Knappschaft (Krankenkasse)
Unter der Marke Knappschaft (Eigenschreibweise KNAPPSCHAFT) tritt seit 2002 die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als einer der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung auf. Die Krankenkasse ist bundesweit geöffnet.
Geschichte
Die Knappschaft entwickelte sich aus dem Zusammenschluss der Sankt Johannis Bruderschaft der Bergleute am Rammelsberg bei Goslar,[5] welcher der Hildesheimer Bischof Johann I. von Brakel in einer Urkunde vom 28. Dezember 1260 seinen Schutz zusicherte,[6] und ist damit die älteste Sozialversicherung der Welt.
Seit den 1930er Jahren bestand für Angestellte im Bergbau und für bei der Knappschaft krankenversichert angestellte Mitarbeiter ein Mehrleistungsanspruch. Dieser verursachte einen höheren Beitragssatz als für Arbeiter, dafür übernahm die Knappschaft bei stationärer Behandlung Wahlleistungen (freie Arztwahl und Zweibettzimmer).
Bis zum 31. März 2007 war die Mitgliedschaft allein Versicherten der Knappschaftlichen Rentenversicherung vorbehalten (vornehmlich Bergbaubeschäftigten und deren Familien sowie Knappschaftsmitarbeitern).
Seit April 2007 ist die Krankenkasse für alle gesetzlich Krankenversicherten geöffnet.[7] Neumitglieder können den Mehrleistungsanspruch nicht erwerben. Für sie gleichen die Leistungen jenen anderer gesetzlicher Krankenkassen. Altmitgliedern steht weiterhin ein Bestandsschutz bei knappschaftsspezifischen Sonderleistungen zu. Seit der Öffnung besteht kein wesentlicher Wettbewerbsvorteil mehr gegenüber anderen Krankenkassen.
Am 1. Januar 2008 nahm die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See die See-Krankenkasse und damit auch die See-Pflegekasse auf.[8]
Zahlen und Fakten
Das Medizinische Netz der Knappschaft umfasst 1.500 niedergelassene Ärzte, elf Krankenhäuser, die in Eigenregie oder als Teil von Krankenhausgesellschaften betrieben werden, elf Rehabilitationskliniken sowie einen eigenen sozialmedizinischen Dienst. Die Krankenversicherung der Knappschaft zählt ca. 1,57 Mio. Mitglieder und rund 177.000 Pflegebedürftige erhalten Leistungen aus ihrer Pflegeversicherung (Stand 2022).[9]
Beitragssätze
Seit 1. Januar 2009 werden die Beitragssätze vom Gesetzgeber einheitlich vorgegeben. Seither wurde die Finanzierung des Mehrleistungsanspruchs für Altmitglieder anstatt eines zusätzlichen Beitragssatzes durch ein Prämiensystem abgelöst.[10] Die Knappschaft erhob bis 31. Dezember 2014 keinen einkommensunabhängigen kassenindividuellen Zusatzbeitrag. 2015 erhob sie einen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag in Höhe von 0,8 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens. Von Januar 2016 bis September 2018 betrug dieser 1,3 Prozent. Von Oktober 2018 bis Dezember 2020 lag der Zusatzbeitrag bei 1,1 Prozent.[11] Ab 2021 betrug der Zusatzbeitrag 1,6 Prozent.[12] Ab dem 1. Januar 2024 beträgt der Kassenindividuelle Zusatzbeitrag der Knappschaft 2,2 % und ist damit der höchste Beitragssatz bei einer bundesweit tätigen Kasse.[13] Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Knappschaft-Bahn-See, Bettina am Orde, kündigte nach einem Verlust von 400.000 Versicherten in der Krankenversicherung von 2013-2023 und der Beitragssatzerhöhung um 0,6 % Ende 2023 ihren Rückzug für 2024 an.
Knappschafts-Krankenhäuser
Die Institution Knappschaftskrankenhaus hat deutschlandweit als medizinische Einrichtung mit gesundheitspolitischem Engagement eine lange Tradition: Bereits vor mehr als 100 Jahren gab es rund fünf Dutzend eigenverantwortlich betriebener Knappschafts-Krankenhäuser.
Für den Zeitraum bis 1923 recherchierte der Autor Ulrich Lauf die Existenz von insgesamt 55 Krankenhäusern deutscher Knappschaftsvereine in folgenden Orten:
Bardenberg, Beuthen, Bielschowitz, Bleicherode, Burbach, Carlsfeld bei Brehna, Czerwionka, Czuchow, Derne (Dortmund), Dillingen, Eisleben, Frankenholz, Gelsenkirchen, Georgsmarienhütte, Gleiwitz, Halberg, Hausham, Hettstedt, Hohenmölsen, Hultschin, Kattowitz, Klettwitz, Knurow, Königshütte, Kreuzburg-Bodland, Langendreer (Bochum), Lauchhammer, Laurahütte, Laurenburg, Mechernich, Myslowitz, Neunkirchen (Saar), Neunkirchen (Daun), Neurode, Nikolai (2×), Orzesche, Peißenberg, Penzberg, Petershofen, Quierschied, Recklinghausen, Rudahammer (Ruda), Rüdersdorf, Rybnik, Rydultau, Scharley, Senftenberg, Staßfurt-Leopoldshall, St. Ingbert, St. Johann (Saar), Sulzbach/Saar, Tarnowitz, Völklingen und Waldenburg.
Hinzu kamen
- 11 Knappschafts-Zahnkliniken in Senftenberg, Waldenburg (Walbrzych), Neurode (Nova Ruda), Gottesberg-Rothenbach, Gleiwitz (Gliwice), Zabrze, Beuthen (Bytom), Mikultschütz, Rokitnitz, Biskupitz und Zaborze,
- 10 Knappschafts-Erholungsheime in Volmarstein, Winterberg, Bad Rothenfelde, Braunlage, Wendefurth, Allrode/Harz, Warmbrunn, Jastrzemb, Altheide und Kudowa sowie
- 5 Knappschafts-Heilstätten in Beringhausen (Meschede), Essen, Goczalkowitz, Bad Berka und Sülzhayn.[14]
Manche Krankenhäuser gab es für eine gewisse Zeitspanne, sie wurden aus verschiedenen Gründen anderweitig übernommen, umgenutzt oder aufgegeben, so etwa
- das Knappschaftskrankenhaus „Bergmannswohl“ in Schkeuditz,
- das Knappschaftskrankenhaus „Bergmannstrost“ in Halle (Saale) und
- das Knappschaftskrankenhaus „Bergmannssegen“ in Oberschlesien
Diese drei gehörten zu den Unfallkrankenhäusern der Bergbau-Berufsgenossenschaft Knappschaft und entstanden vor und nach dem Ersten Weltkrieg.[15]
Seinen Ursprung als Knappschafts-Krankenhaus hat auch das Ameos-Klinikum Staßfurt[16] im Stadtteil Leopoldshall:
- Knappschaftskrankenhaus in Leopoldshall (1929–1945), Krankenhaus der Halberstädter Knappschaft in Halberstadt
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Website
- Die Knappschaft als sozialer Pfadfinder. 750 Jahre Knappschaft – Soziale Verantwortung zu jeder Zeit. (PDF) abgerufen am 1. November 2021
- Ulrich Lauf: Das Sächsische Knappschaftswesen, (PDF) abgerufen am 1. November 2021
- Soziale Verantwortung für Sachsen. (PDF) abgerufen am 1. November 2021
- Ulrich Lauf: Die Krankenhäuser der deutschen Knappschaftsvereine im 19. und 20. Jahrhundert. (PDF) abgerufen am 1. November 2021
Einzelnachweise
- § 2 der Satzung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Stand 1. Januar 2021: „Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ist Träger der knappschaftlichen und der allgemeinen Rentenversicherung sowie unter dem Namen KNAPPSCHAFT Trägerin der Kranken- und Pflegeversicherung in der Bundesrepublik Deutschland (§ 132; § 126 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch; § 4 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 46 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch i. V. m. §§ 43, 71 der Satzung).“
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Statistiken/GKV/Mitglieder_Versicherte/Januar_bis_April_2021_bf.pdf
- https://www.knappschaft.de/SiteGlobals/Modules/Footer/DE/Allgemein/DieKnappschaft/RechnungsergebnisGesundheitsbericht/Rechnungsergebnis_2017.pdf?__blob=publicationFile&v=7
- Geschäftsstellen
- Die Knappschaft als sozialer Pfadfinder, S. 7) (Memento vom 2. November 2014 im Internet Archive)
- 750 Jahre Knappschaft – Geschichtliche Meilensteine (Memento vom 2. November 2014 im Internet Archive)
- Dienstanweisung Knappschaft (Memento vom 8. Juli 2014 im Internet Archive)
- Geschäftsbericht 2007, S. 13 (Memento vom 7. Dezember 2015 im Internet Archive)
- Website, 13. März 2022. Dies ist ein Anstieg gegenüber 2017: 1,37 Mio. Mitglieder und rund 167.100 Pflegebedürftige Rechnungsergebnis Knappschaft 2017
- Mehrleistungssystem der Knappschaft der Knappschaft (Memento des vom 27. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ab 1. Januar 2011.
- https://www.knappschaft.de/DE/VersicherungBeitraege/MeinBeitrag/meinbeitrag.html
- Größen des Versicherungs- und Beitragsrechts ab 1. Januar 2021
- [Tagesspiegel Gesundheit 23. Dezember 2023]
- Ulrich Lauf: Die Krankenhäuser der deutschen Knappschaftsvereine im 19. und 20. Jahrhundert. Archiviert vom am 14. Juli 2014; abgerufen am 1. November 2021 (Bochum 2005, Hrsg. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (PDF, 96 Seiten), tabellarische Übersichten auf S. 81 und 83; Leider sind die Übersichten unvollständig, es fehlen die entsprechenden Einrichtungen der Sächsischen Knappschaft; archivierte Webseite). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Roland Heinrich: Schkeuditzerin plant Publikation zum abgerissenen „Bergmannswohl“. In: Mitteldeutsche Zeitung. Abgerufen am 30. Oktober 2021.
- AMEOS Klinikum Staßfurt. Abgerufen am 1. November 2021.