Herfindahl-Index

Der Herfindahl-Index, auch Hirschman-Index oder Herfindahl-Hirschman-Index genannt, ist eine oft benutzte Kennzahl zur Konzentrationsmessung, zum Beispiel in der Ökonomie zur Messung einer Unternehmenskonzentration. Er ist nach Orris Clemens Herfindahl (1918–1972) bzw. Albert O. Hirschman (1915–2012) benannt und wird häufig mit HHI oder abgekürzt.

Bei der Errechnung des Herfindahl-Index wird von einer Verteilung von Objekten auf mehrere Gruppen ausgegangen: So teilt sich etwa der gesamte Absatz eines Erzeugnisses auf einem bestimmten Markt auf eine bestimmte Anzahl von Produzenten auf, die das Erzeugnis herstellen. Allerdings verteilt sich der Absatz meist nicht gleichmäßig auf alle Erzeuger. Über das Ausmaß der Konzentration des Absatzes auf einen oder wenige Anbieter gibt nun der Herfindahl-Index Auskunft.

Berechnung

HHI

Der HHI berechnet sich folgendermaßen:[1][2]

mit

Dabei bezeichnet die absolute Häufigkeit der -ten (positiven) Merkmalsausprägung.

In Worten ausgedrückt ist der HHI die Summe aller quadrierten Marktanteile der Wettbewerber eines Marktes. Mathematisch gesehen liegt dieser Wert zwischen , wobei 1 einem Monopol entspricht. In den Wirtschaftswissenschaften ist es üblich, das Prozentzeichen zu verlieren (bzw. die prozentualen Marktanteile zuvor mit 100 zu multiplizieren), der so erhaltene HHI kann dann Werte zwischen annehmen. Die Werte lassen sich durch Multiplikation bzw. Division mit 10.000 ineinander umrechnen.

Die Europäische Kommission gibt folgendes vereinfachte Beispiel zum besseren Verständnis:[3] Der HHI misst die Marktkonzentration durch Addieren der quadrierten Marktanteile aller Anbieter in einem Wirtschaftszweig. Wenn auf einem Markt zum Beispiel fünf Unternehmen einen Anteil von je 20 % halten, beträgt der HHI 400 + 400 + 400 + 400 + 400 = 2000. Je höher der HHI für einen bestimmten Markt ist, desto größer ist der Anteil der Produktion, der auf eine kleine Anzahl von Firmen entfällt. Im Allgemeinen kann die Marktkonzentration bei einem HHI von unter 1000 als niedrig, von 1000 bis 1800 als mittelmäßig und über 1800 als stark bezeichnet werden.

Der Herfindahl-Index ist also die normalisierte Summe der quadrierten Anteilswerte und kann Werte von bis annehmen, wobei der minimale Wert bei Gleichverteilung des Absatzes über alle Anbieter (= minimale Konzentration), der maximale Wert hingegen bei maximaler Konzentration (also wenn der gesamte Absatz auf einen einzigen Anbieter entfällt) erreicht wird.

Normalisierter HHI

Der normalisierte HHI kann Werte von bis annehmen und berechnet sich wie folgt:

Im Unterschied zum nicht-normalisierten Herfindahl-Index ist der normalisierte Herfindahl-Index invariant gegenüber der Zahl der Anbieter.

Beispiel: Bei Anbietern mit identischen Marktanteilen gilt:

  • Nicht-normalisierter HHI:
  • Normalisierter HHI: für alle

Anwendungsgebiete

Angewandt wird der Herfindahl-Index vor allem in folgenden Bereichen:

  • In der Volkswirtschaftslehre sowie im Bereich des Kartellrechts zum Nachweis der marktbeherrschenden Stellung eines oder mehrerer Anbieter: Hohe Werte von legen nahe, dass einer oder einige wenige Hersteller weite Teile des Marktes kontrollieren, während für ein Monopol steht.
  • In der Marktforschung als Maßzahl für die Markentreue eines Kunden oder einer Gruppe von Kunden: Je höher liegt, desto stärker konzentriert sich der Kunde bei seinen Einkäufen auf eine oder wenige Marken. Wird immer die gleiche Marke gekauft, ist gleich .
  • In der Betriebssystem-Lehre wenn es um die faire Verteilung von Betriebsmitteln geht.
  • In der Politikwissenschaft, wenn es um die Parteienzersplitterung geht, wobei ein niedrigerer Herfindahl-Index für ein stärker zersplittertes Parteiensystem steht.[4]
  • In der Transplantationsmedizin zur Beurteilung des Therapieerfolges in Abhängigkeit von der Operationshäufigkeit in verschiedenen Krankenhäusern[5]
  • In der Religionswissenschaft, um den Grad religiöser Pluralität einer Gesellschaft zu messen.[6]

Siehe auch

Literatur

  • Orris Herfindahl, "Concentration in the steel industry", 1950, published on Archive.org with consent of his heirs in June 2021, Dissertation on Archive.org
  • Josef Bleymüller, Günther Gehlert, Herbert Gülicher: Statistik für Wirtschaftswissenschaftler. WiSt-Studienkurs. Vahlen, München 101996. ISBN 3-8006-2081-2. Kapitel 26.
  • Albert Otto Hirschman: The Paternity of an Index. In: The American Economic Review. Bd. 54, Nr. 5 (Sept. 1964), S. 761 f
  • Ronald Rousseau: The repeat rate: from Hirschman to Stirling. In: Scientometrics (April 2018) : 1-9. doi:10.1007/s11192-018-2724-8

Einzelnachweise

  1. Pearson: CFA Program Curriculum. Vol. 2 – Economics.
  2. Fahrmeir, Künstler, Pigeot, Tutz: Statistik, 3-te Auflage, Springer-Verlag (2001), ISBN 3-540-67826-3, Kapitel 2.3.2: Alternative Konzentrationsmaße
  3. Zitat aus: EK, Glossar der Wettbewerbspolitik der EU (2004), 25.
  4. Wagschal, Uwe 1999. Statistik für Politikwissenschaftler. München: Oldenbourg.
  5. Vidano P. Nguyen et al.: "Effect of regional competition on heart transplant waiting list Outcomes", in: "The Journal of Heart and Lung Transplantation", August 2016, volume 35, issue 8, pages 986-994.
  6. Jörg Stolz: Wie wirkt Pluralität auf individuelle Religiosität? Eine Konfrontation von Wissenssoziologie und Rational Choice. In: Martin Baumann; Samuel M. Behloul, (Hrsg.): Religiöser Pluralismus. Empirische Studien und analytische Perspektiven. transcript, Bielefeld 2005, S. 211.
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