Schweizerisches Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung

Das Schweizerische Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung ist das Verzeichnis der 3'400 Objekte von nationaler und rund 10'000 Objekte von regionaler Bedeutung,[1] die zum Kulturerbe der Schweiz gerechnet werden. Neben dem Inhalt von Sammlungen und Archiven sind der grösste Teil der geschützten Objekte Baudenkmäler, wobei mit den zusätzlichen Baudenkmälern von lokaler Bedeutung in der Schweiz insgesamt 75'084 Baudenkmäler erfasst sind (Stand 2016).[2] Die Fachstelle Kulturgüterschutz innerhalb des Bundesamts für Bevölkerungsschutz ist für die administrative Verwaltung des Inventars zuständig.

Geschichte

Das Emblem des HAK von 1954 zur Kennzeichnung von geschütztem Kulturgut

Die Haager Konferenz vom 21. April bis 14. Mai 1954 hatte als Ergebnis die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (schweizerische Fassung: Haager Abkommen für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten, kurz HAK) der UNESCO, die am 14. Mai 1954[3] von der Schweiz und von 87 anderen Nationen unterzeichnet wurde. Bis heute wurde das HAK von über 160 Signatarstaaten unterzeichnet. 1999 erarbeitete man als Ergänzung das Zweite Protokoll zum HAK, welches alle Signatarstaaten zur Einführung eines nationalen Kulturgüter-Inventars verpflichtet.[4]

Dieses Inventar erschien 1988 zum ersten Mal. In den Jahren 1995 und 2009 gab dann der Fachbereich Kulturgüterschutz (FB KGS)[5] im Bundesamt für Bevölkerungsschutz,[6] der in der Schweiz Anlaufstelle für alle Fragen zum Kulturgüterschutz ist, die Editionen Nummer zwei und drei heraus.

Inhalt

Nach den Bestimmungen des HAK umfasst der Kulturgüter-Begriff die folgenden Objekte:

«Bewegliches oder unbewegliches Gut, das für das kulturelle Erbe der Völker von grosser Bedeutung ist. Bauwerke, Kunst, Denkmäler, archäologische Stätten, Bücher, Manuskripte, wissenschaftliche Sammlungen, Archivalien und Reproduktionen des Kulturgutes. Gebäude wie Museen, Bibliotheken, Archive, Klöster sowie Orte, wo das bewegliche Kulturgut in Sicherheit gebracht werden kann.[7]»

Idealerweise soll das Inventar also die Gesamtheit der Schweizer Kulturgüterlandschaft und alle bedeutenden beweglichen – typischerweise Inhalte von Sammlungen oder Archiven – und unbeweglichen – typischerweise Gebäude oder archäologische Fundstellen – Objekte abbilden.

Die Einträge sind in zwei Kategorien unterteilt: solche von nationaler Bedeutung (A-Objekte) und solche von regionaler Bedeutung (B-Objekte). Objekte von lokaler Bedeutung (C-Objekte) sind in diesem Inventar nicht enthalten, können aber von den kantonalen Behörden in einem Verzeichnis festgehalten werden. Die Auswahl der in das Inventar aufgenommenen Objekte geschieht im Zusammenspiel zwischen den Kantonen, dem FB KGS und der «Eidgenössischen Kommission für Kulturgüterschutz».[8] Zuerst stellen die Kantone der Kommission eine Liste mit für die Aufnahme ins Inventar vorgeschlagenen Objekten vor, worauf diese Listen von Bewertungsausschüssen (Arbeitsgruppen, welche über Expertenwissen in den Kategorien Archäologie, Archive, Bibliotheken, Einzelbauten und Museen verfügen) analysiert und eben bewertet werden. In der Folge werden die dabei erzielten Ergebnisse wieder mit den Kantonen verhandelt und, nachdem sie im Rahmen von Konsultationen von den betroffenen Verwaltungsstellen begutachtet worden sind, durch den Bundesrat abgesegnet.

Die 3. Edition von 2009

Die dritte Fassung des Inventars vom 27. November 2009 wartete gegenüber der Vorgänger-Version mit verschiedenen Neuerungen auf. Erstmals wurden alle Objekte von nationaler Bedeutung mittels einer Matrix (ein standardisiertes Inventarblatt mit fixen Kategorien) eingestuft und anhand vergleichbarer Kriterien bewertet. Dies gilt nicht nur für die grösste Kategorie der unbeweglichen Kulturgüter, die Einzelbauten, sondern auch für die Sammlungen in Archiven, Bibliotheken und Museen sowie für archäologische Fundstellen. Neben der gedruckten Publikation, sie beschränkt sich aus Platzgründen auf die Auflistung der A-Objekte, sind die im KGS-Inventar[9] enthaltenen Objekte auch als Kantonslisten in A-Objekte[10] und B-Objekte[11] aufgeteilt verfügbar sowie als Web-GIS Anwendung.[12]

Kennzeichnung

Der Bundesrat kann im Falle eines bewaffneten Konflikts gemäss Verordnung des VBS über die Kennzeichnung von Kulturgütern und von für den Kulturgüterschutz zuständigem Personal die Kennzeichnung der Kulturgüter von nationaler Bedeutung mit dem Kulturgüterschild anordnen.[13] Die derart gekennzeichneten Objekte müssen von militärischen Stellen respektiert werden und dürfen nur im Falle höchster militärischer Notwendigkeit durch die Parteien in Mitleidenschaft gezogen werden. Aus praktischen Gründen lässt sich der Kulturgüterschild nur an Monumenten und abgeschlossenen Objekten, wie Gebäuden, anbringen, jedoch nicht an öffentlichen Räumen wie zum Beispiel archäologischen Fundstellen, Ortschaften oder Städten; auch bei Sammlungen stellt sich die Anbringung der Kulturgüterschilder als problematisch dar, verfügen Gedächtnisinstitutionen doch häufig über mehr als einen Depot-Standort.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Bundesrat genehmigt Kulturgüterschutzinventar. Der Bundesrat, Generalsekretariat VBS, BABS - Bundesamt für Bevölkerungsschutz, swisstopo – Bundesamt für Landestopografie, 13. Oktober 2021, abgerufen am 4. Juni 2022: „An seiner Sitzung vom 13. Oktober 2021 hat der Bundesrat das Kulturgüterschutzinventar mit Objekten von nationaler und regionaler Bedeutung (KGS-Inventar) genehmigt. In dieser vierten Ausgabe des Inventars sind schützenswerte Baudenkmäler, archäologische Stätten sowie Sammlungen in Museen, Archiven und Bibliotheken in der Schweiz erfasst.“
  2. Denkmäler in der Schweiz: erste Ergebnisse. Denkmalstatistik 2016 und Statistik des Kulturverhaltens. Bundesamt für Statistik, Korrigierte Version vom 20. Dezember 2018, sowie Schweizerische Denkmalstatistik 2016. Über 75 000 geschützte Baudenkmäler in der Schweiz. Medienmitteilung des Bundesamts für Statistik, 18. Dezember 2018
  3. der englische Text ist zu finden auf unesco.org abgerufen am 26. Juli 2012
  4. Zweites Protokoll, Artikel 5. Der englische Text ist findet sich ebenfalls auf der Website der UNESCO unesco.org abgerufen am 26. Juli 2012
  5. Kulturgüterschutz abgerufen am 26. Juli 2012
  6. Bevölkerungsschutz abgerufen am 26. Juli 2012
  7. zitiert von Der Kulturgüterschutz (KGS) in der Schweiz. (Memento vom 11. März 2016 im Internet Archive; PDF; 18 kB) Bundesamt für Bevölkerungsschutz; abgerufen am 26. Juli 2012
  8. Eidgenössische Kommission für Kulturgüterschutz, abgerufen am 4. April 2020
  9. Das Kulturgüterschutzinventar. In: babs.admin.ch / kulturgueterschutz.ch. Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS – Fachbereich Kulturgüterschutz, abgerufen am 5. August 2017.
  10. A-Objekte. In: babs.admin.ch / kulturgueterschutz.ch. Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS – Fachbereich Kulturgüterschutz, 1. Januar 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. September 2016; abgerufen am 6. Januar 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.babs.admin.ch
  11. B-Objekte. Provisorische Kantonslisten B-Objekte (Stand: 1.1.2018). In: babs.admin.ch / kulturgueterschutz.ch. Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS – Fachbereich Kulturgüterschutz, 1. Januar 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Januar 2017; abgerufen am 6. Januar 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.babs.admin.ch
  12. Web-GIS-Anwendung KGS-Inventar. In: map.geo.admin.ch. Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS - Fachbereich Kulturgüterschutz, 1. Januar 2017, abgerufen am 5. August 2017.
  13. Verordnung des VBS über die Kennzeichnung von Kulturgütern und von für den Kulturgüterschutz zuständigem Personal (VKKP). SR 520.312. In: Systematische Rechtssammlung SR. Schweizerischer Bundesrat, 14. November 2017, abgerufen am 5. Januar 2018 (Stand am 1. Januar 2018).
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