Kirchhof St. Bartholomäus

Der Kirchhof St. Bartholomäus ist der erste und einzige kirchliche Friedhof Deutschlands, der einen Bestattungswald beherbergt. Er liegt im Berliner Ortsteil Weißensee und ist der Friedhof der Evangelischen Kirchengemeinde St. Bartholomäus, er diente früher auch den ausgegründeten Gemeinden Immanuel und Advent-Zachäus als Bestattungsort. Die Kirchengemeinde St. Bartholomäus fusionierte zu Beginn des Jahres 2022 mit Advent-Zachäus zur Evangelischen Kirchengemeinde am Friedrichshain. Der Friedhof auf über zehn Hektar Fläche besteht seit 1894 und wurde als Alleequartierfriedhof angelegt. Gut ein Drittel der Fläche ist bewaldet und wird seit 2013 für naturnahe Waldbestattungen genutzt.

Blick vom Portal zur nördlich gelegenen Kapelle

Geschichte

Baum mit altem Grabstein
Wartehäuschen vor der Kapelle
Robert Cauer der Ältere: Rosenstreuender Engel
Rückseite der Friedhofskapelle
Rehbock auf dem Friedhof St. Bartholomäus
Verwaltungsgebäude
Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft
Bestattungswald

Die Gemeinde St. Bartholomäus entstand 1854 als Filialgemeinde von St. Georgen und konnte lange ihre Toten auf den Friedhöfen der Muttergemeinde beisetzen. Wegen des raschen Bevölkerungswachstums in Berlin suchte die Gemeinde schon seit 1875 nach einem eigenen Areal für Bestattungen, aber erst 1892 konnte ein etwa 45 Morgen großes Grundstück an der Chaussee nach Freienwalde in der damals noch selbstständigen Landgemeinde Weißensee erworben werden. 1894 wurde die Anlage nach den Plänen des Regierungsbaumeisters Peters eröffnet. Die Kapelle wurde erst ein Jahr später gebrauchsfertig, das Verwaltungsgebäude folgte 1896.

Im Jahr 1915 fanden die ersten Beisetzungen von Nicht-Gemeindemitgliedern statt. 1917 wurde ein Ehrenhain für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs angelegt, 1966 ein freistehender Glockenstuhl nordwestlich neben der Kapelle errichtet.

In den Jahren zwischen 2003 und 2013 wurden künstlerisch gestaltete Brunnenanlagen in verschiedenen Abteilungen des Friedhofs errichtet. Im Urnenhain gestaltete die Künstlerin Renate Wiedemann einen Brunnen aus hellem Tittlinger Granit. 2010 verarbeitete sie dann die Säulenbasis einer historischen Berliner Fassade aus schlesischen Sandstein zu einem Brunnen mit Sitzbank in der Parkabteilung. Die Arbeit mit ehemaligen Fassadenbauteilen setzte der Steinbildhauer Roland Luchmann mit einem weiteren Brunnenbecken aus einer Säulentrommel fort.

Seit 2013 werden – zunächst in Zusammenarbeit mit der Firma FriedWald – Waldbestattungen angeboten.[1][2] Damit war der Kirchhof Bartholomäus der erste Friedwald auf einem bestehenden Friedhof.[3] Seit November 2017 finden die Waldbestattung in alleiniger Verantwortung des Friedhofs statt.

Friedhofsanlage

Die seit 1994 denkmalgeschützte Gesamtanlage mit ihren Sichtachsen, dem Ensemble von Kapelle, Portal und Verwaltungsgebäude blieb ohne Umbauten im Originalzustand erhalten.

Die Hauptachse des symmetrisch und orthogonal angelegten Friedhofs beginnt eigentlich schon mit der Lindenallee in der heutigen Giersstraße, führt Richtung Norden vom Portal zur Kapelle. Hinter der Kapelle wird diese Achse heute durch eine dichte Rosskastanien­allee bis zum kreisförmig gestalteten Ehrenhain für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs verlängert. Der rechteckige, dreiachsige Klinkerverblendbau in neoromanischen Stil bietet Platz für 85 Besucher. Nach einer umfassenden Restaurierung mit Einbau einer Warmluftheizung wurden der Altarbereich mit seiner Ausmalung als Sternenhimmel sowie die Buntglasfenster in ihrer ursprünglichen Farbgebung wiederhergestellt. Das Mobiliar stammt überwiegend aus der Errichtungszeit und ist gut erhalten.

Ökologische Bewirtschaftung

Im Jahr 1994 wurden alte Abwassergruben zu Niederschlagswasserzisternen umgebaut[4] und dienen mit 36 m³ zur Regenrückhaltung. Die Dachentwässerung nahezu aller Gebäude des Friedhofs ist hier angeschlossen. Verwaltungsgebäude, Wirtschaftshof und Warteraum werden mit eigenem Holz geheizt.[5]

Die Wald- und Grünflächen des Friedhofs werden nachhaltig bewirtschaftet und sind ein Rückzugsort für zahlreiche Tierarten. Neben Rehen haben sich hier Habicht, Bussard und Marderhund angesiedelt. Besonders die am Waldrand entstandenen großflächigen Wildwiesen bieten Insekten, Bodenbrütern und Rehkitzen Schutz. Im nördlich gelegenen Laubwald wachsen außer Linde, Kastanie, Spitz- und Bergahorn mindestens 18 weitere Baumarten: Birke, Eibe, Eiche, Esche, Feldahorn, Hainbuche, Rotdorn, Schwarzkiefer, Serbische Fichte, Stechfichte, Ulme, Vogelkirsche, Waldkiefer, Walnuss, Weißdorn, Weiße Maulbeere, Weymouth-Kiefer und Zierpflaume. Die Nadelgehölze haben ihr Vorkommen eher auf dem südlichen Teil des Friedhofs. Eine Bestandsaufnahme der Gehölze und Heister ist noch nicht erfolgt.

Bestattete Persönlichkeiten

Literatur

  • Kerstin Lindstädt: Berlin Pankow. Aus der Orts- und Baugeschichte., Mediapolis, Berlin 2010, ISBN 978-3932946004
  • Heinrich Trost: Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Hauptstadt Berlin II, Henschel 1987, ISBN 3-362-00138-6

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Urnen unter Pappeln. In: Berliner Zeitung, 1. November 2013
  2. Unter allen Wipfeln ist Ruh. In: Der Tagesspiegel, 24. November 2013
  3. Anett Kirchner: Natursehnsucht im Großstatdleben. In: Friedhofskultur, Mai 2014
  4. Andreas Morgenroth: Inwertsetzung von Friedhofsüberhangflächen. Beispiele für Folgenutzungen, Königswinter 2009
  5. Andreas Morgenroth: Die Energiewende auf dem Friedhof. Erzeugung und Nutzung regenerativer Energien auf Friedhofsfreiflächen, Königswinter 2012
  6. Wie ein sozialistischer Lebemann ein Haus verlor und die Familie Markus Wolf ein Haus gewann. In: Berliner Zeitung, 17. Oktober 1996
  7. Im Schatten des Wolfs. In: Focus, 26. Mai 1997
  8. Meinhard Stark: Gulag-Zeitzeugen: Walter Scharfenberg. In: Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. 3. Januar 2019, abgerufen am 4. August 2022.
  9. H. P. Daniels: Bist du Rock-’n’- Roller oder willst du rumjammern?. Nachruf auf Hans Wallbaum. 23. August 2020, abgerufen am 1. August 2022.

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