Kneipp-Medizin

Die Kneipp-Medizin oder Kneipp-Therapie ist ein nach dem Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897) benanntes Behandlungsverfahren, das Wasseranwendungen, Pflanzenwirkstoffe, Bewegungs- und Ernährungsempfehlungen umfasst. Diese können sowohl vorbeugend (präventiv) als auch zur Behandlung bestehender Erkrankungen (kurativ) eingesetzt werden. Eine Wirksamkeit ist nicht belegt, als Kur gegen einige wenige Symptome wie zum Beispiel Krampfadern gibt es jedoch Hinweise auf eine Linderung der Beschwerden.[1]

Wassertreten in einer Kneipp-Anlage

Eine klinische Studie ergab, dass durch regelmäßige Kneipp-Anwendungen eine Verbesserung der Lebensqualität für Patienten mit Chronischer Bronchitis erreicht werden kann, wobei diese Studie allerdings an einer kleinen Patientenzahl (20 Patienten) durchgeführt wurde.[2]

Im Dezember 2015 wurde das Kneippen von der Kultusministerkonferenz als Kulturform in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.[3] Am 11. März 2016 erfolgte die Auszeichnung im Sinne des Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO.[4]

Elemente der Kneipp-Medizin

Kneippkur im 19. Jahrhundert

Kneipps Ansatz gründet auf fünf „Säulen“:

  • Die Hydrotherapie wendet Wasser an. Die bekanntesten Anwendungen sind Kneippgüsse und Wassertreten. Hinzu kommen Kneippsche Wickel (als Unterwickel, kurzer Wickel, Schal oder dreieckiges Tuch, Beckenpackung und Magenwickel) und Kneippsche Packungen (als Oberaufschläger, Unteraufschläger, Kneippsches Hemd, Kneippsche Magenbinde, Dampfkompresse und Bettdampfbad)[5]
  • Die Ernährungstherapie stellt vielseitige Vollwertkost in den Vordergrund.
  • Bei der Bewegungstherapie soll auf einengende Kleidung verzichtet werden. Als intensive Form der Bewegung und einfache Abhärtungsmethode hat Kneipp das Barfußlaufen empfohlen.[6]
  • Die Phytotherapie nutzt die Möglichkeiten der Heilpflanzen.
  • Mit der Ordnungstherapie hat Kneipp einen Weg zu einer bewussten, die Gesundheit erhaltenden Lebensführung vorgeschlagen.

Vorgehensweise

Die Kneipp-Medizin soll auf dem Wirkprinzip einer „Reizreaktion“ beruhen, das heißt, dass diejenigen natürlichen Reaktionen des Körpers therapeutisch genutzt werden, die mit den oben erwähnten Methoden gereizt werden können. Die Kneipp-Therapie kann oder soll mit anderen medizinischen Verfahren kombiniert werden. Somit versteht sich die Kneipp-Medizin nicht als Gegensatz zur wissenschaftlichen Medizin, sondern als Ergänzung derselben.

Kneipp-Kur

Die Kneippkur ist eine medizinische Maßnahme, die in der Regel über eine Zeitdauer von drei bis vier Wochen an einem anerkannten Kneippkurort durchgeführt wird. Sie beinhaltet die Elemente der nach Sebastian Kneipp benannten Kneipp-Medizin, vertreten durch den Kneippärztebund, und wird zur Vorbeugung oder Behandlung bestehender Erkrankungen eingesetzt. Indikationen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, orthopädische Erkrankungen, Abwehrschwäche, neurologische Krankheitsbilder (z. B. schmerzhafte Polyneuropathie)[7] und vegetative Störungen.

Einige elementare Bestandteile einer Kneippkur können auch außerhalb eines Kuraufenthalts selbständig durchgeführt werden, wie zum Beispiel das Barfußlaufen im seichten Wasser (Wassertreten), auf taufrischen Wiesen (Tautreten) oder im Schnee (Schneegehen).

Öffentliche Kneipp-Anlagen in Deutschland

siehe Liste öffentlicher Kneipp-Anlagen in Deutschland

Literatur

  • Robert Bachmann, German Schleinkofer: Natürlich gesund mit Kneipp. 5., überarb. Auflage. Verlag Trias, 2013, ISBN 978-3-8304-6571-3.
  • Sebastian Kneipp: Meine Wasser-Kur, durch mehr als 35 Jahre erprobt und geschrieben zur Heilung der Krankheiten und Erhaltung der Gesundheit. Kempten/Bayern 1886.
  • Sebastian Kneipp: Wasserkur und Pflanzenatlas. Kösel, Kempten 1894 und 1892. (Reprint: Holzminden 2004, ISBN 3-8262-1111-1)
  • Albert Schalle: Die Kneippkur: die Kur der Erfolge. 11. Aufl. München 1948.
  • Bernhard Uehleke, Hans-Dieter Hentschel: Gesund leben mit Kneipp. Verlag Ehrenwirth, München 1999, ISBN 3-431-03525-6.
  • Mathäus Fehrenbach: Kneipp von A bis Z. Ludwig Auer Verlag, Donauwörth 2006.

Einzelnachweise

  1. Krista Federspiel, Vera Herbst: Die Andere Medizin. Stiftung Warentest, Berlin 2005, ISBN 3-937880-08-9. Zur Pressemitteilung
  2. K. Goedsche, C. Uhlemann, C. Kroegel: Kontrollierte klinische Studie zum Einfluss der Hydrotherapie auf das Immunsystem der Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis (COPD). In: Phys Med Rehab Kuror. 12, 2002, S. 215–234.
  3. Pressemitteilung der Kultusministerkonferenz
  4. Pressemitteilung der Deutschen UNESCO-Kommission, abgerufen am 21. März 2016.
  5. Karl Schantz (Hrsg.): Praktischer Lehrkurs der Gesundheitspflege. Ein Wegweiser in gesunden und kranken Tagen. 2 Bände. Brauer & Mönnich, Bremen ohne Jahr. Band 1, S. 38–42.
  6. Arnd Krüger: Geschichte der Bewegungstherapie. In: Präventivmedizin. Springer Loseblatt Sammlung, Heidelberg 1999, 07.06, 1–22.
  7. Wolfgang Rössy: Kneipp-Güsse. 13. Juli 2021, abgerufen am 13. Juli 2021.
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