Kreis Tarnowitz

Der Kreis Tarnowitz war von 1873 bis 1926 ein preußischer Landkreis in Oberschlesien. Der größte Teil des Kreises fiel 1922 an Polen, während der im Deutschen Reich verbliebene Rest 1927 im Kreis Beuthen-Tarnowitz aufging. Während der deutschen Besetzung Polens bestand von 1939 bis 1941 ein Landkreis Tarnowitz als Teil des Regierungsbezirks Kattowitz.

Der Kreis Tarnowitz auf einer Karte von 1905

Verwaltungsgeschichte

Durch das kontinuierliche Anwachsen der Bevölkerung Oberschlesiens im 19. Jahrhundert erwies sich der Kreis Beuthen als zu groß. Er wurde deshalb im Jahr 1873 in vier Kreise aufgeteilt.[1] Aus einem Teil des Kreises Beuthen wurde der neue Kreis Tarnowitz gebildet.[1] Zum 8. November 1919 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst und aus dem Regierungsbezirk Oppeln die neue Provinz Oberschlesien gebildet.

In der Volksabstimmung in Oberschlesien am 20. März 1921 votierten im Kreis Tarnowitz 38,3 % der Wähler für den Verbleib bei Deutschland und 61,7 % für eine Abtretung an Polen. Durch die anschließenden Beschlüsse der Pariser Botschafterkonferenz musste 1922 der größere Teil des Kreises an Polen abgetreten werden, wo aus ihm der Powiat Tarnogórski in der neuen Autonomen Wojewodschaft Schlesien gebildet wurde.

Der bei Deutschland gebliebenen Rest des Kreises mit den Gemeinden und Gutsbezirken Broslawitz, Friedrichswille, Groß Wilkowitz, Kempczowitz, Larischhof, Miedar, Mikultschütz, Pilzendorf, Ptakowitz, Stollarzowitz und Wieschowa wurde zum 1. Januar 1927 mit dem 1922 bei Deutschland gebliebenen Teil des Landkreises Beuthen zum Kreis Beuthen-Tarnowitz zusammengeschlossen. Das Landratsamt des neuen Kreises befand sich in Beuthen.

Nach der deutschen Besetzung Polens im Zweiten Weltkrieg wurde zum 26. November 1939 der polnische Powiat Tarnogórski unter dem Namen Landkreis Tarnowitz Teil des neugebildeten Regierungsbezirks Kattowitz in der Provinz Schlesien. Nach der Umgliederung des Kreises Beuthen-Tarnowitz aus dem Regierungsbezirk Oppeln in den Regierungsbezirk Kattowitz wurden beide Landkreise einheitlich von Tarnowitz aus verwaltet. Zum 18. Januar 1941 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst. Aus den bisherigen Regierungsbezirken Kattowitz und Oppeln wurde die neue Provinz Oberschlesien gebildet. Zum 1. Juni 1941 erfolgte dann auch die förmliche Vereinigung der beiden Landkreise Beuthen-Tarnowitz und Tarnowitz zum neuen Landkreis Beuthen-Tarnowitz mit dem Sitz des Landrates in Tarnowitz. Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und anschließend von der Sowjetunion unter polnische Verwaltung gestellt. Die deutsche Bevölkerung wurde in der Folgezeit von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde aus dem Kreisgebiet vertrieben.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Quelle
188547.856[2]
190062.277[3]
191077.583[3]
192528.974[4]

Bei der Volkszählung von 1910 bezeichneten sich 67 % der Einwohner des Kreises Tarnowitz als rein polnischsprachig und 27 % als rein deutschsprachig.[5] 95 % der Einwohner waren 1910 katholisch und 5 % evangelisch.[4]

Landräte

Gemeinden

Der Kreis Tarnowitz umfasste 1910 eine Stadt und 36 Landgemeinden.[3] Die mit D gekennzeichneten Gemeinden verblieben 1922 im Deutschen Reich und kamen 1927 zum Kreis Beuthen-Tarnowitz.[3][6]

  • Naklo
  • Neu Chechlau
  • Neu Repten
  • Oppatowitz
  • Orzech
  • Piassetzna
  • Pilzendorf D(bis 1877 Grzibowitz)
  • Pniowitz
  • Ptakowitz D
  • Radzionkau
  • Rudy-Piekar
  • Rybna
  • Sowitz
  • Stollarzowitz D
  • Tarnowitz, Stadt
  • Trockenberg
  • Truschütz
  • Wieschowa D

Literatur

  • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft VI: Regierungsbezirk Oppeln, S. 90–93, Kreis Tarnowitz.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 331–337 (Faksimile in der Google-Buchsuche).
  • Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichniß sämmtlicher Rittergüter und selbständigen Guts- und Forstbezirke, sowie solcher größeren Güter, welche innerhalb des Gemeindeverbandes mit einem Reinertrag von etwa 1500 Mark und mehr zur Grundsteuer veranlagt sind. Fünfte Ausgabe, Wilhelm Gottlob Korn, Breslau 1894, S. 457–461 (Online).
  • Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.

Einzelnachweise

  1. Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 574.
  2. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885
  3. www.gemeindeverzeichnis.de
  4. Michael Rademacher: Sch_tarnowitz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  5. Jakob Spett: Nationalitätenkarte der östlichen Provinzen des Deutschen Reiches nach dem Ergebnissen der amtlichen Volkszählung vom Jahre 1910 entworfen von Ing. Jakob Spett. Justus Perthes, 1. Januar 1910 (bibliotekacyfrowa.pl [abgerufen am 14. März 2017])., siehe auch Schlesien#Die ethnolinguistische Struktur Oberschlesiens (1819–1910)
  6. Landkreis Tarnowitz Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 26. Juli 2013.
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