Leckbier
Als Leckbier wird das Übergeschäumte oder der abgestrichene Bierschaum beim Zapfbier bezeichnet, der bei Zapfanlagen und häufig auch beim Zapfen von Bier aus Fässern in einer meist mit einer Loch-, Gitter- oder Schlitzplatte abgedeckten Wanne unter dem Zapfhahn aufgefangen wird.[1] Es wurde früher oft zu einem geringeren Preis an finanziell schlechter gestellte Kunden ausgeschenkt.[1][2]
Geschichte
Ursprünglich wurde als Leckbier das Bier bezeichnet, das „durch das Lecken der Fässer verloren“ ging[3] und meist in Schalen aufgefangen wurde. Heute wird der Begriff auch für schales, dünnes, abgestandenes oder gepanschtes Bier sowie für eine minderwertige Biersorte benutzt.[1] Teilweise werden unter Leckbier auch die Neigen, Reste aus den Biergläsern, verstanden. Früher wurde Leckbier oft an Bauern abgegeben, die die nährstoffhaltige Flüssigkeit an ihre Schweine verfütterten.[4]
Leckbier, insbesondere abgestandenes Bier, wurde und wird zum Teil bis heute auch bei der handwerklichen Holzimitation als Bindemittel für die Lasur gebraucht, die mit Trockenfarbe im gewünschten Ton vermischt und mit einem Flachpinsel oder Naturschwamm auf das vorbehandelte Werkstück aufgetragen wird. In die Lasur zeichnet der Maler mit einem Pinsel die Maserung. Zum Schluss wird die trockene Lasur mit einem farblosen Lack überzogen.[5] Die alte Handwerkstechnik, die „billiges Holz edler aussehen lässt“, wird auch als Bierlasur bezeichnet.[5][6]
Frühere Versuche, auch in anderen Ländern wie u. a. England, die Wiederverwendung bzw. den Vertrieb von Leckbier zum menschlichen Genuss durch gesetzliche Regelungen zu unterbinden, hatten oft wenig Erfolg.[7] Dabei galten insbesondere „zusammengeschüttete Bierreste“ wegen der möglichen Keimbelastung als gesundheitsgefährdend.[7][8]
Mindestens seit dem 18. Jahrhundert sind Fälle dokumentiert, in denen das Weiterverwenden von Bierresten aus Fässern (auch Tropfbier[9] bzw. Abtropfbier[10] genannt) sowie Bierresten aus Gläsern (auch Ständerlingsbier,[11] Neigebier,[12] Neigbier[13] oder Bierneigen[14] genannt) bestraft wurde.
Der Begriff „Leckbier“ wird teils einzelnen Sprachregionen oder Regiolekten wie zum Beispiel dem „Hamburgischen“ zugeordnet,[1] war bzw. ist aber auch in anderen Teilen des deutschen Sprachraumes anzutreffen.[3][4][6][8]
Literatur
- Peter Schmachthagen: Sprechen Sie Hamburgisch? Gesamtband: Noch mehr Begriffe aus der Zeit, als Großvater die Großmutter nahm. Überarbeitete und erweiterte Auflage. Hamburger-Abendblatt-Edition, Hamburg 2012, ISBN 978-3-939716-96-9, Begriff Nr. 395: L: Leckbier.
- Hamburger Abendblatt: Sprechen Sie Hamburgisch? Eine spielerische Entdeckungsreise durch die Hansestadt Hamburg und ihre einzigartige Sprache. Hamburger Abendblatt, Hamburg 2010, Fragekarte Nr. 395: Leckbier (Gesellschaftsspiel für Kinder und Erwachsene; mit 600 Fragekarten mit Begriffen aus und um Hamburg).
Weblinks
- Sprechen Sie Hamburgisch? (395) >> L: Leckbier auf der Website des Hamburger Abendblattes
Einzelnachweise
- Nick Eggers: Sprechen Sie Hamburgisch? (395). In: abendblatt.de. Hamburger Abendblatt, 17. April 2010, abgerufen am 26. September 2016.
- Vgl. z. B.: Thomas E. Fischer: Medienhauptstadt Hamburg: Die Medien- und Kulturgeschichte der Metropolregion von der Gründung bis zur Gegenwart. Tredition, Hamburg 2014, ISBN 978-3-7323-0599-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche): „Am 9. Dezember 1945 wurde das Tanzverbot aufgehoben. Schnell bildeten sich die ersten Clubs und Tanzkeller. In den Worten eines Zeitgenossen: ‚[…] Auch wenn es nur Heißgetränke und Leckbier gab, man sich Zigaretten […] Marke Eigenbau drehte und die eigene Not geflissentlich übersah.‘“
- Vgl. z. B.: W. von Gutzeit: Wörterschatz der Deutschen Sprache Livlands. Zweiter Theil. Zweite Lieferung. Küttisholz–mang. Kymmel, Riga 1882, S. 157, Stichwort: Leckásche (Digitalisat [PDF; 7,5 MB; abgerufen am 12. Oktober 2016]).
- Vgl. z. B.: Joachim Berke: Heimreise in die schlesische Grafschaft Glatz. Ein autobiographisches Zeitzeugnis. BoD, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-940016-99-7, S. 40 (Auszug bei Google Books).
- Möbelrestaurierung mit Holzlasur (Memento des vom 26. September 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Abgerufen am 26. September 2016.
- Vgl. z. B.: Marén Bettmann: Eisenbahnfreunde: Erste Schienenfahrt nach 17 Jahren. In: nwzonline.de. Nordwest-Zeitung, 19. Juli 2010, abgerufen am 12. Oktober 2016.
- Vgl. z. B.: Arena. Oktav-Ausgabe von Über Land und Meer (= Band 28, Ausgabe 3). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1911/12, S. 1621–1622 (Auszug bei google Books).
- Vgl. z. B.: Vierteljahresschrift über die Fortschritte auf dem Gebiete der Chemie der Nahrungs- und Genussmittel, der Gebrauchsgegenstände Sowie der Hierher Gehörenden Industriezweige (= Band 5). J. Springer, Berlin 1891, ISSN 0178-3769, S. 250 (Auszug bei Google Books).
- Intriquen-Almanach verschiedener Stände: hauptsächlich der Künstler, Handwerker, Professionisten, Auf gegenwärtiges Jahr. 1789, S. 67 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Georg Lebbin, Georg Baum: Handbuch des Nahrungsmittelrechts. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2020, ISBN 978-3-11-153919-5, S. 377 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Sammlung der kurpfalz-baierischen allgemeinen und besonderen Landesverordnungen von Justiz-, Finanz-, Landschafts-, Maut-, Accis-, Kommerzien-, Manufaktur- oder Fabriquen-Sachen. Vötter, 1784, S. 367 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Silesia (Prussia): Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Kronland Herzogthum Ober- und Nieder-Schliesen. A. Pawlitschet, 1919, S. 23 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- C. A. Neufeld: Der Nahrungsmittelchemiker als Sachverständiger: Anleitung zur Begutachtung der Nahrungsmittel, Genußmittel und Gebrauchsgegenstände nach den gesetzlichen Bestimmungen. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-92055-4, S. 391 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Auszüge aus gerichtlichen Entscheidungen zum Gesetze, betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen. Verlag von Julius Springer, 1894, S. 161 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).