Kryptoprotestantismus

Der Kryptoprotestantismus (griech. κρυπτός kryptós ‚verborgen‘) bezeichnet die versteckte Religionsausübung evangelischer Christen während der im Zuge der Konfessionalisierung einsetzenden Versuche der Rekatholisierung.

Übersicht

Während der durch Zwang unterstützten Gegenreformation waren Teile der in den wieder katholisch gewordenen Gebieten lebenden Evangelischen bestrebt, ihre Konfession nach innen hin beizubehalten verbunden mit der entsprechenden Ausübung des Glaubensritus, während sie nach außen hin gezwungenermaßen den Katholizismus annahmen. Man verstellte sich also nach außen hin, wie es gefordert wurde, und versuchte nach innen hin, die Gedankenfreiheit zu bewahren. Es war letztlich nichts anderes als eine Form von Widerstand eines Teils der Bevölkerung gegen eine aufgezwungene Glaubensform.

Bedeutenden Untergrundprotestantismus gab es insbesondere im Habsburgerreich sowie in Frankreich nach dem Edikt von Fontainebleau 1685 bis zum Edikt von Versailles von Ludwig XVI. im Jahre 1787.

Formen eines Kryptoprotestantismus gab es auch in orthodox-lutherischen Territorien in Form des Kryptocalvinismus, der dort eine pejorativ gemeinte Bedeutung hat. Dieser richtete sich nicht nur gegen den Katholizismus, sondern auch gegen die lutherische Orthodoxie.

Geheimprotestantismus im Habsburgerreich

Im Habsburgerreich begann der Kryptoprotestantismus mit der Gegenreformation und ging mit dem Toleranzpatent Josefs II. von 1781 und endgültig dem Protestantenpatent Franz Josefs zu Ende. Ein bekanntes Beispiel eines geheimen Gottesdienstortes ist die Hundskirche Kreuzen in den Gailtaler Alpen.

Der Religionsphilosoph Friedrich Heer brachte Kryptoprotestantismus und späteren antiklerikalen Deutschnationalismus in Verbindung.[1]

Im 21. Jahrhundert wurde in Erinnerung an den Schmuggel deutscher Bibeln in Österreich der Weg des Buches eingerichtet.

Siehe auch

Literatur

  • Arno Herzig: Der Zwang zum wahren Glauben. Rekatholisierung vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2000, ISBN 3-525-01384-1.

Habsburgerreich:

  • Heinz Schießer: „Wir gehen zwar, aber wir kehren wieder.“ Gegenreformation und Geheimprotestantismus im Salzkammergut, Wagner Verlag, Linz 2017, ISBN 978-3-903040-22-9 und ISBN 3-903040-22-3 (Inhaltsverzeichnis)
  • Elisabeth Mansfeld: Juristische Aspekte der Ketzerverfolgung im Erzherzogtum Österreich in der Regierungszeit Karls VI. Dissertation. Hrsg.: Universität Wien. Wien 2008, doi:10.25365/thesis.492.
  • Rudolf Leeb, Susanne Claudine Pils, Thomas Winkelbauer (Hrsg.): Staatsmacht und Seelenheil. Gegenreformation und Geheimprotestantismus in der Habsburgermonarchie. Oldenbourg, Wien / München 2007, ISBN 978-3-7029-0546-0.
  • Martin Scheutz: Die „fünfte Kolonne“. Geheimprotestantismus im 18. Jahrhundert in der Habsburgermonarchie und deren Inhaftierung in Konversionshäusern (1752–1775). In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. MIÖG. Bd. 114, 2006, ISSN 0073-8484, S. 329–380.

Frankreich:

  • Anna Bernard: Die Revokation des Edikts von Nantes und die Protestanten in Südostfrankreich (Provence und Dauphiné) 1685–1730 (= Pariser historische Studien. Bd. 59). Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56720-9.

Einzelnachweise

  1. Friedrich Heer: Der Kampf um die österreichische Identität. 3., unveränderte Auflage. Böhlau, Wien u. a. 2001, ISBN 3-205-99333-0, S. 21, 29; sowie Margarethe Haydter, Johann Mayr: Regionale Zusammenhänge zwischen Hauptwiderstandsgebieten zur Zeit der Gegenreformation und den Julikämpfen 1934 in Oberösterreich. In: Zeitgeschichte. 9. Jg., Heft 11/12, 1981/1982, ISSN 0256-5250, S. 392–407, Digitalisat.
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