Landkreis Bingen

Der Landkreis Bingen, bis 1938 Kreis Bingen, war ein Landkreis in der Provinz Rheinhessen im Großherzogtum Hessen bzw. Volksstaat Hessen sowie ab 1946 in Rheinland-Pfalz. Er wurde 1969 aufgelöst und ging in den Landkreisen Mainz-Bingen und Bad Kreuznach auf.

Wappen Deutschlandkarte
Landkreis Bingen
Deutschlandkarte, Position des Landkreises Bingen hervorgehoben
Basisdaten (Stand 1969)
Koordinaten: 49° 58′ N,  54′ O
Bestandszeitraum: 1835–1969
Bundesland:Rheinland-Pfalz
Regierungsbezirk: Rheinhessen
Verwaltungssitz: Bingen am Rhein
Fläche: 265,96 km2
Einwohner: 79.522 (30. Jun. 1968)
Bevölkerungsdichte: 299 Einwohner je km2
Kfz-Kennzeichen: BIN
Kreisschlüssel: 07 4 32
Kreisgliederung: 34 Gemeinden
Hessen im Jahr 1930

Nachbarkreise

Der Landkreis grenzte Anfang 1969 im Uhrzeigersinn im Norden beginnend an den Rheingaukreis in Hessen sowie an die Landkreise Mainz, Alzey und Kreuznach in Rheinland-Pfalz.

Geschichte

Von 1798 bis 1814 gehörten die Gebiete links des Rheines zu Frankreich, seit 1816 zum Großherzogtum Hessen als Teil der Provinz Rheinhessen. Diese wurde zunächst in 11 Kantone aufgeteilt, die auf dem System der französischen Verwaltung beruhten.

Durch die großherzoglich hessische Verordnung vom 5. Februar 1835 wurde die hessische Provinz Rheinhessen in die vier Kreise Bingen, Alzey, Mainz und Worms gegliedert. Dabei entstand der Kreis Bingen aus den Kantonen Bingen, Oberingelheim und Wöllstein.[1]

Infolge der Märzrevolution 1848 wurde das Großherzogtum Hessen vorübergehend in Regierungsbezirke gegliedert; der Kreis Bingen ging hierbei im Regierungsbezirk Mainz auf.[2]

Durch Edikt vom 12. Mai 1852 wurde Rheinhessen in nunmehr fünf Kreise eingeteilt, dabei wurde neben den Kreisen Alzey, Mainz, Oppenheim und Worms ein neuer, kleinerer Kreis Bingen (ohne den Kanton Wöllstein) aus dem Gebiet der Friedensgerichtsbezirke Bingen und Oberingelheim (ohne Budenheim und Mombach) gebildet[3]. Die 1852 geschaffene Gliederung der Provinz Rheinhessen in fünf Kreise (Alzey, Bingen, Mainz, Worms und Oppenheim) überdauerte 1918/19 den Übergang vom Großherzogtum zum Volksstaat Hessen und hatte mehr als sechs Jahrzehnte Bestand. In der NS-Zeit wurden 1937 die Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen aufgelöst.

Es folgte eine einschneidende Gebietsreform, die am 1. November 1938 in Kraft trat. In Rheinhessen wurde der Kreis Oppenheim aufgelöst, aus dem die Gemeinde Ober-Hilbersheim in den Kreis Bingen wechselte, ebenso die Gemeinden Badenheim, Biebelsheim, Bosenheim, Hackenheim, Ippesheim, Pfaffen-Schwabenheim, Planig, Pleitersheim, Sankt Johann, Sprendlingen, Volxheim, Welgesheim und Zotzenheim aus dem Kreis Alzey. Gleichzeitig erhielt der Kreis auch die neue amtliche Bezeichnung Landkreis Bingen.[4]

Der Landkreis Bingen wurde 1946 im Regierungsbezirk Rheinhessen ein Teil von Rheinland-Pfalz und hatte bis zur Verwaltungsreform von 1969 Bestand.

Am 7. Juni 1969 wurde der Landkreis Bingen im Rahmen der rheinland-pfälzischen Gebietsreform aufgelöst und zum überwiegenden Teil mit dem Landkreis Mainz zum Landkreis Mainz-Bingen zusammengefasst. Die Gemeinden Biebelsheim, Bosenheim, Hackenheim, Ippesheim, Pfaffen-Schwabenheim, Planig, Pleitersheim und Volxheim wurden dem Landkreis Bad Kreuznach zugeschlagen.[5]

Politik

Wappen

Wappen von Landkreis Bingen
Wappen von Landkreis Bingen
Blasonierung: „Gespalten von Schwarz und (Gold); vorne ein rot gekrönter und bewehrter goldener (gelber) Löwe; hinten ein rot bewehrter halber schwarzer Adler am Spalt; im roten Herzschild ein sechsspeichiges silbernes (weißes) Rad (Mainzer Rad)“

Einwohnerentwicklung

DatumEinwohner[6][7]
1852 29.807
1900 40.457
1910 42.648
1925 44.966
1933 47.821
1939 58.610
1950 66.534
1960 71.800
1968 79.522

Leitende Beamte

Kreisräte

Kreisdirektoren

Landräte

Städte und Gemeinden

Die folgende Tabelle enthält alle Kommunen, die dem Kreis bzw. dem Landkreis Bingen zwischen 1852 und 1969 angehörten, die Daten aller Eingemeindungen und die heutige Kreiszugehörigkeit:[8][7]

Gemeinde Eingemeindet nach Datum der
Eingemeindung
Heutiger
Landkreis/Verbandsgemeinde
Bis 1835 Teil des Kanton vor 1792 zugehörig[9]
AppenheimMZ / Gau-AlgesheimKanton OberingelheimKurpfalz
AspisheimMZ / Sprendlingen-GensingenKanton OberingelheimKurpfalz, Oberamt Alzey
BadenheimMZ / Sprendlingen-GensingenKanton WöllsteinGraf von Schönborn
BiebelsheimKH / Bad KreuznachKanton WöllsteinGrafschaft Falkenstein
Bingen am Rhein, StadtMZKanton BingenMainzer Domkapitel
BosenheimBad Kreuznach7. Juni 1969KHKanton WöllsteinKurpfalz, Oberamt Kreuznach
BubenheimMZ / Gau-AlgesheimKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
BüdesheimBingen am Rhein1. April 1929MZKanton BingenKurmainz
DietersheimBingen am Rhein1. April 1939MZKanton BingenKurmainz
DromersheimBingen am Rhein22. April 1972MZKanton BingenKurmainz
ElsheimStadecken-Elsheim7. Juni 1969MZ / Nieder-OlmKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
EngelstadtMZ / Gau-AlgesheimKanton OberingelheimKurpfalz
Frei-WeinheimIngelheim am Rhein1. April 1939MZKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
Gau-Algesheim, StadtMZ / Gau-AlgesheimKanton OberingelheimKurmainz
GaulsheimBingen am Rhein1. April 1939MZKanton BingenGraf von Ingelheim
GensingenMZ / Sprendlingen-GensingenKanton BingenKurmainz
GrolsheimMZ / Sprendlingen-GensingenKanton Bingen Kurmainz
GroßwinternheimIngelheim am Rhein22. April 1972MZKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
HackenheimKH / Bad KreuznachKanton WöllsteinKurpfalz, Oberamt Kreuznach
Heidesheim am RheinIngelheim am Rhein1. Juli 2019MZKanton OberingelheimKurmainz
HorrweilerMZ / Sprendlingen-GensingenKanton OberingelheimKurpfalz
Ingelheim am Rhein, StadtMZKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
IppesheimBad Kreuznach7. Juni 1969KHKanton WöllsteinBretzenheim und Falkenstein
Jugenheim in RheinhessenMZ / Nieder-OlmKanton OberingelheimNassau-Saarbrücken
Kempten am RheinBingen am Rhein1. April 1939MZKanton BingenMainzer Domkapitel
Nieder-HilbersheimMZ / Gau-AlgesheimKanton OberingelheimKurpfalz
Nieder-IngelheimIngelheim am Rhein1. April 1939MZKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
Ober-Hilbersheim*MZ / Gau-AlgesheimKanton WörrstadtKurpfalz, Oberamt Kreuznach
Ober-IngelheimIngelheim am Rhein1. April 1939MZKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
OckenheimMZ / Gau-AlgesheimKanton BingenKurmainz
Pfaffen-SchwabenheimKH / Bad KreuznachKanton WöllsteinKurpfalz, Oberamt Kreuznach
PlanigBad Kreuznach7. Juni 1969KHKanton WöllsteinGraf von Bretzenheim
PleitersheimKH / Bad KreuznachKanton WöllsteinKurmainz und Nassau-Saarbrücken
Sankt JohannMZ / Sprendlingen-GensingenKanton WöllsteinMarkgrafschaft Baden
Schwabenheim an der SelzMZ / Gau-AlgesheimKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
SponsheimBingen am Rhein22. April 1972MZKanton BingenKurpfalz, Oberamt Alzey
SprendlingenMZ / Sprendlingen-GensingenKanton WöllsteinMarkgrafschaft Baden
VolxheimKH / Bad KreuznachKanton WöllsteinKurmainz
WackernheimIngelheim am Rhein1. Juli 2019MZKanton OberingelheimKurpfalz, Ingelheimer Grund
WelgesheimMZ / Sprendlingen-GensingenKanton WöllsteinKurpfalz
ZotzenheimMZ / Sprendlingen-GensingenKanton WöllsteinKurpfalz, Oberamt Kreuznach
  • Ober-Hilbersheim gehörte von 1835 bis 1848 dem Kreis Alzey und 1852 bis 1938 dem Kreis Oppenheim an.
  • Alle Gemeinden des Kanton Wöllstein gehörten von 1852 bis 1938 dem Kreis Alzey an (sie gehörten von 1835 bis 1848 schon dem Kreis Bingen an und kehrten 1938 wieder zurück).
  • Alle anderen Gemeinden gehörten von 1835 bis 1848 sowie von 1852 bis 1969 dem Kreis Bingen an.

Die folgenden Gemeinden waren nur von 1835 bis 1848 Teil des Kreises: Eckelsheim, Gumbsheim, Siefersheim, Stein-Bockenheim, Wöllstein, Wonsheim, Frei-Laubersheim, Fürfeld, Neu-Bamberg und Tiefenthal (ab 1852 Kreis Alzey) sowie Budenheim und Mombach (ab 1852 Kreis Mainz).

Kfz-Kennzeichen

Am 1. Juli 1956 wurde dem Landkreis bei der Einführung der bis heute gültigen Kfz-Kennzeichen das Unterscheidungszeichen BIN zugewiesen. Es wurde bis zum 6. Juni 1969 ausgegeben. Seit dem 15. November 2012 ist es durch die Kennzeichenliberalisierung auf Wunsch im Landkreis Mainz-Bingen erhältlich.

Literatur

  • Susanne Karkosch, Karin Müller: Die rheinhessischen Kreise (Alzey, Mainz, Oppenheim, Worms). Darmstadt/Marburg 1973 (= Repertorien des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt, Abt. G 15 Kreis- und Landratsämter), DNB 730535312, PDF; 226 kB
  • Susanne Karkosch, Karin Müller: Kreisamt Alzey. Darmstadt 1973/2006 (= Repertorien des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt, Bestand G 15 Bingen), PDF; 124 kB

Einzelnachweise

  1. Verordnung, die Bildung von Kreisen in der Provinz Rheinhessen betreffend vom 4. Februar 1835. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 6 vom 6. Februar 1835, S. 44.
  2. Gesetz, die Organisation der dem Ministerium des Innern untergeordneten Verwaltungsbehörden betreffend vom 31. Juli 1848. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 38 vom 3. August 1848, S. 217–225.
  3. Verordnung, die Eintheilung des Großherzogthums in Kreise betreffend. In: Großherzoglich-Hessisches Regierungsblatt. 12. Mai 1852, S. 224 (Digitalisat [abgerufen am 4. April 2016]).
  4. Land Hessen 1939 Verwaltungsstruktur (Memento des Originals vom 1. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.verwaltungsgeschichte.de
  5. Drittes Landesgesetz über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz vom 12. November 1968, GVBl 1968 S. 231
  6. Philipp A. F. Walther: Das Großherzogthum Hessen nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Oertlichkeit. 1854, abgerufen am 2. März 2016.
  7. Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte: Kreis Bingen. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. April 2016; abgerufen am 22. März 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.geschichte-on-demand.de
  8. Gemeindeverzeichnis 1900: Kreis Bingen
  9. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts Bd. 3, Frankfurt a. M. 1832, S. 55 ff. (Google Books).
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