Klause St. Achatius
Die Klause St. Achatius, auch St. Agatius, lag in der Marzellenstraße der mittelalterlichen Kölner Vorstadt Niederich. Sie wurde im Jahr 1338 erstmals urkundlich erwähnt. Die durch Stiftungen Kölner Bürgerinnen entstandene Klause wurde 1582 in ihrer Eigenschaft als Frauenkonvent der Dominikaner aufgehoben.[1] Auf ihrem Gelände entstand ein Neubau für eine der Kölner Bursen, das Tricoronatum, dem damaligen Jesuitenkolleg, welches hier bis 1911 Bestand hatte.[2]
Gründung als Klause
Sophia, Tochter des Dombäckers Hermann, schenkte im Jahr 1338 ihr Haus in der Marzellenstraße einer Gemeinschaft frommer Frauen, die in diesem eine Klause gründete. Ebenso verfuhr zur gleichen Zeit „Beatrix de Cervo“ (latinisiert: Kölner Geschlechterfamilie Hirtze), die Besitzerin des Nachbarhauses. Diesen urkundlich belegten Anfängen folgte im Jahr 1365, offenbar nach dem Anwachsen der Klause, die Erwähnung einer Stiftung. Sie war bestimmt zum Unterhalt eines in dem Konvent tätigen Priesters und eines dort zu errichtenden Altares, welcher dem heiligen Achatius geweiht werden sollte. Zwischen den Jahren 1368 und 1372 war die Anzahl der Klausnerinnen von 8 auf 11 angewachsen, und die Klause erschien 1373 als „Reklusorium“ der Pfarrkirche St. Paul. Im Jahr 1380 wurde die Einrichtung auch „Klause des heiligen Achatius und der 10000 Märtyrer“ genannt.[2] Mit dieser Bezeichnung erlaubte im Jahr 1475 Kaiser Friedrich der Priorin und dem Konvent der Klause St. Achatius in Köln (gotzhaws der zehentausent mertler zu Collen) zur Besserung des dortigen Lebensstandes künftig in der Stadt Köln wöchentlich drei Malter Getreide für ihren täglichen Eigenverbrauch ohne stewr und schatzung zu mahlen und zu backen.[3]
Regulierung der Konvente
Die große Anzahl der im 15. Jahrhundert in Köln entstandenen Konvente veranlasste die Kirchenführung zu energischem Eingreifen. Am Ende des Mittelalters wurden Angehörige einer Gemeinschaft christlicher Laien kirchlicherseits dazu gedrängt, sich einer klösterlichen Regel zu unterstellen. Der Kölner Rat konnte sich mit gegenteiliger Ansicht nicht durchsetzen.[4]
Augustinerinnenkonvent
Vorerst (1432) lebten dann die Bewohnerinnen der Einrichtung nach der Regel des heiligen Augustinus. Mit dem ausgehenden Jahrhundert waren die Gebäude der Klause stark verfallen, sodass nur durch die Unterstützung wohlhabender Bürger, darunter ein Vermächtnis von 100 Goldgulden der Sibylla Merl, Ww. Hackeney,[5] der Konvent 1526 erneuert werden konnte.
Wegen angeblicher Missstände und entstandener Zwietracht unter den Bewohnerinnen des Konventes betrieb Kardinal Johannes Gropper (1503–1559) mit Billigung des Papstes die Aufhebung der klösterlichen Gemeinschaft. Wann genau diese Aufhebung des Konventes als Gemeinschaft der Augustinerinnen und der Übergang zu einem Klosterleben unter der Regel der Dominikaner erfolgte, ist unklar. Sie hatte nach „Keussen“ Bestand bis zum Jahr 1582. Die Liegenschaft wurde für 3000 Taler an die auf der Maximinen- und Johannisstraße ansässigen Jesuiten verkauft, die dort seit 1557 das städtische Gymnasium Tricoronatum führten.
St. Achatiuskapelle
Bereits 1581 hatten die Jesuiten das 1578 von dem Dechanten des Andreasstiftes Johannes Swolgen gegründete Collegium Swolgianum[6] in der Marzellenstraße als Schenkung erhalten. 1598[7] verlegten sie die von ihnen geleitete Lehranstalt in die von ihnen zusätzlich erworbenen Häuser vor den Dominikanern/Marzellenstraße. 1599 veräußerten sie ihre Bauten an der Johannisstraße, ein Ensemble mehrerer Gebäude nebst ihrer dortigen Marienkapelle, an die Stadt. Der Verkauf, für den der Rat 5000 Reichstaler zahlte, ermöglichte es der Stadt, dorthin eine seit 1533 an der Straße „Auf dem Hunnenrücken“ Ecke Ursulastraße geführte und zu klein gewordene Einrichtung für Waisen zu verlegen. Sie wandelte die Anlage an der Johannisstraße in ein städtisches Findlings- und Waisenhaus um.[8]
Auf dem ehemaligen Klostergelände „An Marzellen“ wurde das Gymnasium untergebracht, und die dort noch vorhandene dem heiligen Achatius geweihte Kapelle wurde zur neuen Ordenskirche der Kölner Jesuiten.
Der von Gelenius als eng und flach, in „quadrata forma“ mit 30 Fuß Breite beschriebene gotische Kapellenbau, der mit den Gebäuden der Klosteranlage in Verbindung stand, hatte seinen Ostgiebel an der Marzellenstraße. Dahinter schloss sich einem geräumigen Hof ein großer Kräuter- und Obstgarten an.
Die Ordensoberen ließen alsbald mit einer Instandsetzung und Vergrößerung der Kapelle beginnen. Nach den Umbauten erreichte sie die Maße von 100 Fuß Länge und 50 Fuß Breite und erhielt an der Süd-, West- und Nordseite Emporen. Im Jahr 1583 konnte sie geweiht werden. An ihrer Vorderseite trug sie in goldenen Lettern die Inschrift:
SANCTISSIMAE ET INDIVIDUAE TRINITATI, IN HONOREM SANCTI AGATHI ET DECEM MILIUM MARTYRUM DEDICATUM FUIT HOC TEMPLUM, NUNC VERO RENOVATUM ANNO 1583
Den Jesuiten hatte für die Umbauten der Kapelle ein Baumeister „Gottschalk“ zur Seite gestanden, bei dem es sich möglicherweise um Gottschalk von Weinsberg gehandelt hat. Bei ergänzenden Arbeiten am Kirchenbau im Jahr 1595 war der Steinmetzmeister „Franz von Mecheln“ leitend tätig. 1621 brannten alle alten Baulichkeiten der ehemaligen Achatiusklause ab, auch der neue Kirchbau brannte aus. Nach Abbruch der Ruinen entstand dort der Garten des Konviktes.[9]
Dem auf den Parzellen der Klause Achatius und dem der Stiftung Collegium Swolgianum[10] entstandenen Gelände des neuen Jesuitenkollegs gegenüber wurde 1618 der Grundstein einer neuen Ordenskirche gelegt. Hier entstand die spätere barocke Kirche St. Mariae Himmelfahrt.
Literatur
- Hermann Keussen: Topographie der Stadt Köln im Mittelalter, in 2 Bänden. Köln 1910. ISBN 978-3-7700-7560-7 und ISBN 978-3-7700-7561-4
- Ludwig Arentz, H. Neu und Hans Vogts: Paul Clemen (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln, Band II, Erweiterungsband die ehemaligen Kirchen, Klöster, Hospitäler und Schulbauten der Stadt Köln. Verlag L. Schwann, Düsseldorf 1937. Nachdruck 1980. ISBN 3-590-32107-5
- Adam Wrede: Neuer Kölnischer Sprachschatz. 3 Bände A – Z, Greven Verlag, Köln, 9. Auflage 1984, ISBN 3-7743-0155-7
Einzelnachweise
- H. Keussen, Bd. I. S. 149
- H. Keussen, Bd. II. S. 123 Sp. 1
- HASt Köln (Sign. HUA 3/13279)
- H. Keussen, Bd. I. S. 150
- Adam Wrede, Band II, Seite 251. Zur Familie Hackenay: Das ansehnliche Haus „Zum Papagei“ ist um 1450 im Besitz eines „Nicasius Haquenay“ und hieß dann „zer Papageyen uff den Numart, zwischen sanctis Gertruden und der gassen der Oliven (Konvent) gelegen“. Das Haus hatte den ersten Wendeltreppenturm in Köln.
- Ludwig Arentz, H. Neu und Hans Vogts: Paul Clemen (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln, S. 383
- Keussen, Topographie der Stadt Köln im Mittelalter, Bd. II, S. 76. (1598) Verweis auf: Merlo, Koll. N559, Haus zum Hoidtgen vor den Predigern (zwischen Stolkgasse u. Marzellenstraße): den Jesuiten zur Erweiterung des Studentenkollegs und Auditoriums gestattet.
- Ludwig Arentz, H. Neu und Hans Vogts:Paul Clemen (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln, S. 376
- Ludwig Arentz, H. Neu und Hans Vogts: Paul Clemen (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln, S. 265 f
- Keussen, Topographie der Stadt Köln im Mittelalter, Bd. II, S. 76: Swolgin hatte ein Haus zwischen den Häusern Vinea und dem Hoitlin zu Behuf einer Burse gebaut, sie stieß hinten an S. Achatius. (1587 Buch Weinsberg II 240 b) Collegium Swolgianum in vico Geroniano.