Klentnice

Klentnice (deutsch Klentnitz) ist eine Gemeinde im Jihomoravský kraj (Südmähren) in Tschechien. Sie liegt 20 Kilometer nordwestlich von Břeclav (Lundenburg) und gehört zum Okres Břeclav. Der Ort ist als ein Straßendorf angelegt. Klentnice gehört zur Weinbausubregion Mikulov.

Klentnice
Wappen von Klentnice
Klentnice (Tschechien)
Klentnice (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Jihomoravský kraj
Bezirk: Břeclav
Fläche: 769[1] ha
Geographische Lage: 48° 51′ N, 16° 39′ O
Höhe: 334 m n.m.
Einwohner: 486 (1. Jan. 2023)[2]
Postleitzahl: 692 01
Kfz-Kennzeichen: B
Verkehr
Straße: MikulovPavlov
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 1
Verwaltung
Bürgermeister: Monika Blahová (Stand: 2018)
Adresse: Klentnice 24
692 01 Mikulov
Gemeindenummer: 584541
Website: www.klentnice.cz

Geographie

Das Straßendorf Klentnice befindet sich zwischen den Pollauer Bergen und der Milovická pahorkatina. Das Dorf liegt am östlichen Fuße der Stolová hora (458 m) und wird überragt von der Ruine der Burg Sirotčí Hrádek (Waisenstein, auch Rosenburg genannt). Im Norden erheben sich der Děvín (549 m) und sein Vorberg Palava (461 m). Am südlichen Ortsrand entspringt der Bach Klentnický potok; südöstlich der Mušlovský potok.

Nachbarorte sind Horní Věstonice (Oberwisternitz) und Dolní Věstonice (Unterwisternitz) im Norden, Pavlov (Pollau) im Nordosten, Milovice (Millowitz) im Osten, Mikulov (Nikolsburg) im Süden, Bavory (Pardorf) im Südwesten sowie Perná (Bergen) im Westen.

Geschichte

Klentnice
Barocke Kirche St. Georg in Klentnice
Ansicht von Klentnitz um 1930

Gräberfunde aus der La-Tène-Zeit belegen eine frühzeitliche Besiedelung. Erstmals erwähnt wurde Klentnitz 1249, als es im Besitz des Heinrich I. von Liechtenstein war. Nach einer königlichen Urkunde vom 11. März 1332 befand es sich in diesem Jahr im Besitz der Liechtensteiner und des Klosters Kanitz. Die „ui“- Mundart (bairisch-österreichisch) mit ihren speziellen Bairischen Kennwörtern weist auf eine Besiedlung durch bayrische deutsche Stämme hin, wie sie, um 1050, aber vor allem im 12./13. Jahrhundert erfolgte.[3] Die Namensform wechselte von „Glemtitz“ (1332) und „Glewetitz“ (1351) über „Glennticz“ (1504) sowie „Glenginitz“ (1583) und „Glendnitz“ (1650) zu Klentnitz.[4]

Durch Kriege, insbesondere den Hussiteneinfall von 1426, verödete der Ort. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde er neu besiedelt. Bei der Aufteilung der Herrschaft Nikolsburg unter den Liechtensteinern 1514 werden Abgaben aus Klentnitz erwähnt. 1560 wird der Ort verkauft und fällt mit der Herrschaft Nikolsburg 1572 an Maximilian II. zurück, von ihm 1575 wiederum an Adam von Dietrichstein verkauft. Während des Dreißigjährigen Krieges wird Klentnitz 1619 von den ungarischen Truppen des Fürsten Bethlen Gabor geplündert und im Jahre 1645 samt der Burg Waisenstein von den Schweden erobert.[5]

Der erste Schulbau erfolgte 1796 und der zweiklassige Neubau 1901. Bis 1775 war das Dorf nach Nikolsburg eingepfarrt. Während der Koalitionskriege wurde Klentnitz in den Jahren 1805 und 1809 von französischen Truppen besetzt und geplündert.

Das ausgeglichene warme Klima macht das Gebiet zu einem fruchtbaren Gartenland für Wein, Obst und Gemüse mit besonderer Qualität. Die Reblausplage, um 1864, zerstörte jedoch den größten Teil der Weinbauflächen. Bis 1900 ging die Weinbaufläche des Ortes auf 1/4 und bis 1945 auf 1/8 zurück.[6] Neben allen Getreidearten wachsen auch Mais, Mohn und Raps. Auch in den Kalksteinbrüchen, der Ziegelei und in anderen Gewerbebetrieben fanden die Einwohner ihr Einkommen. Aus diesen Gründen wurde Klentnitz ein Luftkurort und war auch für die Sommerfrische sehr beliebt. 1890 wird eine Freiwillige Feuerwehr im Ort gegründet.

Nach der Niederlage Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg wurde Mähren Bestandteil der 1918 proklamierten demokratischen Tschechoslowakei. Im Münchner Abkommen 1938 wurde die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich erzwungen. Klentnitz wurde ein Teil des Reichsgaus Niederdonau. Im Zweiten Weltkrieg hatte der Ort 37 Opfer zu beklagen. Nach Kriegsende am 8. Mai 1945 kam Klentnitz zurück zur Tschechoslowakei. Nach Abzug der Rotarmisten wurde der Ort von militanten Tschechen besetzt. Um Racheakten zu entgehen, flüchtete ein Drittel der deutschen Bürger oder wurde über die nahe Grenze nach Österreich vertrieben. Dabei kam es zu neun Toten unter den Vertriebenen.[7] Zwischen dem 15. März und dem 3. Oktober 1946 erfolgte die Zwangsaussiedlung der letzten 225 deutschen Klentnitzer nach Westdeutschland.[8][9] Ihr Vermögen wurde konfisziert.[10] Die in Österreich befindlichen Klentnitzer wurden entsprechend den im Potsdamer Kommuniqués genannten „Transfer“-Zielen bis auf wenige Personen nach Deutschland gebracht.[11][12][13]

Wappen und Siegel

Der Siegel von Klentnitz enthält im Siegelfeld einen beidseitig eingebogenen Renaissanceschild. Darin stehen zwei voneinander abgewendete Pflugmesser und darüber die Jahreszahl 1560. Dieses verhältnismäßig früh entstandene Dorfsiegel verweist auf die damalige Bedeutung des Ortes im Bereich der Herrschaft Nikolsburg. Von einem zweiten, 1651 entstandenen Siegel ist heute noch das Original-Typar erhalten und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand ein einfaches bildloses Schriftsiegel.

Bevölkerungsentwicklung

Matriken werden seit 1625 geführt. Onlinesuche über das Landesarchiv Brünn.[14] Grundbuchaufzeichnungen gibt es seit 1743.

Volkszählung Häuser Einwohner insgesamt Volkszugehörigkeit der Einwohner
Jahr Deutsche Tschechen andere
1793 88 405      
1836 90 437      
1869 96 434      
1880 96 494 494 0 0
1890 98 446 436 8 2
1900 104 525 523 2 0
1910 127 609 607 2 0
1921 134 630 615 2 13
1930 148 556 552 0 4
1939   567      
Quelle: 1793, 1836, 1850 aus: Frodl, Blaschka: Südmähren von A–Z. 2006
Sonstige: Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, sv.9. 1984

Persönlichkeiten

  • Leopold Grech (* 5. Oktober 1900; † 11. November 1981), Heimatforscher. Träger des Professor-Josef-Freising-Preises 1975.
  • Heinz Andreas Hönisch (* 1941), Honorarkonsul und Träger des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland.

Sehenswürdigkeiten

Burg Waisenstein
  • Kirche St. Georg, erbaut 1783/85, spätbarocker spiegelgewölbter fast quadratischer Saal; Hochaltarbild von Josef Winterhalter d. J., Stuckaturen von Andreas Schweigel,
  • Statuen des Hl. Florian und des Hl. Johannes von Nepomuk
  • Pfarrhaus 1785, Friedhof 1582 eingesegnet[15]
  • Ruine der Burg Waisenstein (Sirotčí hrádek) 13. Jahrhundert
  • Burgstall Neuhaus
  • Kriegerdenkmal (1925)

Sagen

  • Bei Klentnitz steht ein Bottichstein. Eine Sage erzählt, dass dort einst ein schwarzer Mann hauste, der durch Geschenke und Versprechungen den Eltern die Kinder raubte.[16]
  • Die Riesen in der „Klause“[17]

Quellen und Literatur

  • Franz Josef Schwoy: Topographie vom Markgrafthum Mähren. 1793, S. 157f.
  • Gregor Wolny: Die Wiedertäufer in Mähren, Wien 1850
  • A.J.F Zieglschmied: Die älteste Chronik der Hutterischen Brüder. 1943.
  • Wilhelm Szegeda: Heimatkundliches Lesebuch des Schulbezirks Nikolsburg. 1935, approbierter Lehrbehelf, Verlag Lehrerverein Pohrlitz, Klentnitz, S. 90.
  • Georg Dehio, Karl Ginhart: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler in der Ostmark. 1941, Anton Schroll & Co, Klentnitz, S. 283.
  • F. Streloff, Luise Fleischmann: Der Bottichstein bei Klentnitz. 1956.
  • Josef Freising: Die Rosenburg bei Klentnitz und ihre Geschichte. 1936.
  • Franz Seidel, Josef Freising: Heimatbuch der Gemeinde Klentnitz. 1956.
  • Jiří Říhovský: Das Urnengräberfeld von Klentnice. Fontes Arch. Pragensis 8, Prag 1965.
  • Johann Schmied: Totenbuch der Gemeinde Klentnitz. 1986.
  • Wenzel Max: Thayaland, Volkslieder und Tänze aus Südmähren, 1984, Geislingen/Steige
  • Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren. Maurer, Geislingen/Steige 1990, ISBN 3-927498-13-0, S. 14.
  • Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden. Knee, Wien 1992, ISBN 3-927498-19-X, S. 109f.
  • Andreas Hönisch: Erinnerungen an unser unvergessenes Bergdorf Klentnitz. 1997.
  • Helma Medek, Josef Medek: Klentnitz. 1999.
  • Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3: Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 226 f.
  • Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A bis Z. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen/Steige 2006, S. 87f.
Commons: Klentnice – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.uir.cz/obec/584541/Klentnice
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  3. Leopold Kleindienst: Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens, 1989, S. 9
  4. Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden. 1992, S. 109; Liechtenstein Archiv Wien/Vaduz (1332, 1504); Zemské desky Brno IV/78; Statní oblastní archiv, Brno G140/1023 und G135//2209; OA Lundenburg;
  5. Freising: Heimatbuch der Gemeinde Klentnitz. S. 115.
  6. Hans Zuckriegl: Ich träum' von einem Weinstock, Kapitel 7, S. 262
  7. Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A-Z, Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige, 2006, Totenbuch S. 216
  8. Archiv Mikulov, Odsun Němců – transport odeslaný dne 20. května, 1946.
  9. Wilhelm Jun/ Ludislava Šuláková: Die Problematik des Abschubs der Deutschen in den Akten des Volksausschusses (MNV) und des Bezirks-Volksausschusses (ONV) Nikolsburg. Verlag Maurer, Südmährisches Jahrbuch 2001, S. 45, ISSN 0562-5262
  10. Ignaz Seidl-Hohenveldern: Internationales Konfiskations- und Enteignungsrecht. Reihe: Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht. Band 23. Berlin und Tübingen, 1952.
  11. Cornelia Znoy: Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach Österreich 1945/46, Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie, Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, 1995
  12. Brunnhilde Scheuringer: 30 Jahre danach. Die Eingliederung der volksdeutschen Flüchtlinge und Vertriebenen in Österreich, Verlag: Braumüller, 1983, ISBN 3-7003-0507-9
  13. Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3: Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 226.
  14. Acta Publica Registrierungspflichtige Online-Recherche in den historischen Matriken des Mährischen Landesarchivs Brünn (cz, dt). Abgerufen am 21. März 2011.
  15. Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren. 1990, S. 14
  16. Theodor Vernaleken: Mythen und Bräuche des Volkes in Oesterreich. S. 131.
  17. Oberleitner, Matzura: Südmährische Sagen. 1921, S. 63.
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