Kirche im Johannesstift
Die evangelische Kirche im Johannesstift ist die Kirche des Johannesstiftes Berlin in der Schönwalder Allee 26 im Berliner Ortsteil Hakenfelde (Bezirk Spandau). Sie liegt im Zentrum des Stiftsgeländes in herausgehobener Lage auf der Platanenallee, der Mittelachse des denkmalgeschützten Gebäudeensembles, das nach einem Entwurf des Architekten Otto Kuhlmann entstand.
Geschichte
Wegen der Errichtung des Westhafens in Moabit wurde das in der Nähe des Plötzensees liegende Evangelische Johannesstift in den Spandauer Forst verlegt. Den Entwurf Kuhlmanns führten die Architekten Hermann Solf und Franz Wichards aus. Die Wohngebäude wurden 1907–1910 errichtet, die Kirche 1914–1917. Ihr Inneres wurde zunächst durch Winfried Wendland 1936 umgebaut. Die eigentliche stilistische Bereinigung führte 1967–1968 Karl Wilhelm Ochs durch. Zuletzt wurde die Kirche im Jahr 2003 umfassend umgestaltet.
Architektur
Baubeschreibung
Der Architekturstil der Neorenaissance der Kirche symbolisiert den Ausklang der wilhelminischen Zeit. Dennoch klingt bei dem mit Klinkern verblendeten Mauerwerksbau bereits die Moderne an.
Das kurze, mit einem Satteldach bedeckte Langhaus der Kirche und die zu Stummeln verkümmerten Arme des Querschiffs, die ebenfalls Satteldächer tragen, lassen den Baukörper als Zentralbau auf dem Grundriss eines gedrückten lateinischen Kreuzes erscheinen. Er kann aber auch als Basilika betrachtet werden, weil dem Mittelschiff schmale Seitenschiffe zugeordnet sind. Der eingezogene polygonale Chor hat niedrige Anbauten.
Das Tonnengewölbe im Mittelschiff ist netzgewölbeartig gestaltet. Beim Umbau in den 1960er Jahren wurden die Emporen an der Seite mit der Empore auf der Eingangsseite verbunden, auf der die Orgel steht. Die Fenster des Chors wurden bis zum Boden verlängert. Zu dieser Zeit wurden auch die Pergolen rechts und links des Portals angebracht. Karl Wilhelm Ochs ließ auch die dekorative Malerei und die historische Ausstattung entfernen.
Der Bau wird durch den 56 Meter hohen mächtigen, abgestuften Glockenturm über der Vierung dominiert. Sein oktogonaler, geschweifter und schiefergedeckter Helm trägt eine Laterne.
Orgel
Da sich von 1928 bis 1998 im Johannesstift die Berliner Kirchenmusikschule befand, erhielt die Kirche 1937/1938 eine Kemper-Orgel. Sie wurde 1968 ersetzt durch eine große Walcker-Orgel, die von der Firma Otto Hoffmann 2003 überholt und erweitert wurde. Mit 64 Registern auf vier Manualen und Pedal gehört sie zu den größten Orgeln Berlins. Die Disposition ist stark neobarock-experimentell geprägt und wurde von den Berliner Orgelwissenschaftlern Herbert Schulze und Karl Theodor Kühn entworfen. Sie lautet:[1]
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- Koppeln:: I/II, III/II, IV/II, III/I, IV/I, I/P, II/P, III/P, IV/P
- Bemerkungen: Schleiflade, mechanische Spieltraktur.
- Die unübliche Schreibweise der Aliquotregister (z. B. 8⁄3′statt 2 2⁄3′) soll andeuten, mit welchem Grundton diese in Beziehung stehen (hier: 8').
Glocken
In der Glockenstube mit quadratischem Grundriss (Seitenlängen 2,4 m) hängt ein Geläut aus vier Bronzeglocken, wobei die kleine Glocke nur als Schlagglocke genutzt wird. Bei der Einweihung der Kirche verfügte die Gemeinde über ein dreistimmiges Geläut aus Gussstahl-Glocken, die im Bochumer Verein gegossen worden waren. Eine Inventarliste der Gießerei enthält folgende Angaben: das Ensemble aus Glocken mit Klöppel, Lager, Achsen und Läutehebel kostete in der Herstellung 1551 Mark.[2]
Größe | Schlagton | Masse (kg) | unterer Durchmesser (mm) | Höhe (mm) |
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größte | a | 520 | 1045 | 935 |
mittlere | h | 298 | 890 | 800 |
kleinste | d | 202 | 760 | 690 |
Diese Glocken waren wohl der Diakoniegemeinde noch vor dem Ersten Weltkrieg nicht mehr brauchbar, so dass ein komplettes Geläut aus hochwertiger Glockenbronze in Auftrag gegeben und installiert wurde. Es nicht bekannt, ob Glocken als Metallspende des deutschen Volkes in den Kriegen abgefordert und später erneuert worden sind.
Schlagton | Masse (kg) | Durchmesser (mm) | Höhe (mm) | Inschrift |
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as′ | 540 | 970 | 800 | EHRET DEN KÖNIG. EVANGELISCHES JOHANNESSTIFT SPANDAU 1909. FRANZ SCHILLING, APOLDA, 3939. |
b′ | 370 | 870 | 670 | AVE MARIA GRATIA PLENA DOMINUS TECVM 153X. |
des″ | 220 | 710 | 570 | AVE MARIA GRATIA PLENA DOMINUS TECVM 153X. |
d″ | 180 | 700 | 590 | GEGOSSEN VON H. HUMPERT. BRILON, A. D. 1930. |
Literatur
- Christine Goetz, Matthias Hoffmann-Tauschwitz: Kirchen Berlin Potsdam. Berlin 2003.
- Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin: Berlin und seine Bauten. Teil VI. Sakralbauten. Berlin 1997.
- Klaus-Dieter Wille: Die Glocken von Berlin (West). Geschichte und Inventar. Berlin 1987.
- Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. Berlin 1978.
Weblinks
Einzelnachweise
- Op. 4779: Berlin-Spandau, Johanniskirche. In: walcker.com. Abgerufen am 1. März 2022.
- Zusammenstellung der nach Berlin und Umgegend gelieferten Geläute; Bochumer Verein, um 1900. Im Archiv der Köpenicker Kirche St. Josef, eingesehen am 6. August 2019.