Kraftwerk Herne

Das Heizkraftwerk Herne ist ein Steinkohlekraftwerk und zum Teil ein Gaskraftwerk der Steag. Es befindet sich in Baukau, einem Stadtteil von Herne (Nordrhein-Westfalen).

Kraftwerk Herne Baukau
Blick von der Schleuse Wanne-Eickelüber den Kanal auf das Kraftwerk
Blick von der Schleuse Wanne-Eickel
über den Kanal auf das Kraftwerk
Blick von der Schleuse Wanne-Eickel
über den Kanal auf das Kraftwerk
Lage
Kraftwerk Herne (Nordrhein-Westfalen)
Kraftwerk Herne (Nordrhein-Westfalen)
Koordinaten 51° 33′ 5″ N,  11′ 20″ O
Land Deutschland
Gewässer Rhein-Herne-Kanal
Daten
Typ Heizkraftwerk
Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk
Brennstoff Steinkohle
Erdgas
Leistung Block 4: 449 MWel[1]

Block 6: 608 MWel

Eigentümer Steag
Betreiber Steag
Betriebsaufnahme 1962/1963/1966
Block 4: 25.07.1989
Block 6: 02.09.2022
Stilllegung Block 1: 2000
Block 2: 2014
Block 3: 2017
Turbine Block 6: Siemens SGT5-8000H
Kessel 2 kohlestaubgefeuerte Benson-Kessel – flüssige Entaschung (492 t/h + 930 t/h),

1 kohlestaubgefeuerter Benson-Kessel – trockene Entaschung (1.584 t/h)

Schornsteinhöhe 300 m
Eingespeiste Energie 2008 5200 GWh
Website www.steag.com
f2

Geschichte

In den Jahren 1962/63 wurden die ersten beiden Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von jeweils ca. 150 MW gebaut. 1966 kam Block 3 mit 280 MW hinzu (1987 zur Fernwärmekopplung umgebaut). Block 3 hatte einen Wirkungsgrad von nur 30 Prozent.[2] 1988 wurde das Kraftwerk mit einer Rauchgasentschwefelungsanlage nachgerüstet.

1989 wurde ein vierter Kraftwerksblock mit 449 MW elektrische Leistung gebaut; dieser Block kann ebenfalls bei Bedarf Fernwärme bereitstellen. Im Zusammenhang mit diesem Neubau entstanden 1984 auch der 300 Meter hohe Schornstein und der große Kühlturm (130 m), die gegenwärtig das Bild des Kraftwerks prägen. Dieser neue Schornstein ersetzte drei alte Schornsteine, die anschließend abgerissen wurden. Der älteste Block 1 wurde im Jahre 2000 stillgelegt. 2014 folgte dann Block 2 und im Juni 2017 Block 3.[3] Derzeit ist nur noch Block 4 mit einer Leistung von 449 MWel in Betrieb.[4]

Technische Daten

Die vier ursprünglichen Kraftwerksblöcke hatten zusammen eine elektrische Leistung von 950 Megawatt. Mit Block 4 sind noch 449 MW an elektrischer Leistung in Betrieb.[1] Die installierte Leistung beträgt 511 MWel.[5]

Das Kraftwerk produzierte im Jahr 2008 ca. 5,2 Mrd. kWh Strom (Energiebedarf von ca. 1,3 Mio. Haushalten) und 0,8 Mrd. kWh Fernwärme, die in die Fernwärmeverbundleitung der Fernwärmeschiene Ruhr eingespeist wurden.

Der Steinkohleverbrauch im Jahr 2008 betrug ca. 2,0 Mio. Tonnen. Der CO2-Ausstoß in diesem Jahr summierte sich laut European Pollutant Emission Register (EPER 2004) auf 4,51 Mio. Tonnen.[6]

Aufgrund der veränderten Bedingungen auf dem Strommarkt durch die Energiewende reduzierte sich die Stromproduktion im Jahr 2011 auf 2.501 GWh (5.200 GWh im Jahr 2008). Durch die verringerte Stromproduktion verringerte sich auch der Steinkohleverbrauch von ca. 2.000.000 Tonnen (Jahr 2008) auf ca. 961.923 (Jahr 2011).

Stromproduktion und Kohleverbrauch Kraftwerk Herne
JahrNutzbare StromabgabeGesamtkohleverbrauchKohleverbrauch pro Gigawattstunde
2008 5.200 GWh 2.000.000 t 384,62 t
2011 2.501 GWh 961.923 t 384,63 t

Die Kohlebelieferung erfolgt über den Rhein-Herne-Kanal, aus dem auch das benötigte Kühlwasser entnommen und wieder eingeleitet wird. Im Kraftwerk arbeiteten 2008 etwa 250 Mitarbeiter. Das Kraftwerk ist außerdem ein Standort der Themenroute „Großchemie und Energie“ der Route der Industriekultur.

Planungen

Luftbild des Kraftwerks von Herne und des Rhein-Herne-Kanals in Richtung Westen
Das Kraftwerk von oben

Ehemals geplanter Kohle-Kraftwerksblock 5

Im Herbst 2006 gab die Steag bekannt, gemeinsam mit kommunalen Partnern einen fünften Kraftwerksblock mit einer Leistung von 750 MW und einem Nettowirkungsgrad von 45 % errichten zu wollen. Der Bau des 800 Mio. € teuren Projektes sollte im Sommer 2008 beginnen, die Inbetriebnahme des Blocks war für Herbst 2011 vorgesehen. Das Projekt „Herne 5“ sah den Bau eines 180 m hohen Kühlturmes vor, über den auch die Rauchgase abgeleitet werden sollten (Reingaseinleitung), die Errichtung eines separaten Schornsteins wäre somit nicht notwendig gewesen. Für den Betrieb von Block 5 wären 50 neue Arbeitsplätze entstanden.

Als Grund nannte der damalige Betreiber Evonik den Vorschlag der EU-Kommission, im Rahmen des Emissionsrechtehandel solle ab 2012 der Handel mit Kohlendioxid-Zertifikaten auf Neuanlagen ausgeweitet werden. Die Wirtschaftskrise 2009 und der seit Jahren niedrige Stromgroßhandelspreis waren wohl weitere Faktoren, die die Investition fraglich erscheinen ließen.

Mit Stand 2018 sind die Planungen für diesen Block aufgrund der wenig lukrativ erscheinenden Geschäftsaussichten für Kohlekraftwerke aufgegeben. Stattdessen wurde ein Gaskraftwerk errichtet (siehe unten).[7]

Gas-und-Dampf-Kraftwerk – Block 6

STEAG baute einen gasbefeuerten GuD-Kraftwerksblock am Kraftwerksstandort Herne, der in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird. Für die Gasversorgung wurde eine 22 Kilometer lange Gasleitung zwischen Datteln und Herne gebaut.[4] Der als Herne 6 bezeichnete Block verfügt über eine elektrische Leistung von über 600 MW und kann zusätzlich bis zu 400 MW Fernwärme auskoppeln.[8] Es war ein Gesamtnutzungsgrad von 85 % geplant.[9] Mit der Anlagenerrichtung wurde Siemens beauftragt, die eine KWK-Anlage auf Basis der SGT5-8000H errichtete.[10] Anfang 2019 begannen die Bauarbeiten mit der Vorbereitung des Grundstücks.[11] Mit Inbetriebnahme des neuen Gas-und-Dampf-Kraftwerks soll der kohlebefeuerte Block 4 perspektivisch ersetzt werden.[12] Am 2. September 2022 ging der neue Block schließlich in Betrieb und soll 250.000 Haushalte mit Strom und Fernwärme versorgen.[13]

Emissionen

Kohlekraftwerke stehen aufgrund ihres Schadstoffausstoßes in der Kritik. Auch nach dem Einbau von Filteranlagen in den 1980er Jahren, die die Abgase weitgehend entschwefeln, emittieren Kohlekraftwerke weiterhin relevante Mengen Schwefeldioxid. Zudem gelangen umwelt- und gesundheitsschädliche Stickstoffoxide sowie gesundheitsschädliche Feinstäube, darin enthaltene Schwermetalle und PAK in die Umwelt. In Deutschland trug die Energiewirtschaft 2010 mit 71 % (6,571 Tonnen) zur Gesamt-Quecksilberemission bei.[14]

Die Schadstoffemissionen aller großen Kohlekraftwerke und Industrieanlagen sind im Europäischen Schadstoffemissionsregister (via deutschem Portal www.Thru.de) veröffentlicht.

Emissionen unterhalb der berichtspflichtigen Mengenschwelle sind in der Tabelle mit „<“ neben dem Grenzwert aufgeführt.

Luftschadstoffe

Jährliche Emissionsmengen des Kraftwerks Herne[15]
Luftschadstoff PRTR 2007 PRTR 2008 PRTR 2009 PRTR 2010 PRTR 2011 PRTR 2012 PRTR 2013
Kohlenstoffdioxid (CO2) 3,09 Mt 2,78 Mt 2,23 Mt 2,48 Mt 2,46 Mt 2,34 Mt 2,62 Mt
Stickstoffoxide (NOx/NO2) 2,18 kt 1,86 kt 1,57 kt 1,79 kt 1,79 kt 1,51 kt 1,94 kt
Schwefeldioxide (als SOx/SO2) 1,75 kt 1,79 kt 1,32 kt 1,34 kt 1,25 kt 1,33 kt 1,73 kt
Methan (CH4) keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben 207 t 231 t
Flüchtige organische Verbindungen (NMVOC) keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben 206 t 231 t
Ammoniak (NH3) keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben keine Angaben 16,9 t 18,9 t
Distickstoffmonoxid (N2O) 18,6 t 13,9 t 13,2 t 15,6 t 14,6 t 10,8 t 14,8 t
Anorganische Fluorverbindungen (als HF) 21,2 t 9,9 t 10,3 t 11,8 t 12,4 t 10,9 t 13,7 t
Anorganische Chlorverbindungen (als HCl) 67,1 t 61,3 t 10,3 t 11,5 t 12,4 t 10,5 t 13,6 t
Quecksilber und Verbindungen (als Hg) 37,6 kg 41,7 kg 32,3 kg 30,3 kg 31,7 kg 50,5 kg 44 kg

Weitere typische Schadstoffemissionen wurden nicht berichtet, da sie im PRTR erst ab einer jährlichen Mindestmenge meldepflichtig sind, z. B. Dioxine und Furane ab 0,0001 kg, Cadmium ab 10 kg, Arsen ab 20 kg, Nickel ab 50 kg, Chrom sowie Kupfer ab 100 kg, Blei sowie Zink ab 200 kg, Ammoniak und Chlorwasserstoff ab 10.000 kg, Methan und flüchtige organische Verbindungen außer Methan (NMVOC) ab 100.000 kg sowie Kohlenmonoxid ab 500.000 kg.[16]

Spezifische Emissionen des Kraftwerks Herne (Berichtsjahr 2011)[17][18]
Kraftwerk Produzierte Strommenge Kohle-verbrauch Kohlendioxid (CO2) Stickstoffoxide (NOx/NO2) Schwefeloxide (SOx/SO2) Anorganische Chlorverbindungen als HCl Anorganische Fluorverbindungen als HF Distickoxid (N2O) Quecksilber (Hg)
Herne 2.501 GWh 961.923 t 2.460.000 t 1.790 t 1.250 t 12.400 kg 12.400 kg 14.600 kg 31,7 kg
Menge pro GWh 1 GWh 384,62 t 983,61 t 0,716 t 0,499 t 4,958 kg 4,958 kg 5,838 kg 0,0127 kg

Wasserschadstoffe

Wasserschadstoffe des Kraftwerks Herne (Berichtsjahr 2011)[17][18]
Kraftwerk Produzierte Strommenge Kohleverbrauch Chloride –Abwasser– Fluoride (als Gesamt-F) –Abwasser– Zink (Zn) –Abwasser– Kupfer (Cu) –Abwasser–
Herne 2.501 GWh 961.923 t <2.000.000 kg 2.440 kg <100 kg 358 kg
Menge pro GWh 1 GWh 384,62 t keine genauen Daten 0,976 kg keine genauen Daten 0,143 kg

Feste Schadstoffe (Verbringung gefährlicher Abfälle)

Feste Schadstoffe (Verbringung gefährlicher Abfälle) des Kraftwerks Herne (Berichtsjahr 2011)[17][18]
Kraftwerk Produzierte Strommenge Kohleverbrauch Gesamtabfallmenge Abfall zur Beseitigung Abfall zur Verwertung
Herne 2.501 GWh 961.923 t 248 t 227 t 21 t
Menge pro GWh 1 GWh 384,62 t 0,099 t 0,091 t 0,008 t

Bilder

Siehe auch

Literatur

Commons: Kraftwerk Herne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur (Memento des Originals vom 29. Juni 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bundesnetzagentur.de, Stand: 7. März 2019
  2. Aktuelle Meldung der REWAG. 8. August 2007, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. Oktober 2014; abgerufen am 31. Januar 2013 (Stellungnahme der REWAG zu Vorwürfen der Linken).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rewag.de
  3. WAZ:Steag legt Block 2 endgültig still
  4. Entschädigungen für neue Gasleitung. waz.de, 18. Juli 2017, abgerufen am 26. August 2017.
  5. Heizkraftwerk Herne, abgerufen am 5. September 2020.
  6. EPER-Daten 2004 für Deutschland; Steag AG, HKW Herne. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Juni 2013; abgerufen am 27. Februar 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.eper.de
  7. Herne 6 soll bis Mitte 2022 am Netz sein. In: Energie und Management, 23. April 2018. Abgerufen am 23. April 2018.
  8. Siemens errichtet schlüsselfertiges GuD-Kraftwerk in Herne. Abgerufen am 20. Dezember 2021.
  9. Siemens errichtet schlüsselfertiges GuD-Kraftwerk in Herne. Abgerufen am 20. Dezember 2021.
  10. Steag und Siemens unterzeichnen Vertrag zum Bau des neuen GuD-Kraftwerks in Herne (Memento des Originals vom 3. August 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.steag.com, Pressemitteilung Steag vom 2018-07-31
  11. Startschuss für Bau von neuem Gas-Kraftwerk in Herne. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 21. Januar 2019. Abgerufen am 28. April 2019.
  12. Auf Kraftwerkstour im Ruhrgebiet In: Lokalkompass, 25. April 2019. Abgerufen am 30. Mai 2020.
  13. Neues Kraftwerk "Herne 6" geht in Betrieb. In: WDR. 2. September 2022, abgerufen am 2. September 2022.
  14. Umweltbundesamt (2012): Emissionsentwicklung 1990–2010, Schwermetalle Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen seit 1990 (Excel-Tabelle)
  15. PRTR – Europäisches Emissionsregister (Memento des Originals vom 8. Juli 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.prtr.bund.de
  16. PRTR-Verordnung 166/2006/EG über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters und zur Änderung der Richtlinien 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates
  17. Europäisches Schadstoffemissionsregister – Emissionsdaten zum Steag Kraftwerk Herne
  18. Daten des Betreibers Steag zum Kraftwerk Herne (www.steag.com) (Memento des Originals vom 9. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.steag.com
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