Kreis Eckernförde
Der Kreis Eckernförde (dän.: Egernførde amt, niederd.: Kreis Eckernför) war von 1867 bis 1970 ein Landkreis in der preußischen Provinz Schleswig-Holstein bzw. in Schleswig-Holstein.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten (Stand 1970) | ||
Koordinaten: | 54° 28′ N, 9° 50′ O | |
Bestandszeitraum: | 1867–1970 | |
Bundesland: | Schleswig-Holstein | |
Verwaltungssitz: | Eckernförde | |
Fläche: | 775,35 km2 | |
Einwohner: | 75.836 (25. Apr. 1970) | |
Bevölkerungsdichte: | 98 Einwohner je km2 | |
Kfz-Kennzeichen: | ECK | |
Kreisschlüssel: | 01 0 31 | |
Kreisgliederung: | 55 Gemeinden | |
Lage des Kreises Eckernförde in Schleswig-Holstein | ||
Geographie
Lage
Der Kreis lag im Südosten des Landesteils Schleswig und umfasste die Kreisstadt Eckernförde sowie die Landschaften Schwansen, Dänischer Wohld und Hüttener Berge.
Nachbarkreise
Der Kreis grenzte Anfang 1970 gegen den Uhrzeigersinn im Norden beginnend an die Kreise Flensburg-Land, Schleswig und Rendsburg sowie an die kreisfreie Stadt Kiel. Im Osten grenzte er an die Ostsee.
Geschichte
Als ersten historischen Vorläufer des Kreises Eckernförde kann man Fræzlæt - ein dänisches Verwaltungsgebiet, das in etwa seit dem Jahr 1200 existierte - bezeichnen.
Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 wurde Schleswig-Holstein 1867 preußische Provinz. Dabei wurden ein Stadtkreis und 19 Landkreise, unter ihnen der Kreis Eckernförde, gebildet. Der Kreis Eckernförde wurde „aus der Stadt Eckernförde; den Schwansener und Dänischwohlder adeligen Güterdistrikten und dem Amte Hütten gebildet.“[1] Dieses Gebiet umfasste etwa die heute nördlich des Nord-Ostsee-Kanals liegenden Teile des Kreises Rendsburg-Eckernförde und der Stadt Kiel. Direkte Vorgänger des Kreises Eckernförde waren die 1853 gebildete Eckernförder Harde sowie das historische (bis 1867 existente) Amt Hütten.
Bereits 1878 kam mit Büdelsdorf und den meisten Gemeinden der heutigen Ämter Hohner Harde und Fockbek ein großer Teil des Kreises Eckernförde zum Kreis Rendsburg. 1894 wurde die Verwaltung in das in Borby neu erbaute Kreishaus verlegt; es folgte 1924 in unmittelbarer Nähe die Übernahme des bisherigen Lehrerseminargebäudes, das fortan als zusätzliches Kreisverwaltungsgebäude Landratsamt hieß. Somit befand sich die Kreisverwaltung bis zur Eingemeindung Borbys 1934 außerhalb der Kreisstadt. Holtenau, der Gutsbezirk Friedrichsort und Pries wurden 1922 und Schilksee 1959 nach Kiel eingegliedert. Zuletzt umfasste der Kreis noch 55 Gemeinden.
NS-Zeit
Die NSDAP hielt im Kreis Eckernförde zum ersten Mal in Karby am 4. Februar 1930 unter Leitung des Orstgruppenleiter Wulf eine gut besuchte Agitations-Versammlung ab. Im März gründete sie ihre erste Ortsgruppe mit 23 Mitgliedern. Landrat ab 1928 war Walter Alnor. In den Reichstagswahl 1930 wurde die NSDAP mit 937 bereits die zweitstärkste Partei hinter der SPD (1.500 Stimmen). Nach der Machtergreifung schickte das NS-Regime am 14. Februar 1933 die Polizei-, Regierungspräsidenten und Landräte in Zwangsurlaub. Die Schulleiter waren die nächsten. Die Reichstagswahlen am 5. März 1933 brachten den endgültigen Sieg der Nationalsozialisten mit 2161 im Kreis Eckernförde gegenüber 1204 für die SPD.[2] Die Judenverfolgung setzte ein. Am 28. Februar 1933 ordnete die Regierung an, dass Juden der Aufenthalt in den Bädern und Kurorten der Provinz Schleswig-Holstein verboten sei. Wer als Jude galt ist, bestimmt die Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 über den sogenannten Geltungsjuden. Im Dezember 1939 begannen die Anmeldeuntersuchung der Freiwilligen für die SS-Totenkopfverbände, für die SS-Verfügungstruppe sowie für Polizeianwärter in Eckernförde, im Hotel Stadt Hamburg.[3] Die Klasse 8 der Jungmannschule zählte am 9. Februar 1940 insgesamt 17 Schüler; drei davon bestanden im Herbst die Reifeprüfung. Von den 14 übrigen sind elf bei der Wehrmacht, einer in einem kriegswichtigen Betrieb und zwei Mädchen im Arbeitsdienst.[4] Am 2. Juli 1940 erlebte Eckernförde seinen ersten Feindlicher Bombenangriff der jedoch kein Personenschaden anrichtete.[5] In diesem und den folgenden Jahren gibt immer häufiger Meldungen über die Bombardierung von Eckernförde. Die Aufstellung des Volkssturmes erfolgte ab 21. Oktober 1944 innerhalb des Kreises unter der verantwortlichen Leitung des Kreisleiters der NSDAP.[6] Ende Januar 1945 wurden Hausfrauen und Wohnungsinhaber aufgerufen, für die Aufnahme von Ostflüchtlingen alles vorzubereiten, weil in den folgenden Tagen und Monaten größere Flüchtlingstransporte eintrafen.[7] Am 7. Mai 1945 zogen große Kolonnen der amerikanischer Armee durch die Stadt nach Norden. Die britischen Besatzungstruppen nahmen Quartier in der Torpedoversuchsanstalt Eckernförde (TVA).[8]
Nachkriegszeit
Der Kreis ging zum 26. April 1970 ohne die Gemeinden Kopperby und Olpenitz im neuen Kreis Rendsburg-Eckernförde auf.[9] Kopperby und Olpenitz wurden zu einer neuen Gemeinde Kopperby zusammengeschlossen, die zum Kreis Schleswig kam und dort 1974 nach Kappeln eingemeindet wurde.
Einwohnerentwicklung
Jahr | Einwohner[10][11] |
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1890 | 41.224 |
1900 | 42.041 |
1910 | 45.977 |
1925 | 38.858 |
1933 | 38.382 |
1939 | 41.693 |
1944 ,7.Feb.[12] | 48.387 |
1945 ,5.Mrz. | 59.176 |
1945 ,25.Juni | 87.979 |
1946 ,27.Mai | 93.034 |
1946 ,29.Okt. | 91.073 |
1950 ,13. Sep. | 86.646 |
1960 | 65.600 |
1961 | 63.487 |
1968 | 74.000 |
1970, 25. April[13] | 75.836 |
Landräte
- 1868–1870: Traugott von Baudissin
- 1870–1871: Carl Otto Wilhelm Bong-Schmidt (1807–1891)
- 1870–1877: Ludolf von Estorff
- 1877–1881: Eberhard von der Recke von der Horst
- 1881–1896: Cai von Bülow
- 1896–1917: Ernst von der Recke
- 1917–1920: George von Schröder
- 1920–1926: Eduard Adler, SPD (zuerst 1920/1921 kommissarisch)
- 15. Oktober 1926[14] – Juli 1941: Walter Alnor, DNVP, ab 1933 NSDAP
- Juli 1941 – März 1943: Hans Kolbe (i. V.)[15], NSDAP
- 13. März 1943 – 26. Januar 1944[16]: Peter Matthiesen, NSDAP
- 27. Januar 1944 – 4. Januar 1945: Hans Kolbe (i. V.)[17], NSDAP
- 5. Januar 1945 – 12. Mai 1945: Walter Mentzel (i. V.)[18], NSDAP
- 12. Mai 1945 – 4. Juli 1945: Heinz Loewer[19], NSDAP
- 7. Juli 1945 – 16. Oktober 1945: Heinrich Bausch[20]
- 17. Oktober 1945 – 24. Januar 1946: Detlef Scheel, SPD
- 25. Januar 1946 – 30. Oktober 1946: Wilhelm Stöcken, SPD
- 30. Oktober 1946 – 14. Mai 1950: Hermann Diekmann, CDU
- 15. Mai 1950 – 30. Juni 1956: Peter Alwin Hauschild, FDP
- 1. Juli 1956 – 31. Januar 1965: Walter Mentzel, CDU
- 1965–1970: Egon von Gayl
Gemeinden 1970
Vor seiner Auflösung am 26. April 1970 gehörten dem Kreis Eckernförde zuletzt die folgenden 55 Gemeinden an:
- Ahlefeld
- Altenhof
- Altenholz1
- Ascheffel
- Barkelsby
- Bistensee
- Bohnert
- Borgstedt
- Brekendorf
- Brodersby
- Bünsdorf
- Damendorf
- Damp
- Dänischenhagen
- Dörphof
- Eckernförde, Stadt
- Felm
- Fleckeby
- Gammelby
- Gettorf
- Götheby-Holm
- Groß Wittensee
- Güby
- Haby
- Holtsee
- Holzbunge
- Holzdorf
- Hummelfeld
- Hütten
- Karby
- Klein Wittensee
- Kopperby
- Kosel
- Lehmbek
- Lindau
- Loose
- Marienthal
- Neu Duvenstedt
- Neudorf-Bornstein
- Neuwittenbek
- Noer
- Olpenitz2
- Osdorf
- Osterby
- Owschlag
- Rieseby
- Schinkel
- Schwedeneck
- Sehestedt
- Strande
- Thumby
- Tüttendorf
- Waabs
- Windeby
- Winnemark
Ehemalige Gemeinden
Die folgende Liste enthält die Gemeinden des Kreises Eckernförde, die während seines Bestehens in andere Gemeinden eingegliedert wurden:[21]
Gemeinde | eingemeindet nach |
Datum |
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Borby | Eckernförde | 1. April 1934 |
Holtenau | Kiel | 1. Oktober 1922 |
Norby-Boklund | Owschlag | 1. April 1941 |
Pries | Kiel | 1. Oktober 1922 |
Ramsdorf | Owschlag | 1. April 1941 |
Schilksee | Kiel | 1. April 1959 |
Söby | Holzdorf | 30. September 1928 |
Sorgwohld | Owschlag | 1. April 1941 |
Bis zu ihrer Auflösung in den 1920er Jahren gab es im Kreis Eckernförde außerdem eine größere Anzahl von Gutsbezirken.[22]
Kfz-Kennzeichen
Am 1. Juli 1956 wurde dem Kreis bei der Einführung der bis heute gültigen Kfz-Kennzeichen das Unterscheidungszeichen ECK zugewiesen. Es löste 1956 das Besatzungszonennummernschild „BS 23“ ab und wurde bis zum 25. April 1970 ausgegeben. Seit dem 15. November 2012 ist es im Kreis Rendsburg-Eckernförde erhältlich.
Literatur
- Gerhard Stalling AG: Kreis Eckernförde. Gerhard Stalling AG Wirtschaftsverlag, Oldenburg (in Oldenburg), 1963.
- Karl Graucop, Detlef Thomsen (Hrsg. i.A.d. Heimatgemeinschaft Eckernförde e.V.): Heimatbuch des Kreises Eckernförde. Band I, Verlag C.J. Schwensen, Eckernförde 1967.
- Karl Graucop, Detlef Thomsen (Hrsg. i.A.d. Heimatgemeinschaft Eckernförde e.V.): Heimatbuch des Kreises Eckernförde. Band II, Verlag C.J. Schwensen, Eckernförde 1971.
- Arnold Wicke: Das Schicksal der Heimatvertriebenen im Kreis Eckernförde. Verlag C.J. Schwensen (Hrg: Heimatgemeinschaft Eckernförde), Eckernförde 1979.
- Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Historisches Seminar: Gutachten: Wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Landräte hinsichtlich möglicher Verstrickungen während der Zeit des Nationalsozialismus, undatiert
Weblinks
- Kreis Eckernförde Verwaltungsgeschichte und Liste der Landräte auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 23. Juli 2013.
Einzelnachweise
- Verordnung, betreffend die Organisation der Kreis- und Distriktbehörden, sowie die Kreisvertretung in der Provinz Schleswig-Holstein vom 22. September 1867, PrGS 1867, 1587
- Eckernförde im Nationalsozialismus, Berichterstattung der Eckernförder Zeitung, Jahrgang -9. Mai 1945, 1172 Seiten. Unkommentierte Materialsammlung, zusammengestellt durch die Heimatgemeinschaft Eckernförde (Bearbeitet und transkribiert in 2019 und 2020); Mitarbeit: Martha Bannick, Thomas Becker, Barbara Schäfersküpper, Joachim Sebastian, Hans Stapelfeldt, Dr. Telse Stoy, Silke Uppenthal; aufgerufen: 2. April 2024.
- Eckernförde im Nationalsozialismus (2020), S. 684
- Eckernförde im Nationalsozialismus (2020), S. 694.
- Eckernförde im Nationalsozialismus (2020), S. 721.
- Eckernförde im Nationalsozialismus (2020), S. 1102.
- Eckernförde im Nationalsozialismus (2020), S. 1130.
- Eckernförde im Nationalsozialismus (2020), S. 1159.
- Statistisches Landesamt Schleswig-Holstein (Hrsg.): Die Bevölkerung der Gemeinden in Schleswig-Holstein 1867–1970. Statistisches Landesamt Schleswig-Holstein, Kiel 1972, S. 21.
- Michael Rademacher: Eckernfoerde. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1969
- Angaben für 1944 bis 1950 nach: Statistisches Landesamt Schleswig-Holstein: Das Flüchtlingsgeschehen in Schleswig-Holstein infolge des 2. Weltkriegs im Spiegel der amtlichen Statistik, Kiel 1974 (hier online), Seiten 19, 27, 29 - Die Angaben für den Zeitraum 7.2.1944 bis 27.5.1946 schließen die Zivilbevölkerung und Ausländer in Lagern ein; bei der Angabe für den 29.10.1946 wurde die ortsansässige Bevölkerung erfasst, Displaced Persons, deutsche Kriegsgefangene und Dienstgruppenangehörige in Lagern sind in diesen Zahlen nicht eingeschlossen; am 13.9.1950 wurde die Wohnbevölkerung erfasst
- hier
- Zunächst kommissarisch, ab dem 7. März 1927 offiziell.
- Landrat von Schleswig, als Kriegsvertretung für Alnor
- offiziell bis Mai 1945
- als Kriegsvertreter für Matthiesen
- kommissarisch für Peter Matthiessen, wurde am 12. Mai 1945 von den Briten in Haft genommen und abgesetzt. Ref.: Ilse Rathjen-Couscherung: Eckernförde unter britischer Besatzung, Heimatgemeinschaft Eckernförde, 2008, ISBN 978-3-00-025744-5, Seite 38
- Loewer war Bürgermeister von Eckernförde; die britische Besatzungsmacht beließ ihn zunächst in diesem Amt und trug ihm vorübergehend auch das Amt des kommissarischen Landrats des Kreises Eckernförde auf, nachdem Walter Mentzel in Haft genommen war; wurde von der britischen Militärregierung im Juli 1945 abgesetzt. Ref.: Rathjen-Couscherung, Seite 38
- Bausch wurde von der britischen Militärregierung abgesetzt.
- Statistisches Landesamt Schleswig-Holstein (Hrsg.): Die Bevölkerung der Gemeinden in Schleswig-Holstein. Historisches Gemeindeverzeichnis: Kreis Rendsburg-Eckernförde. Kiel 1972 (wiki-de.genealogy.net [abgerufen am 21. April 2015] Digitalisat).
- Gemeinden und Gutsbezirke im Kreis Eckernförde, Stand 1910