Kraftwerk Passau-Ingling

Das Kraftwerk Passau-Ingling ist ein Laufwasserkraftwerk am unteren Inn, das von der Grenzkraftwerke GmbH (GKW) betrieben wird. Eigentümer des Kraftwerks ist die Österreichisch-Bayerische Kraftwerke AG (ÖBK). Das Kraftwerk befindet sich auf dem Gebiet der Gemeinden Passau (Niederbayern) und Schardenberg (Oberösterreich). Es ist die letzte Staustufe am Inn vor dem Zusammenfluss des Inns mit der Donau.

Kraftwerk Passau-Ingling
Das Kraftwerk vom Unterwasser aus gesehen
Das Kraftwerk vom Unterwasser aus gesehen
Das Kraftwerk vom Unterwasser aus gesehen
Lage
Kraftwerk Passau-Ingling (Oberösterreich)
Kraftwerk Passau-Ingling (Oberösterreich)
Koordinaten 48° 33′ 13″ N, 13° 26′ 13″ O
Land Deutschland Deutschland
Bayern Bayern

Osterreich Österreich

Oberosterreich Oberösterreich
Ort Passau
Gewässer Inn
Gewässerkilometer km 4,2[1]
Höhe Oberwasser 303 m ü. NN
Kraftwerk
Eigentümer Österreichisch-Bayerische Kraftwerke AG (ÖBK)
Betreiber Grenzkraftwerke GmbH (GKW)
Bauzeit 1962–1965[2]
Betriebsbeginn 1965[3]
Technik
Engpassleistung 86[3] Megawatt
Durchschnittliche
Fallhöhe
10,0[4] m
Ausbaudurchfluss 1.000 (4 ×x 250) bzw. 1.116 (4 × 279)[4] m³/s
Regelarbeitsvermögen 504,700[3] Millionen kWh/Jahr
Turbinen 4 Kaplanturbinen[5]
Generatoren 4 Drehstrom-Synchrongeneratoren[5]
Sonstiges
Website Passau-Ingling

Geschichte

Erste Überlegungen, die Wasserkraft des Inns zur Gewinnung von Elektrizität zu nutzen, gehen bis auf das Jahr 1908 zurück. In den Jahren 1918–1931 gab es diverse Pläne, darunter auch die Errichtung weiterer Ausleitungskraftwerke nach dem Vorbild des Kanalkraftwerkes Töging und des dafür errichteten Innkanals.[6] 1936 wurde von der Siemens-Schuckertwerke AG ein Entwurf zum Bau von fünf Wasserkraftwerken am unteren Inn vorgelegt, der ebenfalls noch Kanalkraftwerke vorsah. 1938 legte die Siemens-Schuckertwerke AG dann einen modifizierten Rahmenplan vor, der für die weitere Entwicklung maßgeblich war und der auf Kanalkraftwerke verzichtete (mit Ausnahme des Kraftwerks Schärding-Neuhaus, das weiterhin als Kanalkraftwerk geplant war). Die Lage der fünf Staustufen am unteren Inn, wie sie während und nach dem Zweiten Weltkrieg verwirklicht wurden, folgt im Prinzip diesem Rahmenplan von 1938.[7]

Mit dem Beginn der Errichtung der Aluminiumhütte Ranshofen im Juli 1938 wurde die Innwerk AG beauftragt, die Kraftwerke Ering-Frauenstein und Egglfing-Obernberg gemäß dem Rahmenplan von 1938 zur Stromversorgung der Aluminiumhütte zu errichten.[7] Diese Kraftwerke gingen 1942 bzw. 1944 in Betrieb. Der 1942 begonnene Bau des Kraftwerks Braunau-Simbach wurde dagegen nach einigen Monaten eingestellt.[8]

Am 16. Oktober 1950 wurde durch ein Regierungsübereinkommen zwischen Österreich und Bayern die ÖBK mit dem Ziel gegründet, die Wasserkraft am unteren Inn weiter auszubauen.[8] Nach der Errichtung des Kraftwerks Braunau-Simbach von 1951 bis 1954 folgte der Bau des Kraftwerks Schärding-Neuhaus von 1959 bis 1962. Während des Baus von Schärding-Neuhaus wurde bereits mit der Projektierung des Kraftwerks Passau-Ingling als dem letzten am unteren Inn zu errichtenden Kraftwerk begonnen.[8]

Der Konzessionsentwurf für das Kraftwerk wurde am 1. August 1961 eingereicht. Am 10. Oktober 1962 wurde dann der Bescheid vom zuständigen Bundesministerium erlassen.[9] Mit den Bauarbeiten wurde noch im Oktober 1962 begonnen. Am 17. Juli 1965 ging mit der ersten Turbine das Kraftwerk Passau-Ingling als drittes Kraftwerk der ÖBK in Betrieb (am 4. Februar 1966 folgte dann die letzte der insgesamt vier Maschinen).[10]

Konstruktion

Das Kraftwerk besteht aus einer Wehranlage mit fünf Wehrfeldern, einem Trennpfeiler sowie einem Krafthaus mit vier Turbinen und den vier zugehörigen Generatoren.

Die fünf Wehröffnungen sind auf der österreichischen Seite des Inns angeordnet. Jede der fünf Öffnungen ist 23 m breit und jeder der vier dazwischenliegenden Pfeiler misst in der Breite 6 m, d. h. die gesamte Wehrbreite beträgt 139 m. Die Abmessungen entsprechen dabei denen der Anlagen der Kraftwerke Braunau-Simbach und Schärding-Neuhaus.[11] Die Wehrpfeiler sind auf einem 38,65 m langen Betonfundament (Wehrsohle) errichtet, das auf dem Fels gegründet ist.[12] Die Stärke dieser Wehrsohle beträgt 2,70 m auf der Oberwasserseite und ist in diesem Bereich noch zusätzlich mit Felsankern (Länge 3,40 m bis 6,60 m) im Felsgestein verankert. Auf der Unterwasserseite ist die Wehrsohle als Tosbeckensohle nur 1,70 m stark.[13] Als oberwasserseitige Dichtung und als unterwasserseitiger Kolkschutz wurde jeweils ein Betonsporn 5,50 m tief in den Felsuntergrund errichtet.[11]

Der Trennpfeiler zwischen dem Wehrfeld und dem Krafthaus hat eine Länge von 48 m und eine Breite von 8 m.[13]

Das Maschinenhaus besteht aus vier Blöcken mit je 23,5 m Breite, die auf Fels gegründet sind. Es befindet sich auf der bayerischen Seite des Inns. Jeder Block enthält einen Maschinensatz (Turbine mitsamt dem zugehörigen Generator) sowie Einlaufspirale und Saugrohr.[13]

Wie die übrigen Kraftwerke am unteren Inn verfügt die Staustufe Passau-Ingling nicht über eine Schleuse. Jedoch wurde bei der Projektierung des Kraftwerks die nachträgliche Errichtung einer 150 m langen und 12 m breiten Schleusenkammer am rechten Ufer bereits berücksichtigt.[12]

Flussaufwärts wird der für die Energiegewinnung nutzbare Stauraum vom Kraftwerk Schärding-Neuhaus begrenzt.

Elektrotechnische Anlagen

Die Stromerzeugung erfolgt durch vier Kaplan-Turbinen mit vertikaler Welle und jeweils max. 22,2 MW Leistung[5], die in einem Maschinenhaus untergebracht sind. Der Laufraddurchmesser der Turbinen beträgt 6,3 m. Die Turbinen haben je fünf Flügel und ihre Nenndrehzahl liegt bei 75/min.[4] Bei einer Wasserführung von 746 m3/s werden bei einer Fallhöhe von 10,0 m durch die vier Turbinen insgesamt 64,7 MW bereitgestellt.[12] Die zugehörigen Generatoren haben eine Generatornennspannung von 10,5 kV, eine Nennfrequenz von 50 Hz und eine Nenndrehzahl von 75/min.[14] Das Polrad eines Generators wiegt 165 t, der Stator wiegt 88 t.[5]

In der Schaltanlage wird die Generatorspannung von 10,5 kV mittels Maschinentransformatoren auf 110 kV hochgespannt, um dann in die (ehemaligen) Netze von Bayernwerk AG, Innwerk AG und Verbund AG eingespeist zu werden.[5][15] Die Schaltanlage befindet sich auf der bayerischen Seite.

Errichtungskosten

Die Gesamtkosten der Errichtung der Staustufe betrugen 153,5 Mio. DM. Die Kosten sind dabei wie folgt angefallen:[16]

Mio.  %
Grunderwerb 11,7 7,6
Projektierung 3,2 2,1
Bauleitung 5,4 3,5
Baukosten im Stufenbereich 47,3 30,8
Baukosten im Rückstauraum 24,8 16,2
Ufersicherungen unterstrom 4,5 2,9
Maschinelle Ausrüstung 26,0 16,9
Elektrische Ausrüstung 12,8 8,3
Werkssiedlungen 1,3 0,9
Zinsen 16,5 10,8
153,5 100,0

Die kalkulatorischen Selbstkosten wurden im Jahre 1967 mit rund 3,1 Pfennig je kWh ermittelt. Die ÖBK musste dabei den erzeugten Strom aufgrund der Stromlieferungsverträge zum Selbstkostenpreis an ihre Anteilseigner liefern.[17]

Wasserführung des Inns

Die zu erzielende Stromerzeugung ist maßgeblich von der Wasserführung des Inns abhängig, wobei sowohl zu viel als auch zu wenig Wasser nachteilig für die Stromerzeugung ist. Bei einer mittleren Wasserführung von 746 m3/s werden bei einer Fallhöhe von 10,0 m 64,7 MW erzielt.[12] Bei 1.140 m3/s wird die Höchstleistung von 86[3] MW bzw. 86,4[12] MW erzielt. Die Turbinen müssen aber stillgelegt werden, wenn die verfügbare Fallhöhe unter 2,70 m[18] bzw. 3 m[12] absinkt oder aber, wenn die Wasserführung des Inns 2.400 m3/s übersteigt.[18]

Da das Stauziel auf max. 303 m NN festgelegt wurde, um Überschwemmungen von Ortschaften im Rückstaugebiet möglichst zu vermeiden, muss der Wasserspiegel des Oberwassers bereits ab einer Wasserführung von 1.200 m3/s abgesenkt werden, bei 2.100 m3/s z. B. auf 299 m NN. Bei 3.000 m3/s müssen alle fünf Wehröffnungen komplett geöffnet werden.[12] Diese Absenkung des Oberwassers reduziert aber die Fallhöhe und damit die Stromerzeugung.

Gleichzeitig steigt aber auch das Unterwasser, wenn die Wasserführung des Inns zunimmt. Bei einer Wasserführung von 276 m3/s liegt der Wasserspiegel des Unterwassers auf 291,57 m NN, bei 747 m3/s auf 293 m NN, bei 1.500 m3/s auf 294,55 m NN und bei 7.400 m3/s auf 302,33 m NN.[19] Das Ansteigen des Unterwassers reduziert daher ebenso die Fallhöhe und damit die Stromerzeugung. 7.400 m3/s stellen das Katastrophenhochwasser dar.[12]

Die Tabelle zeigt die monatliche Wasserführung des Inns im langjährigen Mittel[20] sowie die monatliche Stromerzeugung:[17]

Monat Abfluss[A 1] Erzeugung[A 2]
Januar 395 27,6
Februar 387 24,4
März 465 31,6
April 685 41,2
Mai 1.061 48,6
Juni 1.316 46,0[A 3]
Juli 1.252 49,0
August 1.072 52,6
September 833 45,2
Oktober 574 38,0
November 470 31,4
Dezember 413 28,6
  1. Mittelwerte, errechnet aus den Beobachtungen der Jahre 1901 bis 1960 am Pegel Neuhaus: Angaben in m3/s
  2. Mittelwerte, basierend auf einer 50-Jahres-Reihe der Unterwasserstände: Angaben in Mio. kWh
  3. Aufgrund des Fallhöhenmangels und der häufigen Stauregelungen ist im Juni ein Einbruch zu verzeichnen.

Literatur

Commons: Kraftwerk Passau-Ingling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft (ÖZE), 20. Jg., Mai 1967 Heft 5, S. 188
  2. ÖZE, S. 189
  3. Laufkraftwerk Passau-Ingling. Verbund AG, abgerufen am 25. Juni 2017.
  4. ÖZE, S. 205
  5. Laufkraftwerk Passau-Ingling: Weiterführende Informationen, Technische Beschreibung. Verbund AG, abgerufen am 25. Juni 2017.
  6. ÖZE, S. 166–167
  7. ÖZE, S. 170–171
  8. ÖZE, S. 165
  9. ÖZE, S. 182
  10. ÖZE, S. 225
  11. ÖZE, S. 183
  12. ÖZE, S. 177
  13. ÖZE, S. 185
  14. ÖZE, S. 226
  15. ÖZE, S. 229
  16. ÖZE, S. 175
  17. ÖZE, S. 176
  18. ÖZE, S. 231
  19. ÖZE, S. 184
  20. ÖZE, S. 157
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