Lünette (Geologie)

Als Lünette werden bogenförmige, relativ niedrige Einzeldünen bezeichnet, die ihr Deflationsgebiet unmittelbar im Lee umringen.[1] Sie ähneln Parabeldünen, besitzen aber keinen aktiven Rutschhang.

Etymologie

Der Begriff Lünette leitet sich ab vom Diminutiv des Französischen Wortes lune mit der Bedeutung kleiner Mond. Der Plural lunettes bedeutet Brille.

Beschreibung

Lünette, im Englischen auch als clay dunes (Ton- bzw. Lehmdünen) oder lunette-dunes und im Französischen als bourrelets bezeichnet, ähneln in ihrer Gestalt und in ihrer Ausrichtung gegenüber der vorherrschenden Windrichtung den Parabeldünen.[2] Sie sind keine reinen Sanddünen, sondern werden aus einem Partikelgemisch aufgebaut, darunter Tonminerale, Gips, Dolomit und Muschelschalenreste salztolerierender Mollusken. Der enthaltene Quarzsandanteil kann manchmal mehr als 50 % betragen. Die Tonfraktion liegt wegen der flokkulierenden Wirkung der Salze als kleine Kügelchen (Pellets) vor. Letztere werden oft in den Zentralteil der Lunette, der aus der Sandfraktion besteht, ausgeblasen. Die Sande sind auf Seespiegelhochstände mit gesteigerter Brandung zurückzuführen, wohingegen die Tone fallende Pegel mit anschließender Austrocknung anzeigen.[3]

Lünette sind Einzeldünen, die immer hinter Geländevertiefungen wie beispielsweise Salzpfannen, Playa oder Sabchas entstehen. Ihr Grundriss ist meist brillenförmig gebogen, kann aber im Lee von Lagunen oder Gezeitenkanälen mäanderartig verlaufen oder unregelmäßig werden. Ihre Länge ist abhängig von den Ausmaßen der vorgelagerten Geländedepression. Kleine Lünette bewegen sich im Zehnermeter-Bereich, jedoch können holozäne Lünette Australiens durchaus Längen im Zehnerkilometer-Bereich annehmen. Lünette werden nur selten mehr als 15 Meter hoch. Aufrisse von Lünette sind sehr variabel. So können asymmetrische Formen entweder einen steileren Luv- oder einen steileren Leehang aufweisen. Symmetrische Formen sind meist abgerundet.[2]

Entstehung und Klimaindikator

Über den Entstehungsprozess von Lünette wurde lange Zeit debattiert, jedoch hat sich durch die Arbeiten von Tricart (1954a und 1954b), Price und Kornicker (1961) und Price (1963) herausgestellt, dass Lünette eindeutig äolische Transportkörper darstellen.[4] Transportagens sind unidirektionelle Winde, die lose Ton-, Salz- und Schalenpartikel aus zeitweilig eingetrockneten Wasserkörpern verblasen. Insofern können Lunette durchaus wertvolle paläoklimatische Hinweise liefern.[5] Für die südlichen High Plains in Texas bekunden sie beispielsweise ein Einsetzen von hyperariden Umweltbedingungen ab 7000 v. Chr. mit Dünenablagerungen im Zeitraum 4000 bis 2500 v. Chr.[6] Die Stratigraphie der australischen Lünette enthält oft Holzkohle und datierbare Karbonate und ermöglicht somit eine klimatische Rekonstruktion. Demzufolge herrschte in Südaustralien bis 43.000 v. Chr. Eine langanhaltende Trockenheit, die im Zeitraum 43.000 bis 24.000 v. Chr. von einer Feuchtperiode abgelöst wurde. Zwischen 24.000 und 16.000 v. Chr. waren die Seespiegel erneut rückläufig mit zunehmender Salinität. Ab 15.000 v. Chr. setzte dann die bis heute andauernde Aridität ein.[7]

Vorkommen

Das Vorkommen aktiver Lünette ist an heiße Klimazonen mit ausgesprochenen, jahreszeitlich bedingten Trockenheitsperioden gebunden. Sie treten daher beispielsweise an den Rändern der Sahara (z. B. algerische Salzseen) und an der westlichen Umrandung des Golfs von Mexiko auf. Lünette, die vor noch nicht allzu langer Zeit tätig waren, finden sich vor allem in Südostaustralien[8] und örtlich begrenzt in Südafrika.[9]

Vorkommen im Einzelnen:

Einzelnachweise

  1. Nicholas Lancaster: Geomorphology of Desert Dunes. Routledge, London / New York 1995, ISBN 0-415-06093-1.
  2. John R. L. Allen: Sedimentary Structures – their Character and Physical Basis (= Developments in sedimentology. Nr. 30). Elsevier Science Publishers, Amsterdam 1984, ISBN 0-444-42232-3.
  3. Theodore M. Oberlander: Global Deserts: A Geomorphic Comparison. In: Athol D. Abrahams, Anthony J. Parsons (Hrsg.): Geomorphology of Desert Environments. Chapman & Hall, London 1994, ISBN 0-412-44480-1, S. 13–35, doi:10.1007/978-94-015-8254-4_2.
  4. W. Armstrong Price: Physicochemical and Environmental Factors in Clay Dune Genesis. In: SEPM Journal of Sedimentary Research. Band 33, Nr. 3, September 1963, S. 766–778, doi:10.1306/74D70F24-2B21-11D7-8648000102C1865D (jsedres.sepmonline.org).
  5. J. M. Bowler: Clay Dunes: Their occurrence, formation and environmental significance. In: Earth-Science Reviews. Band 9, Nr. 4, Dezember 1973, S. 315–338, doi:10.1016/0012-8252(73)90001-9.
  6. Vance T. Holliday: Middle Holocene drought on the southern High Plains. In: Quaternary Research. Band 31, Nr. 1, Januar 1989, S. 74–82, doi:10.1016/0033-5894(89)90086-0.
  7. Bowler, J. M.: Aridity in Australia: age, origin, and expression in eolian landforms and sediments. In: Earth Science Reviews. Band 12, Nr. 2, Juli 1976, S. 279–310, doi:10.1016/0012-8252(76)90008-8, bibcode:1976ESRv...12..279B.
  8. J. M. Bowler: Pleistocene salinities and climatic change from lakes and lunettes in southeasteastern Australia. In: Derek John Mulvaney; Jack Golson (Hrsg.): Aboriginal man and environment in Australia. Australian National University Press, Canberra 1971, S. 47–65.
  9. A. T. Grove: Landforms and climatic change in the Kalahari and Ngamiland. In: The Geographical Journal. Band 135, 1969, ISSN 0016-7398, S. 191–212, doi:10.2307/1796824, JSTOR:1796824.
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