Laurin-Treppe
Beschreibung
Diese Treppenform geht auf den Künstler und Schlosser Werner Bäumler-Laurin zurück.[2][3] Sie zeichnet sich durch eine stetige Änderung von Steigung (Stufenhöhe) und Auftritt (Stufentiefe) in Form einer Sinuskurve aus.
Zwei Versionen der Laurin-Treppe waren Teil der von Rem Koolhaas kuratierten 14. Internationalen Architektur-Biennale Venedig (2014).[4][5]
Die Treppe beginnt erst mit flachen Stufen, welche im Anstieg immer höher werden. Die Steigung ist in der Mitte der Treppe am größten und wird zum Ende der Treppe wieder kleiner. Im Gegensatz dazu sind die Auftritte am Anfang und am Ende am tiefsten, in der Mitte am wenigsten tief. Dadurch wird der abrupte Übergang am Anfang und am Ende üblicher Treppen vermieden. Die Treppenform entspricht nicht den üblichen Baustandards und wird nur selten eingesetzt.[6]
Die Form der Treppe soll beim Nutzer das natürliche Gefühl beim Besteigen eines Hügels wecken. Erst sanft ansteigend, dann steiler und zum Ende hin mit nur noch flachem Anstieg.[2] Studierende des Fachbereichs Architektur der Technischen Universität Kaiserslautern entwickelten im Semester 2017/2018 zu Forschungszwecken eine temporäre Laurin-Treppe bzw. Sinustreppe.[7] In diesem Praxisversuch wurde die vorgenannte These bestätigt; das Gehgefühl auf der Laurintreppe wurde als sanft, geschmeidig und flüssig beschrieben.[8]
Das Sinusprofil kann mit folgender Formel berechnet werden (Steigung S, Auftritt A).[6]
Im ehemaligen Privathaus des Scalologen Friedrich Mielke in Konstein befindet sich ein Nachbau einer Laurin-Treppe in Massivbauweise.[9] Nach Werner Bäumler-Laurin, dem Urheber der Sinustreppe, entspricht diese Treppe jedoch nicht exakt seiner Theorie.
Auf Anregung der Professorin Thekla Schulz-Brize von der Hochschule Regensburg fand 2012 die Ausstellung Die Treppe – Leiter der Sinne in Regensburg statt. Dort war u. a. ein begehbares, sechs Meter langes Modell einer „Laurin-Treppe“ Teil der Ausstellung.[10]
Eine Laurin-Treppe, entworfen von Werner Bäumler-Laurin, wurde in einem Büro- und Verwaltungsgebäude in Landshut-Altdorf errichtet. Die Stahltreppe hat ein Gewicht von 2,8 Tonnen und überwindet eine Höhendifferenz von 3,26 Meter. Das Objekt ist die erste im alltäglichen Gebrauch befindliche Sinustreppe nach der Theorie von Werner Bäumler-Laurin.[11]
Das Architekturbüro Baarß + Löschner aus Radebeul plante und baute 2011 eine stählerne Sinustreppe für den Umbau eines Wohnhauses in Meißen und 2016 eine weitere Sinustreppe für den Neubau eines Wohnhauses, ebenfalls in Meißen.[12]
1992 wurde eine Laurin-Treppe im Garten des Bundesbauministeriums in Bonn temporär ausgestellt. Ein aus Beton gegossenes Exemplar befindet sich im Besitz der Bauhaus-Universität Weimar und steht als begehbares Ausstellungsstück in Weimar in der Belvederer Allee.
Historische Vorbilder
1929 entwarf der italienische Architekt Giuseppe Momo für die Vatikanischen Museen in Rom eine 1932 ausgeführte Spiraltreppe mit von unten nach oben degressiver Steigung. Durch abnehmende Steigungshöhen bei gleichzeitig zunehmenden Auftrittstiefen wird bei der Bramante-Treppe (nicht identisch mit der „Scala del Bramante“ von Donato Bramante) im Museo Pio-Clementino das Treppensteigen nach oben zunehmend weniger anstrengend.[13]
Einzelnachweise
- Andreas Keil: Fußgängerbrücken: Stege und Rampen, Entwurf, Konstruktion. DETAIL - Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, München Dezember 2012, S. 12–13, doi:10.11129/9783955531218-003.
- Wolfgang Diehl: Laurin-Treppe Sinustreppe. In: Treppenforschung.de. Gesellschaft für Treppenforschung Scalalogie e.V., 2017, abgerufen am 7. September 2019.
- Werner Bäumler - Laurin: Laurin. In: www.laurinonline.de. Werner Bäumler - Laurin, 2018, abgerufen am 7. September 2019.
- Daniel Zwangsleitner: pinterest.de. In: pinterest.de. Abgerufen am 8. September 2019.
- Diana Feuerer: Regensburger Treppen auf der Architektur-Biennale in Venedig. Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg, 7. Mai 2014, abgerufen am 8. September 2019.
- Andrei Jipa, Federico Giacomarra, Rena Giesecke, Georgia Chousou, Matteo Pacher, Benjamin Dillenburger, Matteo Lomaglio, Matthias Leschok: 3D-Printed Formwork for Bespoke Concrete Ctairs: From Computational Design to Digital Fabrication. In: Proceedings of the ACM Symposium on Computational Fabrication - SCF '19. ACM Press, Pittsburgh, Pennsylvania 2019, ISBN 978-1-4503-6795-0, S. 3, doi:10.1145/3328939.3329003.
- Cornelie Leopold, Silke Wienands: Sinustreppe. In: Scalalogie. Cornelie Leopold, abgerufen am 8. September 2019.
- Cornelie Leopold: Geometry of Stairs. In: Luigi Cocchiarella (Hrsg.): ICGG 2018 - Proceedings of the 18th International Conference on Geometry and Graphics: 40th Anniversary - Milan, Italy, August 3-7, 2018 (= Janusz Kacprzyk [Hrsg.]: Advances in Intelligent Systems and Computing. Nr. 809). Springer International Publishing, Cham 2019, ISBN 978-3-319-95587-2, S. 849–861, doi:10.1007/978-3-319-95588-9.
- Peter Leuschner: Ein Leben lang um Anerkennung gekämpft. In: donaukurier.de. Donaukurier, 3. Dezember 2018, abgerufen am 7. September 2019.
- Ulrich Kelber: Treppen im Auf und Ab der Geschichte. In: Mittelbayerische Zeitung. Peter Esser, 16. März 2012, abgerufen am 9. September 2019.
- Andrea Hoffmann: In sanftem Schwung hinauf und hinab. In: laurinonline.de. Abgerufen am 8. September 2019.
- Baarß + Löschner: Sinustreppe. Abgerufen am 8. September 2019.
- Friedrich Mielke: Handbuch der Treppenkunde. Schäfer im Vincentz Network, Hannover 1993, ISBN 978-3-88746-312-0, S. 261. Zitiert nach: Uta Stock-Gruber: Bericht über die Fakultät Landschaftsarchitektur. Hrsg.: Fakultät Landschaftsarchitektur der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. 2008, S. 109–114 (yumpu.com).