Krauß-Pyramide

Die Krauß-Pyramide (auch Kraußpyramide) ist eine jeweils zur Weihnachtszeit im Freien aufgestellte Großpyramide in der sächsischen Stadt Schwarzenberg. Im Erzgebirge als Ursprungsregion der heutigen Form der Weihnachtspyramide ist sie die älteste erhaltene und noch betriebene Freiland-Pyramide und somit auch weltweit einmalig.

Vorgeschichte und Bau

Die Krauß-Pyramide am Standort Vor dem Unteren Tor (2009)

Die Idee zum Bau hatte der Großindustrielle und Förderer der erzgebirgischen Volkskunst Friedrich Emil Krauß. Seine Vorstellung war, eine Pyramide zu bauen „… so groß, daß man sie ins Freie stellen kann, ihr Lichterglanz sich im Schnee und Eis der Landschaft spiegelt, Tausenden zur Freude.“ 1930 ließ er ein Modell der Konstruktion fertigen und zahlreiche Modellfiguren schnitzen, die als Basis für den späteren Bau dienten. Modell und Figuren sind in der Dauerausstellung „Perla Castrum – Ein Schloss voller Geschichte“, auf Schloss Schwarzenberg zu sehen.[1]

Der Bau des Pyramidengestells samt Flügelrad, Antrieb und Beleuchtung begann 1933[2] in Gemeinschaftsarbeit der Belegschaft[3] der Kraußwerke und wurde im folgenden Jahr fertiggestellt. Fast alle Originalfiguren fertigte 1933/1934 der Sachsenfelder Werkzeugmacher und Hobbyschnitzer Paul Lang, Schaf und Steinbock stammen aus der Werkstatt von Paul Winkler aus Bermsgrün.[4]

Konstruktion und Ausgestaltung

Das Pyramidengestell ist eine metallene Stangen-/Stabkonstruktion, mit fünf Etagen und diversen Verzierungen. Das Flügelrad mit zwanzig von Sternen durchbrochenen Flügeln hat einen Durchmesser von 3,3 Metern. Sie ist über sieben Meter hoch und hat eine Masse von 1,5 Tonnen. Auf den fünf Etagen sind sakrale und bergmännische Motive vertreten. Die unterste Etage ist feststehend und trägt die Weihnachtskrippe. Auf der folgenden sind die Heiligen Drei Könige dargestellt.[4] In den späten 1930er-Jahren bis 1945 wurden zwei der Könige durch Deutsche Reiter ersetzt. Dies war dem damaligen Zeitgeist des Deutschtums geschuldet und wurde am Ende des Dritten Reiches rückgängig gemacht.[5] In der dritten Etage drehen sich Hirten mit ihren Schafen und darüber Bergleute in Festtracht. Den Abschluss bildet eine Engelschar, über der vier Bronzeglocken installiert sind. Beim Drehen werden diese durch die Pyramidenflügel angeschlagen, wobei die ersten vier Töne des Weihnachtsliedes Stille Nacht, heilige Nacht erklingen.[4]

Geschichte

Krauß-Pyramide Schwarzenberg in der Dunkelheit

Bedingt durch ihr Alter aber auch im Speziellen weist die Pyramide eine bemerkenswerte Historie auf:

Zu der von Krauß organisierten Deutschen Krippenschau vom 1. bis 31. Dezember 1934 in Aue wurde sie erstmals der Öffentlichkeit gezeigt.[1] 1935 wurde sie auf der Terrasse des Schwarzenberger Ratskellers aufgestellt.[6] Im Jahr darauf drehte sie sich im Altarraum der St.-Georgen-Kirche. Bei der Feierohmd-Schau vom 28. November 1937 bis 21. Januar 1938[7] platzierte man sie vor dem heutigen Bertolt-Brecht-Gymnasium.[4] Zu Weihnachten 1938 drehte sie sich auf dem Prager Platz in Dresden, bis sie 1939 Platz an der Kreuzung vor den Kraußwerken fand. Zum Schutz vor Kriegseinwirkungen wurde sie 1940 in eine Werkhalle verbracht.[6] Bei Kriegsende befand sie sich in ihre Einzelteile zerlegt hinter dem Rathaus. Nach Enteignung von Krauß wurde der Rat der Stadt Eigentümer und verlieh sie 1946 für die 2. Dresdner Weihnachtsmesse[1][8] zum zweiten Mal in die Elbestadt. 1948 stellte man sie, materiell geschwächt, wieder in Schwarzenberg am Standort Egermannbrücke/Bahnhofsstraße auf. Im Jahr darauf verlieh man sie an die Gemeinde Breitenbrunn. Nach dem Abbau zu Beginn des Jahres 1950 wurde sie im Rathaus eingelagert und vorerst nicht mehr aufgestellt. So gelagert wurde sie durch ein Hochwasser im Juli 1954 schwer beschädigt und nahezu unbrauchbar.[6] Die Figuren zerfielen.[4]

Die Schwarzenberger Schnitzergruppe setzte sie entsprechend der damaligen Möglichkeiten instand, so dass sie zur Weihnachtszeit 1957 erstmals auf dem Schwarzenberger Markt aufgestellt werden konnte. Dies währte jedoch nur bis 1960, als sie durch einen Wintersturm schweren Schaden nahm, wobei auch Figuren aus der Verankerung gerissen wurden. Nachdem die Einwohner den Verbleib hinterfragten, widmete sich eine Kulturkommission der schadhaften Pyramide. Diese wollte jedoch eine Neugestaltung samt neuen Figuren in neuen Motiven. So sollten die Heiligen Drei Könige den Figuren Bergmann, Arbeiter und Wismut-Kumpel weichen. Der Entwurf von Hans Brockhage wurde öffentlich ausgelegt, fiel bei der Einwohnerschaft jedoch durch. Dass die Neugestaltung schließlich scheiterte, lag an den kalkulierten Kosten für die Fertigung der angedachten Figuren. Für die Rekonstruktion nach altem Vorbild wurden Materialien aus Betrieben bereitgestellt und zahllose unbezahlte Arbeitsstunden geleistet. Zeitgleich mit der erstmaligen Gestaltung des Felsens Totenstein als einem überdimensionalen Weihnachtsberg, wurde die Pyramide 1964 am Fuße des Felsens aufgestellt. – Dies war auch der erste Aufstellort von langer Dauer.[6]

Seit 1996 steht sie Vor dem Unteren Tor. Mit dem Standortwechsel war auch eine Erneuerung der Figuren verbunden. Die im Laufe der Zeit mehrfach überlackierten Figuren waren stark geschädigt und die ursprüngliche Farbgebung verlorengegangen, woraufhin Peter Paul Brockhage originalgetreue Kopien aller Figuren anfertigte. Die originalen Figuren blieben erhalten und werden im Museum ""Perla Castrum" auf Schloss Schwarzenberg aufbewahrt. Zuletzt wurden 2009 die Beleuchtung und weitere elektrische Bauelemente durch Mitarbeiter der Stadtwerke Schwarzenberg GmbH neuverkabelt. Zudem sorgen die Stadtwerke für Anschluss und Inbetriebnahme der Pyramide und darüber hinaus für Beleuchtung und Beschallung zum jährlichen Pyramidenanschieben.[4] Weiterhin befindet sich in der Advents- und Weihnachtszeit die "Paul-Lang-Krippe" mit ebenfalls originalgetreuen Kopien aller Figuren der Krauß-Pyramide als Leihgabe in der St.-Wolfgangs-Kirche in Schneeberg. Diese Krippe ist Eigentum der Stadt Schwarzenberg.

Figuren

Commons: Krauß-Pyramide Schwarzenberg/Erzgeb. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 80 Jahre Kraußpyramide. Die Schwarzenberger Kraußpyramide ist 80 Jahre alt. In: Große Kreisstadt Schwarzenberg Erzgebirge (Hrsg.): Schwarzenberger Weihnachtszeit 2014. (schwarzenberg.de [PDF; abgerufen am 2. Januar 2015] Veranstaltungsflyer der Großen Kreisstadt Schwarzenberg).
  2. Die Kraußpyramide – vorweihnachtlicher Glanz. 75-jähriges Jubiläum. In: Große Kreisstadt Schwarzenberg Erzgebirge (Hrsg.): Info Schwarzenberger Weihnacht 2009. S. 7 (schwarzenberg.de [PDF; abgerufen am 2. Januar 2015] Veranstaltungskalender der Großen Kreisstadt Schwarzenberg).
  3. Manuel Schramm: Konsum und regionale Identität in Sachsen 1880-2000 Die Regionalisierung von Konsumgütern im Spannungsfeld von Nationalisierung und Globalisierung. In: Günther Schulz (Hrsg.): Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte: Beihefte. Nr. 164. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-515-08169-0, S. 168 (books.google.de).
  4. Die Schwarzenberger Pyramide. In: :eprosa – Magazin der Stadtwerke Schwarzenberg. Nr. 04, 2009, S. 6–7 (stadtwerke-schwarzenberg.de [PDF; abgerufen am 2. Januar 2015]). stadtwerke-schwarzenberg.de (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadtwerke-schwarzenberg.de
  5. Informationen@1@2Vorlage:Toter Link/www.mdr.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. aus der Sendung des mdr vom 8. Dezember 2010 zur Wahl der Schönsten
  6. Die bewegte Geschichte der nun 80-jährigen Krauß-Pyramide. Freie Presse Online; abgerufen am 3. Januar 2015.
  7. Vor dem Schluß der Feierohmdschau. in: Sächsische Volkszeitung, Nummer 17, 20. Januar 1938, S. 4.
  8. Manuel Schramm: Konsum und regionale Identität in Sachsen 1880–2000… S. 65.

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