Kii-Klasse
Die Kii-Klasse war eine geplante Klasse von vier Schlachtschiffen der Kaiserlich Japanischen Marine, die in Folge des Washingtoner Flottenvertrags von 1922 nicht gebaut wurden.
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Geschichte
Ausgangssituation
Das Jahr 1918 war für die japanische Regierung eine Zeit der vorsichtigen Neubewertung der internationalen Lage und der strategischen Position des Kaiserreichs. Es war zwar ersichtlich, dass das Deutsche Reich als Seemacht in Ostasien keine Rolle mehr spielen würde und das Sowjetrussland momentan im Chaos der Revolution versunken war, aber durch den sowjetischen Separatfrieden mit Deutschland erschien, zumindest theoretisch, eine Offensive gegen Japan möglich. Des Weiteren gab es einen steigenden Nationalismus in China, welcher die japanischen Interessen bedrohte und die Zukunft dort unsicher machte. Im maritimen Bereich war Großbritannien daran interessiert, seine Seeherrschaft aufrechtzuerhalten und die Vereinigten Staaten eine Marine aufzubauen, welche ihres gleichen suchte. Womit ein neues und noch größeres Wettrüsten zur See drohte.
Angesicht dieser Überlegungen nahm die japanische Regierung im Juni 1918 eine Überprüfung ihrer Verteidigungspolitik vor. Während dieser Diskussionen mussten das Marineministerium und der Admiralstab hinnehmen, dass das japanische Heer weiterhin Russland als Hauptfeind annahm, gefolgt von den Vereinigten Staaten und China. Dafür war das Heer aber bereit einer gesteigerten Marinerüstung zuzustimmen da man erfahren hatte, dass die amerikanische Regierung dem Kongress einen Gesetzentwurf vorgelegt hatte, welcher zehn weitere Schlachtschiffe zu den zehn bereits im Gesetz von 1916 gebilligten hinzufügte. Womit die amerikanische Marine die größte Schlachtflotte der Welt besessen hätte. Als Reaktion darauf schlug die Marine vor, sich der amerikanischen Herausforderung zu stellen, indem als Antwort ein Konzept einer Acht-Acht-Acht-Flotte vorgelegt wurde. Dies bedeutete die Aufstellung von drei Geschwadern mit je acht Großkampfschiffen, wovon jährlich drei auf Kiel gelegt und drei in Dienst gestellt werden sollten. Sodass Japan in acht Jahren über eine Schlachtflotte von vierundzwanzig Schlachtschiffen bzw. -kreuzer verfügen würde.
Der japanische Reichstag, welcher die zum Bau dieser Schiffe benötigten Mittel bewilligen musste, erkannte, genauso wie Teile der Regierung, das trotz der während des Ersten Weltkrieges gesteigerten Wirtschaftskraft der Staat sich dieses Rüstungsprogramm nicht leisten konnte. Sodass für die Erweiterung der Marine nur Mittel für zwei weitere Schlachtkreuzer der Amagi-Klasse zur Verfügung gestellt wurden, welche die beiden ältesten Einheiten der Kongō-Klasse ersetzen sollten. Womit die Marine eine Acht-Sechs-Flotte – acht Schlachtschiffe (zwei Fusō-, zwei Ise-, zwei Nagato- und zwei Tosa-Klasse) und sechs Schlachtkreuzer (zwei Kongō- und vier Amagi-Klasse) – umsetzen konnte.
1919 legte der amerikanische Präsident Woodrow Wilson, der entschlossen war, nicht nur die Flottenparität mit Großbritannien, sondern auch eine Vormachtstellung zu See zu erreichen, dem amerikanischen Kongress einen Plan vor, der eine weitere Flottenvergrößerung, welche bereits über das Flottengesetz von 1916 hinausging, vorsah. Dieser Schritt reichte für den japanischen Reichstag aus, um die Zustimmung zum Bau von acht Schiffen – vier Schiffe der Kii-Klasse und vier der Nummer-13-Klasse – zur Erweiterung auf eine Acht-Acht-Flotte (Hachihachi Kantai) bis 1927 zu geben.[1]
Entwicklungsgeschichte
Die spätere Kii-Klasse wurde vom damaligen Kaigun-taisa (Kapitän zur See) Hiraga Yuzuru entworfen und basierte weitgehend auf den Schlachtkreuzern der Amagi-Klasse. Der einzige große Unterschied zwischen den Entwürfen war ihre Geschwindigkeit und Panzerung, die Schiffe der Amagi-Klasse sollten 0,25 Knoten schneller laufen als die der Kii-Klasse, welche dafür über einen dickeren Gürtelpanzer verfügen sollten.
Trotz seiner Abstammung aus den Schlachtkreuzern der Amagi-Klasse wurde die Kii-Klasse als Schnelles Schlachtschiff klassifiziert, da die japanische Marine beschlossen hatte, die Unterscheidung zwischen Schlachtschiff und Schlachtkreuzer aufzugeben.
Vergleich der Großkampfschiffentwürfe von Großbritannien, den USA und Japans Anfang der 1920er.[2]
Klasse | G 3 | N 3 | Lexington | South-Dakota | Amagi | Kii | Nr. 13 |
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Land | |||||||
Konstruktionsverdrängung | 48.800 ts | 48.500 ts | 43.500 ts | 43.200 ts | 40.000 ts | 41.400 ts | 47.500 ts |
max. Geschwindigkeit | 31–32 kn | 23 kn | 33,25 kn | 23 kn | 30 kn | 29,75 kn | 30 kn |
Hauptbewaffnung | 9 × 40,6 cm | 9 × 45,7 cm | 8 × 40,6 cm | 12 × 40,6 cm | 10 × 40,6 cm | 10 × 40,6 cm | 8 × 45,7 cm |
Gürtelpanzer | 35,6 cm | 38,1 cm | 19,05 cm | 34,3 cm | 25,4 cm | 29,2 cm | 34,3 cm |
Decksschutz | 20,3 cm | 20,3 cm | 5,08 cm | 8,89 cm | 15,2 cm | 15,2 cm | 12,7 cm |
Bau
Der Bauauftrag für die ersten beiden Schiffe Kii und Owari, benannt nach historischen Provinzen Japans, wurde am 12. Oktober 1921 an die beiden Marinewerften in Kure und Yokosuka vergeben. Wobei mit Fertigstellung im September bzw. November 1923 geplant wurde. Die beiden anderen Schiffe (Nr. 11 und 12) wurden Ende des Jahres 1921 je einer Werft von Kawasaki in Kōbe und Mitsubishi in Nagasaki zugewiesen.
Auf Grund der Flottenbegrenzungen des Washingtoner Flottenvertrags wurde am 5. Februar 1922, keines der Schiffe war auf Kiel gelegt worden und nur Vorarbeiten waren durchgeführt, ein Baustopp verhängt. Die offizielle Stornierung der Bauaufträge für die Kii und die Owari erfolgte am 14. April 1924, die für Nr. 11 und Nr. 12 war bereits am 19. November 1923 erfolgt.
Technische Beschreibung
Rumpf
Der Rumpf eines Schlachtschiffes der Kii-Klasse, unterteilt in wasserdichte Abteilungen und genietet, sollte über alles 252,04 Meter lang, 30,48 Meter breit und hätte bei einer geplanten Einsatzverdrängung von 49.278 Tonnen einen Tiefgang von 9,72 Metern gehabt.[3]
Struktureller Schutz
Die Kii-Klasse erhielt ein integriertes, strukturelles Schutzsystem ohne zusätzliche Torpedowülste. Das System entsprach dem bei der Vorgängerklassen verwendeten Konzept: Eine äußere Hülle, aus vergleichsweise dünnem Stahl, ein Expansionsraum mit Tanks, die Luft oder Treibstoff enthielten, ein 75 Millimeter starkes Torpedoschott und dahinter eine weitere Lage mit Tanks, die durch ein abschließendes Längsschott von den Maschinenräumen und Magazinen getrennt waren. Um die Wirkung von Splittern und Druckwellen, die bei Explosionen am Unterwasserrumpf entstehen konnten, zu minimieren, wurde mittschiffs, auf Höhe der Maschinenräume, der strukturelle Schutz durch Knautschrohre verstärkt, mit denen man eine der Abteilung vor dem Torpedoschott füllte. Knautschrohre erlaubten es, die Dicke der nachfolgenden Panzerung, ohne eine Verminderung der Schutzwirkung, in diesen Bereichen um bis zu 30 Prozent zu reduzieren.
Panzerschutz
Der Gürtelpanzer war an seiner stärksten Stelle 293 Millimeter dick, er neigte vom Oberdeck um rund 15 Grad nach innen und reichte etwa bis zur Oberkante des Torpedoschotts. Der horizontale Schutz bestand aus einem 120 Millimeter starken Panzerdeck. Die Barbetten, also die zylindrischen Strukturen unterhalb der Türme, durch die die Munition transportiert wurde, waren durchgehend bis zum Panzerdeck mit bis zu 229 Millimeter Panzerstahl geschützt, der an einigen Stellen bis auf 280 Millimeter Dicke aufwuchs. Der Gefechtsstand, also die kleine Befehlszentrale im Brückenaufbau, unmittelbar hinter Turm „B“, von der im Notfall die wichtigsten Schiffssysteme gesteuert werden konnten, sollte einen Schutz von 356 Millimeter Stahl erhalten.[4]
Der verwendete Panzerstahl für den größten Teil der Panzerung wäre vom Typ „NVNC“ (New Vickers, Non Cemented), der nicht durch Einsatzhärtung nachbearbeitet worden wäre. Der Gürtelpanzer hätte dagegen eine Einsatzhärtung erhalten, wäre aber ebenfalls nach dem Herstellungsverfahren des britischen Vickers-Armstrog-Konzerns produziert worden und deshalb die Bezeichnung „VC“ (Vickers, Cemented) getragen. Die NVNC-Panzerungselemente waren flexibler als die VC-Panzerung und, wegen des fehlenden Arbeitsschrittes, auch preiswerter herzustellen und zu verarbeiten. Die VC-Panzerung vermochte dagegen eher, Granatsplitter und direkte Treffer ohne Beschädigungen am Schiff abzuweisen.[5]
Antrieb
Der Antrieb sollte durch acht kohle- und elf ölbefeuerte Dampferzeuger – Kampon-Kesseln des Yarrow-Typs – und vier Gijutsu-Hombu-Getriebeturbinensätze erfolgen, mit denen eine Leistung von 131.200 PS (96.497 kW) erreicht werden sollte. Diese hätten ihre Leistung an vier Wellen mit je einer dreiflügligen Schraube abgegeben. Die Höchstgeschwindigkeit hätte 29,75 Knoten (55 km/h) betragen und die maximale Fahrstrecke 8.000 Seemeilen (14.816 km) bei 14 Knoten, wofür 2.500 Tonnen Kohle und 3.900 Tonnen Schweröl gebunkert werden können sollten.[3][6]
Bewaffnung
Schwere Artillerie
Als schwere Artillerie sollten zehn 41-cm-Seezielgeschütze Typ 3 in Kaliberlänge 45 verbaut werden, die in fünf Zwillingsgeschütztürmen entlang der Schiffsmittellinie aufgestellt werden sollten. Dabei wäre Turm „B“ und Turm „D“ überhöht positioniert worden, während der zusätzliche Turm „C“ auf dem Wetterdeck aufsaß und dementsprechend, nach vorn durch die Aufbauten und nach achtern durch die Barbette von Turm „D“, ein eingeschränktes Schussfeld besaß.
Das verwendete Geschütz hatte eine Feuerrate von 1,5 bis 2,5 Schuss die Minute und eine Lebensdauer von rund 250 Schuss. Es konnte eine 1.000 kg schwere Granate bis zu 38 Kilometer weit schießen. Das zum Einbau geplante Turmmodell entsprach dem, das auf der Tosa- und Amagi-Klasse verwendet werden sollte. Es hatte eine Seitenrichtgeschwindigkeit von 3° pro Sekunde, eine Höhenrichtgeschwindigkeit von 5° pro Sekunde und einen Höhenrichtbereich von −3° bis +35°. Die Panzerung hätte an der Front 460 mm, an den Seite 280 mm, am Rücken 190 mm und auf dem Dach 230 bis 250 mm betragen.[7]
Mittelartillerie
Als Mittelartillerie sollten sechzehn 14-cm-Seezielgeschütze Typ 3 mit Kaliberlänge 50 in Kasematten verbaut werden.[6] Dieses 1916 eingeführte Geschütz hatte eine Feuerrate von 6 bis 10 Schuss die Minute und eine Lebensdauer von 800 Schuss.[8] Wie bei der vorangegangenen Klasse, sollten je acht Geschütze an jeder Schiffsseite auf einem Deck montiert werden.
Flugabwehrbewaffnung
Zur Flugabwehr waren vier 12-cm-Geschütze Typ 10 in Einzellafetten geplant. Dieses Flugabwehrgeschütz erreichte eine effektive Kadenz von 6 bis 8 Schuss pro Minute und die maximale Reichweite betrug etwa 10 Kilometer bei 75° Rohrerhöhung. Die 7,8 Tonnen schwere Mittelpivotlafette war um 360° drehbar und hatte einen Höhenrichtbereich von −10° bis +75°.[9]
Torpedobewaffnung
Es war vorgesehen acht Unterwassertorpedorohre des Kalibers 61-cm für Torpedos des Typ 8 zu verbauen.[10] Je zwei Rohre beidseitig im Vorschiff – unmittelbar vor Turm „A“ – und im Achterschiff – unmittelbar hinter Turm „E“. Die Torpedoräume hätten dabei ein Deck oberhalb der Wasserlinie, das Torpedolager ein Deck tiefer befunden. Die Grundidee dieser Räume war, dass die Schlachtschiffe in lange andauernde Gefechte mit anderen Großkampfschiffen verwickelt werden konnten, bei denen beide Kontrahenten längere Zeit auf parallelen Kursen liefen, so dass sich die Möglichkeit ergeben hätte, den Gegner auch mit Torpedos zu beschießen.
Literatur
- Siegfried Beyer: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905–1970. J.F. Lehmanns Verlag, München 1970, ISBN 3-88199-474-2.
- Anthony J. Watts: Japanese Warships of the World War II. Ian Allan Publishing, Shepperton 1974, ISBN 0-7110-0215-0 (englisch).
- Hansgeorg Jentschura, Dieter Jung und Peter Mickel: Warships of the Imperial Japanese Navy 1869–1945. US Naval Institute Press, Annapolis 1977, ISBN 0-87021-893-X (englisch).
- David C. Evans und Mark R. Peattie: Kaigun: Strategy, Tactics, and Technology in the Imperial Japanese Navy 1887–1941. US Naval Institute Press, Annapolis 2012, ISBN 978-0-87021-192-8 (englisch).
Weblinks
- World Battleships List: Japanese Dreadnoughts auf hazegray.org (englisch)
Einzelnachweise
- Evans/Peattie: Kaigun: Strategy, Tactics, and Technology in the Imperial Japanese Navy 1887–1941. S. 171 bis 174
- Alan Raven und John Roberts: Die Britischen Schlachtschiffe des Zweiten Weltkrieges. Bernard & Graefe Verlag, ISBN 3-7637-6229-9, Bonn 2002, S. 112
- Hansgeorg Jentschura, Dieter Jung, Peter Mickel: Warships of the Imperial Japanese Navy 1869–1945. S. 36.
- Siegfried Beyer: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905–1970. S. 374.
- William H. Garzke: Battleships: Axis and Neutral Battleships in World War II. US Naval Institute Press, ISBN 0-87021-101-3, Annapolis 1985, S. 96
- Siegfried Beyer: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905–1970. S. 377.
- Typ-3 41-cm-Kanone. In: NavWeaps: Naval Weapons, Naval Technology and Naval Reunions. Abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
- Typ-3 14-cm-Kanone. In: NavWeaps: Naval Weapons, Naval Technology and Naval Reunions. Abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- Typ-10 12-cm-Kanone. In: NavWeaps: Naval Weapons, Naval Technology and Naval Reunions. Abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- Japanische Torpedos vor dem 2. Weltkrieg. In: NavWeaps: Naval Weapons, Naval Technology and Naval Reunions. Abgerufen am 10. November 2020 (englisch).