Kreis Hamm

Der Kreis Hamm (ab 1901 Landkreis Hamm) war bis 1930 ein Landkreis im Regierungsbezirk Arnsberg der preußischen Provinz Westfalen. Er umfasste große Teile des heutigen Kreises Unna sowie der heutigen Stadt Hamm, insbesondere das Gebiet südlich der Lippe, das ehemals zum märkischen Amt Hamm gehörte. Am 17. Oktober 1930 wurde er in Kreis Unna umbenannt.

Geschichte

Nachdem die Grafschaft Mark 1753 im preußischen Gesamtstaat aufgegangen war, wurde sie in neue Verwaltungsbezirke eingeteilt. Dabei wurde als einer von vier Landrätlichen Kreisen in der Grafschaft Mark der Kreis Hamm eingerichtet. Von 1753 bis 1788 gingen die Landräte aus der Familie von der Recke zu Reck hervor, wo sich auch die Creisstube befand.[1]

Während der napoleonischen Zeit gehörte das Gebiet des Kreises Hamm zum Großherzogtum Berg, das ab etwa 1809 Verwaltungsstrukturen nach französischem Muster einführte. Auf dem Gebiet des späteren Kreises wurden sechs Munizipalitäten bzw. Mairien eingerichtet. Dies waren die Mairien Hamm, Pelkum und Rhynern, die zum Kanton Hamm gehörten, sowie die Mairien Camen, Fröndenberg und Unna, die zum Kanton Unna gehörten.[2]

Der Kanton Hamm bildete zusammen mit den Kantonen Ahlen, Beckum, Lippstadt, Oelde, Soest und Rheda, später auch den Kantonen Sassenberg und Warendorf, das Arrondissement Hamm, während der Kanton Unna zum Arrondissement Dortmund gehörte. Beide Arrondissements waren Teil des Ruhrdepartements.

Nach der Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 zogen die Franzosen aus dem Großherzogtum ab. Als zuvor preußischer Besitz fiel die Grafschaft Mark schon Ende 1813 an Preußen zurück.[3] Bei der Neuordnung der Verwaltung in der neuen Provinz Westfalen kam der neugegründete Kreis Hamm 1816 zum Regierungsbezirk Arnsberg.

Am 20. Januar 1817 wurde David Wiethaus, der bis dahin kommissarisch amtiert hatte, zum Landrat des Kreises Hamm ernannt.[4] Von 1817 bis 1848 war die Kreisverwaltung zur Miete im Haus Weststraße 51 untergebracht. Wie sich bei dessen Abriss 1937 herausstellte, handelte es sich bei diesem unscheinbaren Gebäude um die ehemalige Kapelle des Westenhospitals.[5] Aus den in der Franzosenzeit gegründeten Mairien wurden im Kreis Hamm die preußischen Bürgermeistereien Camen, Fröndenberg, Hamm, Pelkum, Rhynern und Unna.[6]

Im Rahmen der Einführung der Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Westfalen wurden die Bürgermeistereien 1843 in zunächst sechs Ämter überführt, wobei die Städte Hamm, Kamen und Unna amtsfrei blieben.[7][8] Bereits 1845 wurde die Zahl der Ämter durch Zusammenlegungen auf vier reduziert, indem das Amt Hamm in das Amt Rhynern integriert wurde sowie die Ämter Camen und Unna zum Amt Unna-Camen (damalige Schreibweise) vereinigt wurden.[9] 1860 hatte der Kreis die folgende Gliederung:

AmtGemeinden (Stand 1860)
FröndenbergAltendorf, Ardey, Bausenhagen, Bentrop, Billmerich, Dellwig, Frohnhausen, Frömern, Dorf Fröndenberg, Stift Fröndenberg, Kessebüren, Langschede, Neimen, Ostbüren, Stentrop, Strickherdicke, Warmen und Westick b. Fröndenberg
PelkumAltenbögge, Bergkamen, Bönen, Derne, Heil, Herringen, Lerche, Nordbögge, Osterbönen, Overberge, Pelkum, Rottum, Rünthe, Sandbochum, Weetfeld, Westerbönen und Wiescherhöfen
RhynernAllen, Berge, Braam-Ostwennemar, Bramey-Lenningsen, Brüggen (Gutsbezirk), Flierich, Freiske, Frielinghausen, Haaren, Hilbeck, Mark, Norddinker, Osterflierich, Osttünnen, Rhynern, Schmehausen, Sönnern, Süddinker, Uentrop, Vöckinghausen, Wambeln, Werries und Westtünnen
Unna-KamenAfferde, Heeren, Hemmerde, Lünern, Methler, Mühlhausen, Niederaden, Niedermassen, Oberaden, Obermassen, Siddinghausen, Stockum, Südkamen, Uelzen, Wasserkurl, Weddinghofen, Werve, Westhemmerde und Westick b. Kamen

In den 1860er Jahren befand sich die Kreisverwaltung in dem „Nassauer Hof“ genannten Gebäude in der Nassauerstraße 17/19. Erst 1888 wurde mit dem Landratsamt (Ständehaus) am Westentor ein eigenes Gebäude fertiggestellt, das 1944 durch Bombenangriffe stark beschädigt wurde.[10]

Am 1. April 1901 verließ die erheblich gewachsene Stadt Hamm den Kreis und wurde kreisfrei. Trotzdem blieb die Verwaltung des Landkreises bis 1930 zunächst in Hamm. 1902 wurden die Gemeinden Westick bei Fröndenberg und Stift Fröndenberg nach Fröndenberg eingemeindet. 1910 wurden die beiden Gemeinden Heeren und Werve zur Gemeinde Heeren-Werve zusammengeschlossen. 1911 wurden Niedermassen und Obermassen zur Gemeinde Massen zusammengeschlossen. 1928 wurde der Gutsbezirk Brügge in die Gemeinde Bramey-Lenningsen eingegliedert. 1929 wurden die Gemeinden Holzwickede (einschließlich eines Teils der früheren Gemeinde Sölde), Hengsen und Opherdicke aus dem aufgelösten Landkreis Hörde in den Landkreis Hamm (Amt Unna-Kamen) eingegliedert.

1930 wurde die Kreisverwaltung nach Unna verlegt und der Kreis mit Wirkung vom 17. Oktober 1930 in Kreis Unna umbenannt.

Bevölkerungsentwicklung

Einwohnerentwicklung des Kreises Hamm von 1834 bis 1925 (grün) sowie seiner Nachfolgekreise
JahrEinwohner
181932.248[11]
183437.230[12]
184642.820[12]
184944.032[12]
187159.612[13]
JahrEinwohner
188067.082[14]
189081.222[14]
1900105.245[14]
191099.338[14]
1925126.530[14]

Landräte

Kreisdeputierte

  • (belegt 1846): v. Plettenberg, erster Kreisdeputierter
  • 1846–?: Gutsbesitzer Ludwig Vorster, zweiter Kreisdeputierter († 1870)
  • (belegt 1876): Rittergutsbesitzer Major a. D. von Quadt zu Haus Bögge, Kreisdeputierter[15]

Kreisphysiker

Der Kreis-Physikus und der Kreis-Chirurgus sind nicht Untergebene des Landraths, sondern von Amtswegen dessen Gehülfen.[16]

  • 1817–1826: Friedrich Redicker
  • 1826–1851: Franz Arnold Heinrich Brefeld
  • 1851–nach 1876:[17] Franz Carl Jehn
  • (belegt 1886): Gruchot

Kreiswundärzte

  • 1825–1852: Julius Ohswaldt
  • (belegt 1876):[18] Grouchot

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1770 bis 1774 war allerdings August von Katzler statt des in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Dietrich Adolph von der Recke Landrat.
  2. Heinrich Berghaus: Deutschland vor fünfzig Jahren – Geschichte der Gebiets-Eintheilung und der politischen Verfassung des Vaterlandes. (Digitalisat) 1862, S. 353 ff., abgerufen am 11. November 2014.
  3. Johann Josef Scotti: Sammlung der Gesetze und Verordnungen , Band 3 (Großherzogtum Berg), Wolf, Düsseldorf 1822, S. 1516 (Landesbibliothek Bonn).
  4. Josef Börste: Der Landrat Reinhard David Wiethaus. In: Jahrbuch des Kreises Unna, Bd. 26, Bönen 2005, S. 144–155, S. 147.
  5. Ilsemarie von Scheven: Ein denkwürdiger Hausabriß. Westentorkapelle in Hamm wurde 1937 niedergelegt. In: Unser Westfalen 1996, S. 118–119 (mit zwei Abbildungen, die 1937 beim Abriss aufgenommen wurden).
  6. Westfalenlexikon 1832–1835. In: Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.): Nachdrucke zur westfälischen Archivpflege. Band 3. Münster 1978, S. 62 (Nachdruck des Originals von 1834).
  7. Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Westphalen vom 31. Oktober 1841 (PDF; 1,6 MB)
  8. Amtsblatt für den Regierungsbezirk Arnsberg 1843, Bildung der Ämter im Kreis Hamm. Abgerufen am 2. Februar 2014.
  9. Amtsblatt für den Regierungsbezirk Arnsberg 1845, Ämterfusionen im Kreis Hamm. Abgerufen am 2. Februar 2014.
  10. F[riedrich] J[ohannes] Wienstein: Als Hamm noch Hauptstadt war. Wohin mit dem Landratsamt? – Wichtige Frage vor 75 Jahren. In: Westfälischer Anzeiger und Kurier vom 8. November 1961; der Abbruch erfolgte am 17. Februar 1954, vgl. Heimat am Hellweg 1954, S. 110.
  11. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821 (Digitalisat).
  12. Moritz Friedrich Essellen: Beschreibung und kurze Geschichte des Kreises Hamm und der einzelnen Ortschaften in demselben, Hamm 1851 (Nachdruck Hamm 1985), S. 4.
  13. Adreß-Buch für den Regierungs-Bezirk Arnsberg 1877, Arnsberg 1876, S. 10.
  14. Michael Rademacher: Kreis Hamm. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  15. Adreß-Buch für den Regierungs-Bezirk Arnsberg 1877, Arnsberg 1876, S. 34.
  16. Ludwig Philipp von Richthofen: Handbuch für Landräthe, für Lokal-, Polizei- und Kommunal-Behörden und Beamte, 2. Aufl., Breslau 1834, S. 29.
  17. Jehn als Kreis-Physiker im Kreis Hamm belegt; vgl. Adreß-Buch für den Regierungs-Bezirk Arnsberg 1877, Arnsberg 1876, S. 58.
  18. Grouchot als Kreis-Wundarzt im Kreis Hamm belegt; vgl. Adreß-Buch für den Regierungs-Bezirk Arnsberg 1877, Arnsberg 1876, S. 58.

Literatur

  • Josef Börste: 250 Jahre Kreis Unna – von der Reckes stellten erste Landräte. In: Jahrbuch des Kreises Unna 2003, Bd. 24, Bönen [2002], S. 92–100.
  • Josef Börste: Der Landrat Reinhard David Wiethaus. In: Jahrbuch des Kreises Unna2005, Bd. 26, Bönen [2004], S. 144–155.
  • Josef Börste: Umstritten und ungeliebt – Der Landrat Ernst Vincke. In: Jahrbuch des Kreises Unna 2009, Bd. 30, Bönen [2008], S. 131–143.
  • Hamm. Geschichte der Stadt und Region im 19. und 20. Jahrhundert. Hrsg. von Wilhelm Ribhegge, Düsseldorf 1991.
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