Krateros
Krateros (altgriechisch Κρατερός Kraterós, * um 370 v. Chr.; † 320 v. Chr.), Sohn des Alexandros und der Aristopatra, war ein makedonischer Feldherr Alexanders des Großen und kämpfte nach dessen Tod 323 v. Chr. in den Diadochenkriegen gegen den Reichsverweser Perdikkas.
Leben
Feldherr Alexanders
Krateros, über dessen Kindheit und Jugend nur wenig bekannt ist, begleitete zusammen mit seinem Bruder Amphoteros den makedonischen König Alexander III., den die Römer später Alexander den Großen nannten, von dessen Beginn 334 v. Chr. an auf seinem als Rachefeldzug gegen das Perserreich dargestellten Asienfeldzug.
Zunächst führte er in der Schlacht am Granikos eine Abteilung der pezhetairoi an, in der Schlacht bei Issos unterstand ihm bereits die gesamte Infanterie des linken Flügels der Makedonen, womit er zum nächststehenden Offizier des Feldherren Parmenion aufstieg. Bei der Belagerung von Tyros war er verantwortlich für den maritimen Kampf, während er in der Schlacht von Gaugamela erneut die Infanterie auf den linken Flügel kommandierte. Während des Feldzuges in den östlichen Provinzen bewährte sich Krateros mehrfach bei der Leitung selbständiger Kommandounternehmen, etwa gegen Spitamenes bei der Eroberung Baktriens und Sogdiens (328–327 v. Chr.). Auf dem Rückzug aus Indien 326 v. Chr. führte er ein Truppenkontingent entlang des westlichen Uferen des Hydaspes und des Indus, welches parallel zur Indusflotte marschierte. Aber noch bevor er den indischen Ozean erreichte, nahm er den Marsch nach Westen auf. Über Alexandria in Archosien (Kandahar) ziehend erreichte er 325 v. Chr. in Karmanien wieder das Hauptheer, das von Alexander durch die gedrosische Wüste geführt worden war. Nach ihrer Ankunft in Susa 324 v. Chr. wurde Krateros auf der Massenhochzeit mit der persische Prinzessin Amastris verheiratet.
Einer von Diodor (17,114,2) und Plutarch (Alexander 47,10) überlieferten Anekdote zufolge rivalisierte Krateros mit Hephaistion um die Gunst Alexanders. Während Krateros dabei seine unbedingte Ergebenheit dem König entgegenbrachte (philobasileus), sei Hephaistion einzig der Person Alexanders ergeben gewesen (philalexandros).
Nach der Revolte des Heeres in Opis 324 v. Chr. wurde Krateros von Alexander damit beauftragt, die Veteranen nach Makedonien zurückzuführen und dort Antipater als Strategen von Europa abzulösen. Auf dem Weg dorthin erreichte ihn 323 v. Chr. in Kilikien die Nachricht vom Tod des Königs.
Hüter der königlichen Belange
Obwohl Krateros nach Babylon hätte umkehren können, um dort bei der bevorstehenden Machtverteilung mitwirken zu können, entschied er sich den Marsch nach Makedonien eilends fortzuführen. Denn von Antipater erreichte ihn die Nachricht von der Erhebung der Griechen gegen die makedonische Hegemonie. Dennoch wurde ihm in der Reichsordnung von Babylon die Position eines Hüters der königlichen Belange (griechisch: prostates tes basileias) überantwortet, womit die Aufsicht und Schutzaufgaben über die königliche Familie verbunden waren. Allerdings befand sich die königliche Familie in Babylon, weshalb der Reichsregent Perdikkas diese Aufgaben einstweilen übernahm.
In Makedonien angekommen trug 322 v. Chr. Krateros durch den Sieg in der Schlacht von Krannon maßgeblich zum Sieg Antipaters, den er als Strategos von Europa anerkannte, gegen die Griechen im Lamischen Krieg bei. Sein Einvernehmen mit ihm festigte er durch seine Ehe mit dessen Tochter Phila, wofür er sich von Amastris trennte. Krateros beabsichtigte, nach Babylon zurückzukehren, um das ihm übertragene Amt wahrzunehmen. Allerdings überschlugen sich die Ereignisse, nachdem der einäugige Antigonos 321 v. Chr. nach Europa gekommen war und dort über die Pläne des Regenten Perdikkas berichtete, nach dem Königsthron greifen zu wollen. Krateros verbündete sich mit seinem Schwiegervater und dem reichen Strategen von Ägypten, Ptolemaios, um gegen Perdikkas in den ersten Diadochenkrieg zu ziehen.
Tod und Nachfolge
Krateros und Antipater marschierten mit ihrem Heer durch das gesamte Kleinasien, allerdings entzog sich ihnen Perdikkas, der nach Ägypten gegen Ptolemaios marschiert war. Dem Feldherren des Regenten, Eumenes von Kardia, gelang es, den Hellespont zu besetzen, wodurch Krateros und Antipater von Europa abgeschnitten zu werden drohten.
Krateros zog ihm deshalb mit einem Heer entgegen. Als Grieche war Eumenes unter den Makedonen nicht hoch anerkannt und verfügte als ehemaliger Sekretär auch kaum über Kampferfahrung. Das Feldherrentalent des Krateros hingegen war überall anerkannt und unter den Makedonen genoss er ein hohes Ansehen, weshalb ein Sieg gegen Eumenes außer Frage stand. Angeblich hatte Eumenes im Vorfeld des Kampfes seinen ihm unterstehenden makedonischen Kriegern verheimlicht, wer ihnen gegenüberstehen sollte, in der Furcht, sie würden zu Krateros überlaufen. In der Schlacht am Hellespont aber (Frühjahr 320 v. Chr.), die hauptsächlich durch die Reiterei auf beiden Seiten ausgetragen wurde, konnte Eumenes überraschend den Sieg davontragen. Krateros selbst wurde im Kampf getötet, seine Truppen schlossen sich anschließend dem Sieger an, der ihm ein ehrenvolles Begräbnis gewährte.
Nach dem Tod seines Schwiegersohns und des Perdikkas, der von seinen eigenen Soldaten ermordet wurde, wurde Antipater Reichsverweser. Er starb bereits 319 v. Chr., sein Freund und Vertrauter Polyperchon wurde sein Nachfolger. Eumenes, der Sieger über Krateros, hatte sich mittlerweile auf Polyperchons Seite geschlagen und damit die Position seines toten Gegners eingenommen. Er fiel drei Jahre später in einer Schlacht gegen Antigonos im Osten des Iran.
Krateros hatte einen gleichnamigen Sohn, der den Antigoniden diente.
Darstellungen
Krateros gab für das delphinische Heiligtum ein Weihegeschenk (Anathem) in Form einer bronzenen Statuengruppe in Auftrag. Sowohl Plinius der Ältere (Naturalis historia 35,64) als auch Plutarch (Alexander 40) berichteten von der Erschaffung dieser Plastik durch die Bildhauer Lysippos und Leochares, welche die Szene einer Löwenjagd zeigte, in der Alexander in eine lebensgefährliche Situation gegenüber dem von ihm gejagten Löwen geriet, aus der ihn Krateros aber rettete. Aus der Zusammentragung mehrerer Indizien aus den Werken von Plutarch, Arrian (Anabasis 2,13–15) und Curtius Rufus (8,1,2) ist zu vermuten, dass diese Jagd im Sommer 331 v. Chr. in Syrien stattgefunden haben könnte, wo Alexander mehrere Ruhemonate in Tyros verbracht hatte, nachdem er aus Ägypten zurückgekehrt war. Im nah gelegenen Sidon befanden sich die großen Tiergärten der persischen Großkönige, die sich aber seit 333 v. Chr. in Alexanders Besitz befanden.
Krateros erlebte die Fertigstellung der Statue und der ihr umgebenden Halle nicht mehr, ihre Weihung konnte daher erst von seinem Sohn vorgenommen werden. Das Werk ist nicht mehr erhalten, dafür aber das Fundament der Halle und das Weiheepigramm. Das bei Ausgrabungen im makedonischen Pella freigelegte Mosaik (siehe Abbildung zu Beginn des Artikels), welches eine Löwenjagd zweier Männer zeigt, ist vermutlich eine bildliche Darstellung der von Krateros in Auftrag gegebenen Statue aus Delphi. Weitere Jagdszenen Alexanders und seiner Gefährten sind auf dem sogenannten Alexandersarkophag (Archäologisches Museum Istanbul) zu sehen.
Literatur
- Ernst Badian: Krateros 1. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 6, Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01476-2, Sp. 808–809.
- Waldemar Heckel: The Marshals of Alexander’s Empire. Routledge, London 1992, ISBN 0-415-05053-7, S. 107–133.
- Waldemar Heckel: Craterus. In: Who’s Who in the Age of Alexander the Great. Prosopography of Alexander’s Empire. Blackwell, Oxford u. a. 2006, ISBN 1-4051-1210-7, S. 95–99.
- Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts. Band 88, 1974.
Weblinks
- Jona Lendering: Craterus. In: Livius.org (englisch)