Kommandounternehmen Hammelburg

Der Panzervorstoß nach Hammelburg war ein Unternehmen der US-Armee zur Befreiung alliierter Soldaten aus dem Gefangenenlager des Truppenübungsplatzes Hammelburg am Ende des Zweiten Weltkriegs. Ausgangsbasis der sogenannten Task Force Baum waren die Kampfhandlungen im Rahmen der Schlacht um Aschaffenburg.

Lieutenant General Patton
Der ehemalige Führer der Task Force Baum, Captain Abraham Baum, bei einem Besuch in Hammelburg im Oktober 2005

Vorgeschichte

Am 23. März 1945, dem Tag der Rheinüberquerung der 3. US-Armee unter dem Kommando von George S. Patton, bekam Patton die Meldung, dass sein Schwiegersohn John K. Waters sich wahrscheinlich im Kriegsgefangenenlager Hammelburg befände.

Am 26. März fand eine Besprechung zwischen Pattons Vorgesetzten Dwight D. Eisenhower, Walter Bedell Smith und Patton selbst statt, wobei Patton erwähnte, dass die 4. US-Panzerdivision mit ihrem Angriffsverband Combat Command B, der am nächsten zum Lager Hammelburg stand, die Gefangenen im Lager Hammelburg befreien könnte. Gleich nach der Besprechung verbot General Smith dem Kommandeur der 4. Panzerdivision, William Hoge, den Einsatz des Combat Command B für einen Vorstoß zum Lager Hammelburg, da Smith darin keinerlei militärisch wichtiges Ziel sah und er die Eigenmächtigkeiten Pattons kannte. Als Patton dem Combat Command B den Befehl zum Angriff auf Hammelburg geben wollte, hörte er vom gegenteiligen Befehl und befahl darauf Hoge, aus Einheiten seiner Division wenigstens einen Kampfverband für die Befreiung der Gefangenen des Lagers Hammelburg zusammenzustellen und sofort in Marsch zu setzen.[1]

Durchführung

Durchgeführt wurde das Unternehmen vom 26. bis 28. März 1945 durch die Task Force Baum. Ihr Kommandeur war Captain Abraham Baum. Die Einheit sollte von Aschaffenburg aus 80 km hinter die deutschen Linien vorstoßen und die alliierten Kriegsgefangenen im Lager OFLAG XIII-B in der Nähe von Hammelburg befreien. Das Unternehmen endete in einem Fiasko. Die US-Kampfgruppe erreichte zwar das Lager, wobei bei den Gefechten Pattons Schwiegersohn durch einen Schuss in die Hüfte verletzt wurde, aber wegen eintreffender deutscher Einheiten musste der US-Verband ausweichen. Auf Befehl des Stabschefs der 7. Armee, Rudolf-Christoph von Gersdorff, wurden alle gerade verfügbaren deutschen Kräfte zusammengezogen, um den US-Verband abzuwehren.[2] In der Ortschaft Höllrich bei Karsbach wurde der US-Kommandoverband eingeschlossen und vollständig vernichtet. Die US-Armee verlor alle eingesetzten 57 Panzer und Fahrzeuge sowie rund 300 Soldaten. Die meisten von ihnen, darunter auch der verletzte Captain Baum, gingen in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nur sieben Mann konnten sich zu den eigenen Linien durchschlagen. General Eisenhower sprach eine offizielle Rüge gegenüber Patton aus, der seinerseits über die Vernichtung der Task Force Baum eine Nachrichtensperre verhängte.[3]

Soldaten der Task Force Baum rennen bei ihrem Durchbruch an einem zerstörten Sherman-Panzer in Aschaffenburg vorbei.

Am 5. April erreichte schließlich die 7. US-Armee das Lager und befreite die Kriegsgefangenen. Patton schickte ein Flugzeug mit einem Chirurgen seiner 3. Armee nach Hammelburg und ließ seinen Schwiegersohn ausfliegen.[4]

Nachspiel

Patton verhängte über die Vernichtung der Task Force Baum eine Nachrichtensperre. Trotzdem beschädigte – nach Aussage seines Biographen Carlo D'Este – der gescheiterte Raid auf Hammelburg Pattons Ansehen nachhaltig. General Eisenhower, der Patton als „seelisch labil“ und als „Zeitbombe“ charakterisierte, erteilte Patton nach dem verlustreichen Scheitern eine Rüge. Der aber zeigte sich uneinsichtig und wollte einen eigenen Fehler höchstens darin erkennen, dass er die Task Force nicht stark genug gemacht habe.[3][5][6]

Einzelnachweise

  1. Ladislas Farago: The Last Days of Patton. Berkley Books, New York 1982, ISBN 0-425-09881-8, Seiten 35–37.
  2. Rudolf-Christoph von Gersdorff: Soldat im Untergang. Verlag Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1977, Seite 178
  3. Ladislas Farago: The Last Days of Patton. Berkley Books, New York 1982, ISBN 0-425-09881-8, Seite 38.
  4. Ladislas Farago: The Last Days of Patton. Berkley Books, New York 1982, ISBN 0-425-09881-8, Seite 37.
  5. Eric Nideros: Witnessing Patton’s failure: a prisoner’s view of the Task Force Baum raid. In: Warfare History Network. Abgerufen am 10. Oktober 2021 (englisch).
  6. Jim Sudmeier: Patton's madness. The dark side of a battlefield genius. Stackpole Books, Guilford (Connecticut) 2017, ISBN 978-0-8117-3854-5, S. 166177 (englisch).

Literatur

  • Carl O. Schuster: The Hammelburg Raid. In David T. Zabecki: World War II in Europe. Taylor & Francis 1999, ISBN 978-0-8240-7029-8, S. 1532 (eingeschränkte Online-Version in der Google-Buchsuche-USA)
  • Army & Navy – COMMAND: Patton Legend: More im Time-Magazin vom 15. Oktober 1945.
  • Richard Baron, Abe Baum, Richard Goldhurst: Kommandounternehmen Hammelburg 1945 – General Patton’s verlorener Sieg. Universitas Verlag München 1985.
  • Peter Domes, Martin Heinlein: Alarm! Die Panzerspitze kommt! Hofmann, Gemünden am Main 2008, ISBN 978-3-932737-07-7.
  • Arno Lustiger: Der Feldherr, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 299, Samstag, 23. Dezember 1995, Beilage „Ereignisse und Gestalten“
  • Charles B. McDonald: The Last Offensive. United States Government Publishing Office, Washington 1973, Kapitel 13 (The Rhine Crossings in the South), S. 280–284 (online)
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