger[2] oder Lehenträger genannt,[3] war früher im Bergbau die Person, auf die das Lehn geschrieben wurde.[4] Der Begriff Lehnträger war an das Lehensrecht des jeweiligen Landes angelehnt.[5] Der Lehnträger war der gesetzliche Vertreter eines einzelnen Bergwerkbesitzers einer Bergwerks-Gesellschaft oder einer Gewerkschaft in bergrechtlichen Belangen.[2]

Grundlagen

Bis ins späte Mittelalter galt in mehreren Ländern für die Verleihung von nutzbarem Eigentum das Lehenrecht des jeweiligen Landes, wonach der Landesherr der Lehnsherr war.[5] Für den Bergbau galt, dass die Personen, denen die Lehnschaft für einen bestimmten Zeitraum überlassen wurde, um dort bergmännisch nach Bodenschätzen zu suchen, von den erzielten Gewinnen einen vereinbarten Anteil an den Landesfürsten abführen mussten.[1] Da die Landesfürsten die Verwaltung der Lehnschaften nicht selber durchführen wollten, wurden von ihnen als verantwortlicher Beamter ein Bergmeister eingesetzt, der für die bergrechtlichen Belange zuständig war.[3] Da nach dem Lehenrecht für ein Lehen nicht mehrere Personen in den Lehensvertrag eingetragen werden konnten, wurde einer der Gemeinschaft, die das Lehen beantragt hatte, als Lehnträger[ANM 1] eingetragen.[5] Im Bergbau bestimmte die zuständige Bergbehörde, wer jeweils als Lehnträger eingetragen wurde.[6] Bei neu verliehenem Bergwerkseigentum wurde der erste Muter in den Lehenschein eingetragen.[7] Die Belehnungen sowie die genaue Lage des Bergwerks und der Vor- und Zuname des Lehnträgers wurde in das Bergbuch eingetragen.[3] Mit dem Inkrafttreten der neuen Berggesetze wurden sämtliche alten Regelungen bezüglich des Lehnwesens für den Bergbau abgeschafft.[4]

Aufgaben und Befugnisse

Der Lehnträger war mit einer Generalvollmacht versehen, um die Verhandlungen mit der zuständigen Bergbehörde durchzuführen.[2] Nach der Vermessung einer neuen Fundgrube oder Maasse war er berechtigt, den Erbbereitungssprung durchzuführen.[8] Er musste bei neu gegründeten Gewerkschaften dafür sorgen, dass diese zeitnah ins Berggegenbuch eingetragen[ANM 2] wurden.[9] Bedingt durch seine Vollmacht hatte er die Aufgabe[ANM 3], die Berechtsame gegen Zweite und Dritte zu wahren.[10] Er war verantwortlich dafür, dass für eventuelle durch den Bergbaubetrieb entstandene Schäden am Eigentum Dritter (z. B. Äcker, Wälder, Gebäude) dem betroffenen Eigentümer Schadensersatz geleistet wurde.[11] Zudem war er verantwortlich dafür, dass, falls erforderlich, die Zubuße gezahlt wurde.[3] Er und seine Erben war berechtigt, alleine oder zusammen mit anderen Bergbautreibenden (z. B. Gewerken), in dem ihm verliehenen Grubenfeld bergmännisch nach Mineralien zu suchen und die dafür erforderlichen Gebäude und Verkehrswege zu errichten, Schächte abzuteufen und untertägige Grubenbaue aufzufahren.[11] Er war berechtigt, Teile der Berechtsame an einen oder mehrere Lehnhauer zu verleihen, bei dieser Formalität musste der Bergschreiber zugegen sein.[3] Für die Durchführung des Bergwerkbetriebes und seine Beaufsichtigung stellte er in Eigenverantwortung[ANM 4] tüchtige Bergleute und Steiger ein und sorgte dafür, dass das Risswerk ordnungsgemäß geführt wurde.[11]

Einzelnachweise

  1. Julius Dannenberg, Werner Adolf Franck (Hrsg.): Bergmännisches Wörterbuch. Verzeichnis und Erklärung der bei Bergbau - Salinenbetrieb und Aufbereitung vorkommenden technischen Ausdrücke, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft - Technik und Gesetzgebung bearbeitet, F. U. Brockhaus, Leipzig 1882.
  2. Carl von Scheuchenstuel: IDIOTICON der österreichischen Berg- und Hüttensprache. k. k. Hofbuchhändler Wilhelm Braumüller, Wien 1856.
  3. Peter Strelow: Landesherrschaft und Bergrecht in Südwestdeutschland zwischen 1450 und 1600. Ein Vergleich. Inaugural-Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms - Universität, Münster 1997, S. 144, 145, 147, 150, 165, 180.
  4. Moritz Ferdinand Gätzschmann: Sammlung bergmännischer Ausdrücke. Verlag Craz & Gerlach, Freiberg 1859.
  5. Erklärung des allgemeinen teutschen Lehensrechtes. Nach Böhmers Principiis Juris Feudalis und den öffentlichen Vorlesungen auf der Wiener hohen Schule. Bei Franz Jakob Kaiseres, Wien 1793, S. 53–56
  6. Thomas Schilp (Hrsg.), Wilfried Reininghaus, Joachim Huske: Das Muth-, Verleih-, und Bestätigungsbuch 1770 - 1773. Eine Quelle zur Frühgeschichte des Ruhrbergbaus, Wittnaack Verlag, Dortmund 1993, ISBN 3-9802117-9-7.
  7. Swen Rinmann's: Allgemeines Bergwerkslexikon. Zweyter Theil, enthält Bericht bis F, bearbeitet von einer Gesellschaft deutscher Gelehrten und Mineralogen, Fr. Chr. W. Vogel, Leipzig 1808, S. 432, 435.
  8. Johann Christoph Stößel (Hrsg.): Bergmännisches Wörterbuch. Chemnitz 1778.
  9. Carl Friedrich Richter: Neuestes Berg-und Hütten-Lexikon. Oder alphabetische Erklärung aller bei dem Berg- und Hüttenwesen vorkommenden Arbeiten, Werkzeuge und Kunstwörter; Aus dem vorzüglichen mineralogischen und hüttenmännischen Schriften gesammelt und aufgestellt, Erster Band, A - L, in der Kleefeldschen Buchhandlung, Leipzig 1805.
  10. Erklärendes Wörterbuch der im Bergbau in der Hüttenkunde und in Salinenwerken vorkommenden technischen und in Salinenwerken vorkommenden technischen Kunstausdrücke und Fremdwörter. Verlag der Falkenberg’schen Buchhandlung, Burgsteinfurt 1869.
  11. Hans Tasche: Kurzer Ueberblick über das Berg-, Hütten- und Salinen - Wesen im Grossherzogtum Hessen. Verlag der G. Jonghaus’schen Hofbuchhandlung, Darmstadt 1858, A. 82–86.

Anmerkungen

  1. In den neuen Berggesetzen kommt der Begriff nicht mehr vor, hier spricht man vom Bevollmächtigten oder Direktor. (Quelle: Carl von Scheuchenstuel: IDIOTICON der österreichischen Berg- und Hüttensprache.)
  2. Diesen Vorgang nannte man Gewerkschaft ins Gegenbuch bringen. (Quelle: Carl Friedrich Richter: Neuestes Berg-und Hütten-Lexikon.)
  3. Diese Aufgabe wird bei der Gewerkschaft nach dem neuen Bergrecht vom Repräsentanten oder vom Grubenvorstand getätigt. (Quelle: Erklärendes Wörterbuch der im Bergbau in der Hüttenkunde und in Salinenwerken vorkommenden technischen und in Salinenwerken vorkommenden technischen Kunstausdrücke und Fremdwörter.)
  4. Die Eigenverantwortlichkeit wurde von den zuständigen Bergbehörden nicht angetastet, solange der Bergwerksbetrieb ordnungsgemäß vonstattenging. War dies jedoch nicht der Fall, schritten die Behörden ein und inspizierten das betreffende Bergwerk. (Quelle: Hans Tasche: Kurzer Ueberblick über das Berg-, Hütten- und Salinen - Wesen im Grossherzogtum Hessen.)
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